Der direkte Nachweis steht allerdings noch aus. Die Forscher sind aber optimistisch. Ich habe Patrick Sutton gefragt, ob man schon langsam unruhig wird, weil man nichts findet. Aber er meinte, dass derzeit noch alles im Rahmen ist. Die Genauigkeit der Detektoren ist momentan genau an der Grenze, so dass man bestimmte Ereignisse messen könnte, wenn sie intensiv genug sind, aber nicht zwingend messen müsste. In ungefähr 5 Jahren sollte die Genauigkeit der Geräte aber so weit gestiegen sein, dass man definitiv etwas messen muss. Erst wenn man dann immer noch nichts findet, kann man sich Sorgen machen (oder ne große Party veranstalten, denn die Grenzen der Allgemeinen Relativitätstheorie zu entdecken ist mindestens so aufregend wie die Entdeckung von Gravitationswellen). Aber wahrscheinlich werden andere Experimente den Nachweis schon vorher bringen. Theoretisch könnte es schon in ein paar Monaten so weit sein, wenn die restlichen Daten des Planck-Satelliten veröffentlicht werden.
Planck beobachtet ja die kosmische Hintergrundstrahlung – ich habe hier ausführlich über die ersten Ergebnisse berichtet. Diese Strahlung spiegelt die Verteilung der Materie im frühen Universum wieder. Und im frühen Universum gab es sogenannte primordiale Gravitationswellen, also Gravitationswellen, die noch von den Vakuumfluktuationen aus der Zeit unmittelbar nach dem Urknall stammen, als der Kosmos noch kleiner als das kleinste Elementarteilchen war. Während der inflationären Phase wurde das Universum in unvorstellbar kurzer Zeit unvorstellbar groß aufgeblasen und damit auch die Strukturen, die durch die primordialen Gravitationswellen erzeugt wurde. Diese Strukturen kann Planck zumindest im Prinzip messen. Ich habe gestern darüber mit Stefan Hofmann von der Uni München gesprochen, der hier am Workshop als Experte für die Hintergrundstrahlung eingeladen wurde. Er meinte, dass eine solche Detektion eindeutig wäre. WENN Planck diese Strukturen findet, dann MÜSSEN sie von primordialen Gravitationswellen stammen. Er meinte aber auch, dass Planck nicht speziell für diese Art der Detektion gebaut wurde und es wahrscheinlicher, dass spezielle bodengebundene Beobachtungen – vermutlich vom Südpolteleskop – die primoridialen Gravitationswellen noch vor Planck finden werden.
Dadurch werden Experimente wie LIGO oder GEO600 (ein deutscher Gravitationswellendetektor) nicht überflüssig. Es geht ja nicht nur darum, die Gravitationswellen nachzuweisen. Wenn wir erstmal in der Lage sind, sie verläßlich zu detektieren, steht uns ein ganz neues Fenster ins All zur Verfügung. Bisher beobachten wir nur im elektromagnetischen Spektrum. Aber es gibt auch ein “Gravitationswellenspektrum” und die verschiedenen Arten der Gravitationswellen verraten uns Dinge, die wir mit dem normalen Licht nicht beobachten können. Wir könnten lernen, wie die supermassereichen Löcher in den Zentren der Galaxien entstehen. Oder herausfinden, ob es mehr als nur drei Raumdimensionen gibt. Wir könnten die Physik der Schwarzen Löcher ganz neu verstehen und Gravitationswellen untersuchen, die direkt vom Urknall stammen. Die zukünftige “Gravitationswellenastronomie” wird vermutlich einen mindestens so großen Erkenntniszuwachs liefern, wie der Übergang von der optischen zur nicht-optischen Astronomie bzw. der Übergang von der freiäugigen Beobachtung zu Teleskopen!
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