Vorgestern habe ich über den Vorbeiflug des großen Asteroiden 1998 QE2 berichtet. Er wird heute Abend die Erde in einem Abstand von 5,8 Millionen Kilometer passieren. Für uns ist das völlig ungefährlich (der Asteroid ist 15 Mal weiter entfernt als der Mond!), aber die Astronomen haben die Gelegenheit, mehr über Asteroiden zu lernen. Und eine Entdeckung haben sie schon gemacht: Der Asteroid hat einen Mond!
Der 2,7 Kilometer große Asteroid wird von einem etwa 600 Meter großen Begleiter umkreist. So sehen die Bilder aus, die vom Goldstone-Observatorium in Kalifornien gemacht wurden:
Das große graue Teil ist der Asteroid und der kleine weiße Fleck im Bild ist der Mond. Obwohl es eigentlich heißen müsste: Der kleine weiße Fleck im “Bild” ist der “Mond”. Denn es ist genaugenommen kein echtes Bild und auch kein echter Mond.
Das “Bild” zeigt nicht, wie der Asteroid wirklich aussieht. Das erkennt man schon daran, dass man nur die Hälfte von ihm zu sehen scheint. Aber das liegt an der Art und Weise, wie die Aufnahme gemacht wurde. Nicht mit normalen Licht, denn da würde man vom Asteroid nicht mehr sehen als einen Lichtpunkt. Es wurde mit Radiowellen gemacht. Eine große Antenne auf der Erde hat Radiowellen in Richtung des Asteroid geschickt und dann die dort wieder zurück zur Erde reflektierten Signale beobachtet. Die Oberfläche des Asteroiden ist uneben und deswegen werden manche Signale früher reflektiert als andere und kommen auch früher wieder auf der Erde an. So kann man bestimmen, wie groß der Asteroid ist, weiß aber noch wenig über seine Form. Dazu kann man aber die Tatsache nutzen, dass der Asteroid rotiert. Teile von ihm drehen sich auf uns zu und andere von uns weg. Die Wellenlänge der reflektierten Wellen werden dadurch verschoben: Wenn sie vom Teil des Asteroids stammen, der sich auf uns zu bewegt, werden sie ein wenig gestaucht; im anderen Fall werden sie gestreckt. Das Radioteleskop kann nun registrieren, wie stark das Signal bei verschiedenen Wellenlängen zu verschiedenen Zeitpunkten ist. Man erstellt ein Diagramm, bei dem auf der x-Achse die Wellenlänge aufgetragen wird und auf der y-Achse die Zeit. Die Farbe der Datenpunkte gibt die Stärke des Signals an. Und das ist das Bild des Asteroiden, das wir oben sehen können (dieser Artikel der Planetary Society erklärt das alles nochmal im Detail). Es gibt uns Informationen über seine Form, sagt uns aber nicht, wie er genau aussieht.
Was die Bilder aber definitiv zeigen ist der kleine Mond. Oder “Mond”, denn eigentlich wäre es besser von “Doppelasteroid” zu sprechen. Man muss das aber nicht so extrem streng sehen, denn im Gegensatz zum Wort “Planet” gibt es keine offizielle astronomische Definition des Wortes “Mond”. Die Existenz des “Mondes” ist aber nicht so außergewöhnlich, wie man denken möchte. Man kennt derzeit schon über 200 solcher “Monde” und schätzt das ein vergleichsweise großer Teil (um die 15 Prozent) der Asteroiden solche Begleiter hat. Hier ist noch ein schönes Radio”bild” des Asteroiden 1999 KW4:
Dieser Asteroid ist ein wenig kleiner als 1998 QE2 und er ist auch etwas länglicher. Aber die Aufnahme umfasst einen längeren Zeitraum und man erkennt deutlich, wie sich der Mond um den Asteroiden bewegt.
Solche Asteroidenmonde können einerseits entstehen, wenn bei Kollisionen kleine Stücke eines größeren Asteroiden abgesprengt werden. Viele Asteroiden sind aber von Haus aus schon eher lockere Ansammlungen von Gesteinsbrocken und es braucht nur wenig Kraft, sie auseinandertreiben zu lassen.
Entdeckungen dieser Art sind nicht nur sehr cool, sondern auch sehr nützlich. Man kann nun die Annäherungsphase nutzen, um die Bahn des Mondes um den Asteroid genau zu verfolgen. Kennt man die Umlaufzeit, kann man dank der Keplerschen Gesetze berechnen, wie schwer der Asteroid sein muss. Und aus den Radarbildern kennen wir seine Größe. Zusammen können wir daraus die Dichte berechnen und bekommen eine gute Idee von seiner Zusammensetzung. Und aus der Zusammensetzung der Asteroiden können wir nicht nur viel über die frühe Geschichte des Sonnensystems und die Entstehung der Planeten lernen, sondern auch besser verstehen, wie wir die Dinger loswerden, wenn sie uns vielleicht doch einmal zu nahe kommen sollten…
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