Planeten bewegen sich. Sie drehen sich um ihre eigene Achse. Sie bewegen sich um ihren Stern herum. Aber um diese Bewegung geht es heute nicht. Diese Arten der Bewegung wären auch schwer zu stoppen, wenn man den Planeten dabei nicht komplett zerstören will. Es geht um die sogenannte Migration. Dieses Phänomen habe ich hier sehr ausführlich erklärt. Kurz gesagt geht es darum, dass viele Planeten nicht dort entstanden sind, wo sie sich heute befinden. Sie haben sich im Laufe der Zeit nicht nur um den Stern bewegt, sondern auch auf ihn zu. Und diese Bewegung muss gestoppt werden, wenn der Planet nicht mit dem Stern kollidieren will. Aber wie?
Das Phänomen der Migration entdeckte man, nachdem man die ersten extrasolaren Planeten entdeckt hatte. Denn das waren sogenannte “Hot Jupiters”; also Gasriesen, die sich enorm nahe in ihren Sternen befanden. Dort konnte sie aber nicht entstehen, denn damit ein Planet so groß werden kann wie die Gasriesen, braucht er ausreichend Baumaterial. Das gibt es in der Frühzeit der Planetenentstehung aber nur weit weg vom Stern. In der Nähe des Sterns ist es warm und dort befinden sich nur Staub und Gas. Weiter weg, wo es kühl ist, hinter der sogenannten “Schneelinie”, existiert aber neben dem Staub auch noch gefrorenes Material. Und nur dieses Eis reicht zusammen mit dem Staub aus, die Planeten so schwer zu machen, dass sie dann auch noch das ganze Gas an sich ziehen und festhalten können. Die nach 1995 entdeckten Gasriesen, die ihre Sterne in extrem geringen Abstand umkreisten, konnten also nicht dort entstanden sein. Sie mussten sich weiter weg vom Stern gebildet haben und dann weiter nach innen gerückt sein.
Der Mechanismus der das möglich macht, ist die Migration. Wenn man bei der Berechnung der Bewegung der Planeten nicht nur die Gravitationskraft zwischen Planet und Stern berücksichtigt, sondern auch die Wechselwirkung zwischen dem Planeten und den ganzen Gas- und Staubteilchen, die ja damals im noch jungen System vorhanden waren, dann zeigt sich, dass diese Interaktion zu einer langsamen Wanderung in Richtung des Sterns führt. Die Bahn des Planeten wird immer enger und enger und wenn das immer so weiter gehen würde, würde er irgendwann mit dem Stern kollidieren und dabei zerstört werden.
Aber offensichtlich passiert das nicht. Anscheinend gibt es irgendeinen Mechanismus, der diese Migration wieder stoppt, denn sonst würden wir die ganzen Hot Jupiters ja nicht beobachten. Allerdings wusste niemand so recht, welcher Mechanismus das war. Die Theoretiker hatten verschiedene Modelle vorgeschlagen, aber keine Ahnung, was im Universum wirklich passiert. Mittlerweile ist aber ein bisschen Zeit vergangen und wir haben sehr viel mehr Planeten entdeckt. Genug, um die diversen Thesen zu überprüfen. Genau das haben Peter Plavchan und Christopher Bilinski vom CalTech und der Universität Arizona gemacht. In ihrer Arbeit mit dem Titel >”Stars Don’t Eat Their Young Migrating Planets – Empirical Constraints On Planet Migration Halting Mechanisms” haben sie drei Mechanismen des Migrationsstops anhand konkreter Beobachtungen überprüft.
Modell 1 besagt, dass die Migration durch Gezeitenkräfte beendet wird. Denn das große Problem bei der Migration sind ja die stark elliptischen Bahnen, die diese Planeten haben beziehungsweise im Laufe ihrer Migration bekommen. Selbst wenn Gas und Staub schon verschwunden sind, hat der Planet immer noch die stark elliptische Bahn, die er durch die Interaktion mit den Kleinkörpern bekommen hat. Und elliptische Bahnen sind immer problematisch und potentiell instabil. Aber je näher der Planet dem seinem Stern kommt, desto stärker werden die Gezeitenkräfte die von dort auf ihn wirken. Was dabei genau passiert, ist ziemlich komplex und hat mit der Auswirkung der Gezeitenkräfte auf die Rotationsachse des Planeten zu tun (“Spin-Orbit-Resonanzen”) und mit dem Austausch von Drehimpuls und dem Zusammenhang zwischen der Bewegung des Planeten und seiner Bahn (“Kozai-Mechanismus”). Am Ende führt die Gezeitenkraft des Sterns aber dazu, dass die Bahn des Planeten immer weniger elliptisch wird. Er landet auf einer kreisförmigen Bahn in der Nähe des Sterns und bleibt von da an stabil.
Modell 2 geht davon aus, dass die Interaktion mit dem Magnetfeld des Sterns die Migration beendet. Gerade junge Sterne haben noch starke Magnetfelder, die den Staub in ihrer Nähe beeinflussen können. Das Magnetfeld soll eine Staublücke in der Nähe des Sterns erzeugen und wenn der Planet während seiner Migration auf diese Lücke trifft, ist nichts mehr da, mit dem er wechselwirken kann und die Migration ist zu Ende.
Modell 3 funktioniert genau so wie Modell 2, nur dass hier die Lücke im Staub durch die Strahlung des Sterns verursacht wird, die den Staub ab einer gewissen Distanz einfach sublimiert. Auch hier endet die Migration, wenn der Planet auf die Lücke trifft.
Um die verschiedenen Modelle zu überprüfen, haben Plavchan und Bilinski ausgerechnet, wie die “Bremswirkung” der verschiedenen Mechanismen von der Masse der Planeten abhängt. Für jedes Modell bekamen sie dann eine bestimmte zu erwartende Verteilung, die angibt, wie nahe Planeten mit einer bestimmten Masse ihrem Stern kommen. Diese Verteilungen konnten sie dann mit den tatsächlich beobachteten Planeten vergleichen. Das Ergebnis: Alles passt mit Modell Nummer 1 zusammen! Es sind also vermutlich tatsächlich die Gezeitenkräfte zwischen Stern und Planet, die dafür sorgen, dass die Migration irgendwann aufhört und nicht katastrophal im Inneren des Sterns endet.
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