Neun schwarze Löcher kannte man schon. 26 sind nun neu entdeckt worden. Insgesamt kennt man jetzt 35 schwarze Löcher in unserer Nachbargalaxie. Das große, supermassereiche schwarze Loch im Zentrum von Andromeda zählt nicht dazu; es geht hier um kleine, stellare schwarze Löcher, die nur fünf bis zehn Mal so schwer sind wie unsere Sonne.

Nach schwarzen Löchern zu suchen ist natürlich immer schwierig. Schwarze Löcher geben kein Licht ab, sonst wären sie ja nicht schwarz. Aber man kann sie indirekt entdecken. Jedesmal, wenn Materie auf das schwarze Loch fällt, dann interagiert sie mit seinem Magnetfeld und gibt dabei Strahlung ab. Das meiste davon ist starke Röntgenstrahlung und mit einem Röntgenteleskop kann man sie dann sehen.

Damit das klappt, muss natürlich erst mal Material da sein, dass aufs Loch fallen kann. Denn ein schwarzes Loch ist kein Staubsauger, das irgendwas von irgendwoher “ansaugt”. Es kann nur das Material aufnehmen, dass sich in seiner Nähe befindet. Das passiert in engen Doppelsternsystemen. Wenn dort ein Stern sehr groß und schwer ist und der andere nicht, dann wird der schwere Stern zuerst sterben und zu einem schwarzen Loch werden. Der leichtere Stern lebt länger und wenn er sich dann am Ende seines Lebens aufbläht, kann Material aus seiner Atmosphäre zum schwarzen Loch gelangen.

Das Röntgenteleskop Chandra der NASA hat 13 Jahre lang die Andromedagalaxie beobachtet und dabei 150 Aufnahmen gemacht. Dabei haben die Wissenschaftler Bilder der gleichen Region zu verschiedenen Zeitpunkten verglichen um zu sehen, ob irgendwo ein Ausbruch an Röntgenstrahlung stattfindet. Das sieht dann zum Beispiel so aus:

Bild: Robin Barnard

Bild: Robin Barnard

Oben sieht man die Bilder von Chandra, aufgenommen im Röntgenlicht. Das linke zeigt jede Menge Röntgenstrahlung, das rechte, das sechs Monate später aufgenommen wurde, zeigt keine mehr. Die Bilder unten zeigen das Zentrum der oben abgebildeten Region, wurden aber mit dem Hubble-Weltraumteleskop im normalen, sichtbaren Licht aufgenommen.

Nach solchen Ereignissen haben Robin Barnard vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und seine Kollegen gesucht (“Chandra identification of 26 new black hole candidates in the central region of M31”). Hat man eines gefunden, folgt daraus aber noch nicht, dass es auch tatsächlich ein schwarzes Loch ist. Auch Neutronensterne können solche Röntgenausbrüche haben und die aktiven supermassereichen schwarzen Löcher in den Zentren sehr ferner Galaxien, die hinter Andromeda liegen können ebenfalls so aussehen, wie stellare schwarze Löcher in der Andromeda. Barnard und seine Kollegen haben 531 Röntgenquellen gefunden und mussten erst herausfinden, welche davon aus welchen Quellen stammen.

Man musste zum Beispiel ganz genau messen, wie viel Röntgenstrahlung bei bestimmten Energien abgestrahlt wird. Ein schwarzes Loch kann bei bestimmten Energien mehr Strahlung abgeben als ein Neutronenstern. Und man muss außerdem beobachten wie schnell sich die Menge an Röntgenstrahlung ändert. Ein großes supermassereiches schwarzes Loch variiert langsamer als ein kleines stellares schwarzes Loch. Am Ende blieben 35 schwarze Löcher in Andromeda übrig:

Von der klassischen Andromeda ist hier nicht viel zu sehen; es ist ein reines Röntgenbild, das nur die gefundenen schwarzen Löcher zeigt. Andromeda selbst sieht so aus und das rote Rechteck zeigt wo die Röntgenaufnahme gemacht wurde:

Acht der schwarzen Löcher befinden sich in großen Kugelsternhaufen in den äußeren Bereichen von Andromeda. Solche Kugelsternhaufen gibt es auch in und um die Milchstraße, aber dort haben wir noch keine schwarzen Löchern gefunden. Wir haben in unserer eigenen Galaxie überhaupt viel weniger Löcher entdeckt als in Andromeda. Aber die ist ja auch größer als wir, also ist es nicht verwunderlich, dass man dort mehr findet.

Besonders begeistert waren die Wissenschaftler von den gleich sieben schwarzen Löchern, die in der Nähe des Zentrums der Andromeda gefunden wurden; nicht mehr als 1000 Lichtjahre entfernt (im blauen Kreis im Röntgenbild). Auch das war zu erwarten: Der Kern von Andromeda ist größer als der in der Milchstraße und es können dort mehr große Sterne entstehen, die zu schwarzen Löchern werden. Aber Barnard und seine Kollegen vermuten auch noch einen anderen Ursprung für die Röntgenausbrüche. Schwarze Löcher könnten sich in der dicht mit Sternen bevölkerten Kernregion einfach einen Partner eingefangen haben! In den äußeren Bereichen einer Galaxie kommt so etwas nicht vor. Dafür ist einfach zu viel Platz zwischen den Sternen. Ein schwarzes Loch, dass alleine ist, bleibt auch alleine und wir können nur die sehen, die schon immer Teil eines Doppelsternsystems waren. In der Kernregion ist die Sterndichte aber viel höher. Hier kann ein schwarzes Loch, dass alleine entstanden ist, sich später einen Stern einfangen und auffressen. Durch diese “dynamical formation” ist in den zentralen Regionen schwerer Galaxie mit mehr von schwarzen Löchern verursachten Röntgenausbrüchen zu rechnen als man eigentlich erwarten würde. Und die Beobachtungen in der Andromeda bestätigen genau dieses Szenario.

“Wir denken, es ist erst die Spitze des Eisbergs”, meint Robin Barnard. Es wird noch jede Menge schwarze Löcher zu entdecken geben…

Kommentare (27)

  1. #1 Ralf Hildebrandt
    Berlin
    13. Juni 2013

    Ich verstehe die Bilder nicht. Ist da links und rechts in der Beschreibung vertauscht? Die GST Bilder zeigen (da wo der Pfeil hinzeigt) einen Punkt (oder halt nicht). Üblicherweise korreliert ein Aufleuchten im Röntgenbereich mit einem Aufleuchten im Optischen, oder?

    Links: Aufleuchten, Materie fällt aufs schwarze Loch und strahlt.
    Rechts: Dunkel.

  2. #2 Florian Freistetter
    13. Juni 2013

    @Ralf: “. Ist da links und rechts in der Beschreibung vertauscht?”

    Ja…

  3. #3 Stefan Uttenthaler
    Wien
    13. Juni 2013

    @Ralf: Nein tut es nicht, sonst müsste man ja nicht mit einem Röntgen-Teleskop suchen!

    Florian, es gibt schon Hinweise auf Schwarze Löcher in Kugelsternhaufen in der Milchstraße, allerdings solche mit mittlerer Masse, also ein paar tausend Sonnenmassen. Siehe die Arbeiten von Lützgendorf et al. Jedenfalls sehr interessante Arbeit!

  4. #4 Stefan Uttenthaler
    Wien
    13. Juni 2013

    @Florian, “Schwarzes Loch” schreibt man übrigens groß, da es sich um einen Eigennamen handelt.

  5. #5 Florian Freistetter
    13. Juni 2013

    @stefan: “Florian, es gibt schon Hinweise auf Schwarze Löcher in Kugelsternhaufen in der Milchstraße, allerdings solche mit mittlerer Masse, also ein paar tausend Sonnenmassen.”

    Soweit ich das gesehen habe, gehts hier nur im die stellaren schwarzen Löcher bzw. deren Röntgenausbrüche. Der Autor des Artikels schreibt dazu:

    ” Globular clusters (GCs) are densely packed collections of stars that are good places to find black hole XBs because a) the high stellar density increases the likelihood of making an XB, and b) it is very unlikely that you’ll find an AGN at the position of the GC by coincidence. Two downsides have been the total lack of GC black hole XBs in our Galaxy, and the fact that early theory expected the BHs to be ejected from the GCs! This dearth of Galactic GC black holes is unfortunate, but doesn’t mean that they do not exist in other galaxies; there are many more bright X-ray sources in M31 GCs than in our own Galactic GCs. Furthermore, recent computer modeling has shown that the variation in the properties of Galactic globular clusters is likely due to some of them losing all their black holes, while others keep quite a large fraction of them; the black holes are expected to fling each other out, but as the number of remaining black holes goes down, so does the probability of them interacting and ejecting more. We have published 11 black hole candidates associated with M31 GCs to date, with another one in the works.”
    (https://chandra.harvard.edu/blog/node/442)

  6. #6 Dominik
    13. Juni 2013

    “Das Röntgenteleskop Chandra der NASA hat 13 Jahre lang die Andromedagalaxie beobachtet und dabei 150 Aufnahmen gemacht.”

    Hat es tatsächlich in 13 Jahren nur 150 Aufnahmen gemacht, also immer mit einer Belichtungszeit von ca. 1 Monat?

  7. #7 anmasijo
    13. Juni 2013

    @ Dominik – ich würde mal vermuten, dass Chandra nicht allein auf Andromeda guckt. Auch andere Regionen haben schöne Töchter… 😉

  8. #8 Florian Freistetter
    13. Juni 2013

    @Dominik: “Hat es tatsächlich in 13 Jahren nur 150 Aufnahmen gemacht, also immer mit einer Belichtungszeit von ca. 1 Monat?”

    Ne, Chandra hat natürlich auch noch anderen Kram beobachtet. Da streiten sich ja haufenweise Wissenschaftler um Beobachtungszeit. Aber für diese Arbeit wurden eben 150 Bilder aus 13 Jahren verwendet.

  9. #9 Kallewirsch
    13. Juni 2013

    Faszinierend, dass wir relativ kleine SL auf diese Entfernung beobachten können.
    Ich freu mich ja schon auf den Herbst, wenn “unser” zentrales SL wieder mal was zu fressen kriegt. Hoffentlich verschluckt es gleich möglichst viel von der Wolke “G2” die momentan auf dem Weg in die Nähe des Ereignishorizontes ist. Auf diese Aufnahmen bin ich schon mehr als gespannt.

  10. #10 Wurgl
    13. Juni 2013

    @Kallewirsch: Du meintest wohl: Hoffentlich hat es möglichst viel von der Wolke “G2″ verschluckt.

    Irgendwie fühle ich, wie es vor der Erfindung des Telegraphen war, wenn man “brandheiße” Informationen von $ganzweitweg bekommen hat.

  11. #11 JOGO
    14. Juni 2013

    Hab ich das richtig verstanden:
    Die Schwarzen Löcher können mit dieser Methode zu einem ganz bestimmten Moment beobachtet werden, nämlich wenn der Doppelsternpartner mit einem Ausbruch an Röntgenstrahlung im Schwazen Loch verschwindet?
    In den 13 Jahren wurden so 35 Schwarze Löcher entdeckt. Bedeutet das dann nicht, dass im beobachteten Gebiet so ungefähr drei Mal im Jahr ein Doppelsternpartner mit Röntgenausbruch in einem schwarzen Loch verschwindet? Kann man also erwarten, dass man, wenn man weiter beobachtet pro Jahr so um die drei Schwarze Löcher entdecken würde?

  12. #12 Florian Freistetter
    14. Juni 2013

    @JOGO: Es werden nicht die Sterne verschluckt; sondern Material vom Stern fließt in das schwarze Loch. Und wenn man weiter beobachtet, dann findet man sicher noch jede Menge mehr Löcher!

  13. #13 Kallewirsch
    14. Juni 2013

    @wurgl

    Irgendwie fühle ich, wie es vor der Erfindung des Telegraphen war, wenn man “brandheiße” Informationen von $ganzweitweg bekommen hat.

    🙂
    Kann ich verstehen.
    Und um all diesen Problem aus dem Weg zu gehen, sind wir Erdenbewohner einfach so präpotent unsere Zeit als das Mass aller Dinge zu definieren, unabhängig von der Lichtlaufzeit, die das Bild unterwegs war.

    Wenn Astronomen Zeiten benennen, dann meinen sie damit den Zeitpunkt an dem das Licht auf der Erde ankommt, unabhängig davon wie lang das Licht unterwegs war. Die 26 SL in Andromeda haben auch nicht buchstäblich in den letzten 13 Jahren das bewusste Material verschluckt, sondern zu einem Zeitpunk an dem unsere Vorfahren noch auf den Bäumen waren. Und das ist wiederrum etwas, was mich jedesmal ungemein fasziniert, wenn ich im Spätherbst auf dem Nachhauseweg nach M31 Ausschau halte. Genau dieser Lichtstrahl den ich jetzt sehe, der war 2 einhalb Millionen Jahre (plus minus ein paar Zerquetschte) unterwegs, nur um genau jetzt auf meine Netzhaut zu fallen. 🙂

  14. #14 Thomas
    14. Juni 2013

    Ganz ganz dämliche, vielleicht naive Frage: Ein schwarzes Loch kann man ansich nicht entdecken, wenn es nicht mit Materie interagiert. (Laienhaft ausgedrückt). Das einzige was ein schwarzes Loch ansich macht ist den Raum krümmen, und möglicherweise (wenn man Glück hat) durch den Linseneffekt diesen gekrümmten Raum sehen. Genau das selbe gilt allerdings auch für schwarze Materie. Man kann sie nicht sehen sondern nur indirekt entdecken. Woher weiß man, dass nicht viele schwarzen Löcher, die nicht in einem Doppelsternsystem sind sondern einfach nur in der Galaxie herumtreiben, die “schwarze Materie” sind?

  15. #15 Thomas
    14. Juni 2013

    DUNKLE Materie natürlich!! 😉

  16. #16 Thomas
    14. Juni 2013

    DUNKLE Materie natürlich 😉

  17. #17 Bullet
    14. Juni 2013

    Woher weiß man, dass nicht viele schwarzen Löcher, die nicht in einem Doppelsternsystem sind sondern einfach nur in der Galaxie herumtreiben, die “schwarze Materie” sind?Per se erstmal nicht. Aber der Anteil an Dunkler Materie, der gesucht ist, ist so groß, daß die Galaxien zu 80% aus diesen Schwarzen Löchern bestehen müßten. Und da Schwarze Löcher nur aus schweren Sternen entstehen, die wiederum sehr selten sind, haut das vom Verhältnis Gesamtsterne/SL-Kandidaten nicht hin.

  18. #18 Thomas
    14. Juni 2013

    Danke für die Antwort! lg

  19. #19 Florian Freistetter
    14. Juni 2013

    @Thomas: “Woher weiß man, dass nicht viele schwarzen Löcher, die nicht in einem Doppelsternsystem sind sondern einfach nur in der Galaxie herumtreiben, die “schwarze Materie” sind?”

    Da gibts verschiedene Gründe. Weil schwarze Löcher ja irgendwo herkommen müssen und auch Sterne nicht aus dem Nichts entstehen. Weil man heute weiß, dass dunkle Materie keine normale Materie sein KANN (folgt aus diversen kosmologischen Beobachtungen). Wenn du noch ne Woche wartest, dann kannst meine ausführliche Serie über dunkle Materie lesen, die nächsten Mittwoch beginnt.

  20. #20 bikerdet
    14. Juni 2013

    Wenn du noch ne Woche wartest

    Gerne, ich freue mich schon drauf !

  21. #21 Bullet
    14. Juni 2013

    @FF:

    Weil man heute weiß, dass dunkle Materie keine normale Materie sein KANN

    Ich glaube, ich erkenne eine mögliche Intention hinter Thomas’ Frage:
    Dunkle Materie interagiert nur gravitativ, aber genügend Dunkle Materie auf einem Fleck kann doch auch schwarze Löcher bilden … oder gibt es da ein Kriterium, daß solche Szenarien verhindert?

  22. #22 Florian Freistetter
    14. Juni 2013

    @Bullet: ” oder gibt es da ein Kriterium, daß solche Szenarien verhindert?”

    Nicht das ich wüsste… aber da die so schwach interagiert wird sowas eher selten vorkommen.

  23. #23 Bullet
    14. Juni 2013

    hab ich gerade “daß solche Szenarien vehindert” geschrieben?
    *schäm*

  24. #24 StefanL
    14. Juni 2013

    @Bullet & FF – zwei auf einander treffende DM-Partikel sollten sich doch in Strahlung auflösen(?). So kann sich doch dann kein DM-SL bilden. DM kann doch so nur in ein schon vorhandenes/initiales (irgendwie “baryonisches”) SL fallen. Später kann dann aber eigentlich auch nichts mehr über den Anteil “DM” in einem SL gesagt werden.(?)

  25. #25 Florian Freistetter
    14. Juni 2013

    @StefanL: ” zwei auf einander treffende DM-Partikel sollten sich doch in Strahlung auflösen”

    THeoretisch kann es sogar schwarze Löcher geben, die nur aus STrahlung/Energie bestehen. Nennt sich “Kugelblitz” (hat aber nichts mit dem deutschen Wort und der deutschen Bedeutung zu tun) https://en.wikipedia.org/wiki/Kugelblitz_%28astrophysics%29

  26. #26 StefanL
    14. Juni 2013

    “Kugelblitz” irgendwie witzig – und da behaupte noch eine Wissenschaftler seien humorlos 🙂
    Schon klar, daß genug Energie an eng genug begrenztem Ort einen Ereignishorizont ergeben kann. Statt “bestehen” denke ich ist “entstehen” die bessere Wortwahl – wenn das SL mal da ist ist es etwas schwierig zu entscheiden ob es jetzt eher aus “Strahlung” oder “Materie” besteht 😉 . Für Strahlung müßte das dann eine Art “Lichtfalle” sein, d.h. die Strahlung darf irgendwie aus einem bestimmten Bereich nicht entkommen können und es wird immer mehr Energie(hier als Strahlung) in diesen Bereich “gepumpt” bis eben ein SL entsteht ( oder eine Kombination von Strahlungs- und DM-Falle) oder die Komprimierung der kontrahierenden DM-“Wolke” erfolgt schnell genug so, daß die Strahlung keine Zeit hat aus dem entsprechenden Bereich zu entkommen( ist aber irgendwie nahe an “negativer Inflation”) oder es wird schneller genügend Strahlung (aus DM) erzeugt als entfliehen kann – primordiale SLs? Für heutige CDM käme da ja eigentlich nur die “Strahlungsfalle” in frage…

  27. […] kürzlich habe ich über die Entdeckung von 26 neuen schwarzen Löchern in der Andromedagalaxie geschrieben. […]