Die technische Realisierung
Dazu werden Hohlräume nach strengen Vorgaben bzgl. Abstand zueinander sowie zur Oberfläche geschaffen. Übrigens: die Asse erfüllt diese Vorgaben nicht da hier durch den Salzbergbau der Abstand der Abbaukammern zum Nebengebirge in einigen Bereichen teilweise nur noch fünf Meter beträgt. Ebenso sind die Abstände zwischen den Kammern nur mit wenigen Metern bemessen. Aufgrund dieses hohen Bebauungsgrades aber ergibt es sich, dass durch die natürliche Bewegung des Berges, ausgelöst durch das Gewicht des Deckgebirges, die Abbaukammern zusammengedrückt werden. Dadurch können Klüfte entstehen die dann wegen der großen Nähe zum Nebengebirge Wasser aus diesen in die ehemaligen Salzstöcke leiten: die Asse säuft ab. Aber auch die Abbaukammern selber werden durch diese Prozesse instabil. So ist es schon mehrfach passiert, dass einige Zwischendecken eingebrochen sind.
Diese Punkte, so katastrophal sie für die Asse sind, haben dafür gesorgt, dass viele Bedingungen, die ein Endlager erfüllen muss, definiert werden konnten. Und so lauten einige der Mindestanforderungen (siehe Abschlussbericht des AkEnd, Tabelle 4.1 auf Seite 97), dass ein solches Lager in einer Tiefe von mindestens 300 und maximal 1.500 Meter anzulegen ist und die Mächtigkeit des Gebirges mindestens 100 Meter betragen muss. Da die Asse diese Bedingungen nicht erfüllt, ist sie also als Endlager ungeeignet.
Im Anschluss wird der Abfall, verpackt in Spezialbehälter, in diesen Stollen gelagert. Hierzu werden die entsprechenden Konzept noch erprobt und im Detail untersucht. Nachdem die Einlagerungsphase als solche abgeschlossen, sprich: der Abfall sicher gelagert ist, wird das Endlager verschlossen. Ein wesentlicher Grundsatz bei der Endlagerung von radioaktiven Abfall ist, dass die Schutzfunktion des Endlagers nach dem Verschluss ohne spätere Wartungs- und Reparaturmaßnahmen aufrecht erhalten werden muss. Lax gesagt soll nach einer gewissen Zeit nichts mehr daran erinnern, dass dort in der Tiefe ein Endlager angelegt wurde.
Das heißt, dass nach dem Verfüllen und dem Verschluss sämtlicher untertägiger Hohlräume und Tagesschächte auch die übertägigen Betriebsanlagen (Förderturm, Verladeanlagen, Maschinenanlagen, Werkstätten, Verwaltungsgebäude und ggf. Unterkünfte) zurückgebaut werden. Im Anschluss werden Halden entfernt und das gesamte übertägige Grubengelände rekultiviert. Sämtliche übertägigen als auch untertägige Gegebenheiten (Lage der Einlagerungskammern, -strecken und -bohrlöcher, Verläufe der Zufahrtsstrecken und sämtlicher Bohrlöcher und Schächte) sowie die Nivellementmessungen, sind dabei zu dokumentieren und zu archivieren. Am Ende ist dann dort an dieser Stelle ein Zustand hergestellt, der als “grüne Wiese” bezeichnet wird: ein Ort, dem man ohne Wissen zu dessen Vorgeschichte nicht mehr ansieht, was dort passiert ist.
Die Zeit danach
Für die nun folgenden Million Jahre kann natürlich niemand eine 100%ige Sicherheit geben. Aber man kann Wahrscheinlichkeiten bestimmen. Hier hilft uns wieder die geologische Betrachtung und eine Eigenschaft der geologischen Systeme selber: diese sind unheimlich träge und bewegen sich sehr sehr langsam. Und das macht die Sache bis zu einem gewissen Grad vorhersehbar.
Ich beschreibe diesen Sachverhalt immer recht gerne am Beispiel eines Tankers auf dem Meer. Wenn sich dieser mit einer bestimmten Geschwindigkeit bewegt, so kann dessen Bewegung bzw. der zurückzulegende Weg in einem gewissen Rahmen ebenfalls sehr gut beschrieben werden. Soll heißen: wenn nun mit einem Mal keiner mehr das Steuer führt und alles von selber läuft, so ist es trotzdem möglich, für eine bestimmte Strecke den Weg mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit zu bestimmen. Es ist nun mal so gut wie ausgeschlossen, dass der Tanker auf einmal anhält oder scharf nach rechts abbiegt. Erst mit zunehmender Wegstrecke bzw. verstreichender Zeit kommen Unsicherheiten ins Spiel und machen eine genaue Angabe, wo es den Tanker hintreiben wird, schwieriger und irgendwann schließlich unmöglich.
Mit den Kontinenten bzw. den stattfindenden geologischen Prozessen ist es ähnlich. Diesen liegt aufgrund ihrer Eigenschaften eine gweisse Trägheit zugrunde, so dass es eben doch möglich ist, für einen begrenzten Zeitraum Vorhersagen zu machen. Und für den geforderten Zeitrahmen von einer Millionen Jahre liegen die Wahrscheinlichkeiten extrem hoch, so hoch, dass sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das System bzw. dessen Entwicklung beschreiben lässt. Erst bei größeren Zeiträumen (so ab etwa drei bis fünf Millionen Jahre, abhängig vom jeweils betrachteten Szenario) kommen Unsicherheiten ins Spiel und werden die Vorhersagen vager. Auch die Situation der Gesteine und Gesteinsschichten ist auf diese Weise analysierbar und wird im Rahmen von umfangreichen Szenarienmodellierungen nachgestellt. Nicht zuletzt werden alle möglichen Ereignisse modelliert und untersucht, deren Wahrscheinlichkeit größer als eins zu einer Million ist. So kann man durch seismische, geologische, paläontologische, hydrologische und tektonische Untersuchungen sowie durch Anwendung statistischer Methoden Wahrscheinlichkeiten für die Unversehrtheit eines solchen Endlagers geben.
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