Während meiner Auszeit erscheinen hier im Blog Gastartikel anderer Autoren und Blogger zu verschiedenen Themen (wenn ihr auch einen Artikel schreiben wollt, dann sagt Bescheid: florian AT astrodicticum-simplex PUNKT de).
Heute erzählt Andreas Fischer etwas über den Planetenweg in Zürich. Planetenwege sind eine großartige Sache (siehe zum Beispiel hier, hier, hier oder hier). Und der in Zürich scheint ein besonders schönes Exemplar zu sein, den ich mir bei meinem nächsten Besuch dort unbedingt anschauen muss.
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Den Schweizern sagt man gerne eine gewisse Gemütlichkeit nach. Was daran Folklore ist und was Wahrheit, lässt sich gerade in Zürich, der größten Stadt der Schweiz, nicht so genau sagen. Geschäftig ist die Stadt. International auch, nicht nur wegen der Touristen. Aus über 160 Ländern kommen die Einwohner der Stadt, so steht es auf Zürichs Homepage zu lesen, etwa ein Drittel der Zürcher hat keinen Schweizer Pass. Mit der Gemütlichkeit kokettieren, das können die Zürcher aber. Der Uetliberg ist der Zürcher Hausberg – und die Zürcher haben ein Restaurant namens Gmüetliberg daraufgestellt.
In die Werbung abschweifen möchte ich hier aber nicht. Der Uetliberg bietet mehr als Anspielungen auf einen nachgesagten Nationalcharakter. Auf den Berg kommt man mit der Uetlibergbahn S10 vom Zürcher Hauptbahnhof aus. Auf dem und rund um den Uetliberg kann man die Aussicht genießen, auf Biketrails ins Tal rauschen, klettern – oder mal eben das Sonnensystem erkunden. Im Jahr 1979 eröffnete die Stadt Zürich nämlich einen Planetenweg, der am Uetliberg seinen Ausgang nimmt. Schirmherrin ist die Astronomische Gesellschaft Urania Zürich. Jede der Stationen besteht aus einem Gletscherfindling, jeweils versehen mit einem maßstabsgetreuen Modell des Himmelskörpers und einer Informationstafel mit Daten zum Himmelskörper und einer Karte des Wanderwegs.
Erste Station ist unser Zentralgestirn, die Sonne, die auch gleich Anlass zu einer kleinen Rechenaufgabe gibt. 1:1 Milliarde ist der Maßstab des Sonnensystems im Planetenweg. Wenn man die Lichtgeschwindigkeit auf den Maßstab anwendet und ein bestimmtes individuelles Schritttempo für die Wanderung annimmt, um wie viel schneller (oder langsamer) als das Licht ist man dann? Soviel sei verraten: Auch im gemütlichen Tempo lässt sich das Licht überrunden.
Das innere Sonnensystem mit den terrestrischen Planeten ist schnell durchquert, liegen die inneren Planeten in diesem Maßstab doch ziemlich nah beieinander. Im Größenvergleich bekommt man einen Begriff von der Verteilung der Massen im Sonnensystem. Das Modell der Sonne steht auf einem großen Masten, die Gasplaneten begnügen sich mit einem kleinen Aufsatz auf dem Findling und die kleineren Himmelskörper sind so winzig, dass sie in Glas eingegossen und in den Findling eingelassen sind. Bei den Winzlingen muss man schon zweimal schauen, um sie richtig wahrzunehmen.
Der Zwergplanet Ceres bildet die Grenze zwischen den inneren und äußeren Planeten und steht stellvertretend für den Asteroidengürtel zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter. Ab da werden die Abstände zwischen den Stationen spürbar größer, eigentlich kann man erst jetzt so richtig von einer Wanderung sprechen. Der Planetenweg führt weiter nach Süden der Anhöhe entlang, an vielen Stellen kann man auf Zürich und den Zürichsee hinunterschauen, bei gutem Wetter sind auch die Alpen zu sehen.
Nahe den äußeren Planeten sind dem Pluto gleich drei Stationen gewidmet: Der sonnennächste Punkt noch vor dem Neptun, die mittlere Entfernung zur Sonne nicht weit von der Seilbahnstation Felsenegg und der sonnenfernste Punkt bei der Ortschaft Buchenegg. Die Degradation im Jahr 2006 hat er auf diesem Planetenweg also weitgehend unbeschadet überstanden. Auf Plutos Informationstafeln ist lediglich vermerkt, das der ehemalige Planet seit besagtem Jahr ein Zwergplanet ist.
Je nach Tempo ist der Planetenweg in anderthalb bis zweieinhalb Stunden zu schaffen. Die Ausschilderung ist weitgehend gelungen. Verwirrung stiftet sie allerdings ein paar Meter nach Felsenegg, dort, wo der Pluto in mittlerer Entfernung zur Sonne steht. Zwei Hinweisschilder verweisen auf die Fortsetzung des Planetenwegs – in unterschiedlichen Richtungen. Südwestlich geht es aber ins Tal zu den Kühen auf der Weide, südlich weiter im Wald bis zur letzten Station des Planetenwegs.
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