Es gibt also jede Menge zu tun und wir sind entsprechend dankbar, dass die Wissenschaftler die Zeit gefunden haben, um uns ein wenig durch die Gegend zu führen.
Aus dem Buch “Angels & Demons” (auf deutsch: “Illuminati”) von Dan Brown weiß man ja, dass man nicht so einfach in den Labors des CERN herumspazieren kann. Da gibt es Sicherheitsschleusen, durch die man nur kommt, wenn man sein Auge einscannen lässt. Überraschenderweise stimmt diese Information sogar. Wer aber plant, so im LHC einzubrechen wie das der Bösewicht in Browns Buch gemacht hat, wird trotzdem enttäuscht werden. Es nutzt nichts, irgendeinem armen Forscher das Auge heraus zu schneiden und es vor die Kamera zu halten. Denn dieses moderne System erkennt, ob ein Auge noch lebendig ist oder nicht…
Nachdem wir durch die Sicherheitsschleuse geführt worden sind, müssen wir alle einen Helm aufsetzen. Ein Gerät zur Messung radioaktiver Strahlung brauchen wir allerdings nicht; das tragen nur die Wissenschaftler dort. Nicht, weil im LHC so wahnsinnig viel radioaktives Material rumliegt (davon wird bei den Experimenten relativ wenig verwendet). Aber der Teilchenbeschleuniger unterliegt den gleichen Vorschriften wie ein Kernkraftwerk und dazu gehören eben auch Strahlenmessgeräte.
Mit einem Fahrstuhl geht es knapp 100 Meter in die Tiefe, dann durch ein paar Korridoren und schließlich stehen wir vor dieser kleinen, gelben Tür:
Dahinter befindet sich das, auf das wir alle schon den ganzen Tag gewartet haben:
Ein kleiner Haken in der Wand!!
Nein; der ist zwar tatsächlich dort, aber um den gehts nicht. Es geht um…
zwei Rohre an der Decke!!
Nein, die sind zwar ebenfalls hinter der gelben Tür, aber in Wahrheit geht es natürlich um
den gewaltigen ATLAS-Dektor!!
Leider sieht der auf den Fotos fast genau so unspektakulär aus wie der Haken und die Rohre. Man muss dieses Gerät live sehen, um seine Größe wirklich einschätzen zu können. In die unterirdische Höhle in der sich ATLAS befindet hätte man problemlos auch ein paar Hochhäuser bauen können. Am CERN hat man alles mit Metall, Kabeln und Computern vollgestopft.
Heute ist die Höhle so voll mit Material, dass man ihre Größe und die Größe des Detektors selbst mit eigenen Augen kaum richtig wahrnehmen kann. Egal wohin man blickt, immer ist irgendwo ein Teil des Detektors. Es ist tatsächlich ein wahnsinnig großes und faszinierendes Gerät und selbstverständlich haben wir alle die Gelegenheit genutzt, um ein paar Fotos zu machen:
Hier ist meines:
Wenn man dieses gigantische Teil in all seiner Komplexität sieht, erscheint es kaum vorstellbar, dass jemand wirklich den Überblick bewahren kann und genau weiß, wozu all die Kabel und Schrauben und Ventile und der andere Kleinkram gut ist.
Aber man hat mir versichert, dass man es binnen Sekunden merken würde, wenn ich eines der Kabel mal eben rausziehen würde und das man ebenso schnell wüsste, WO ich dieses Kabel rausgezogen habe. Auf jeden Fall schneller als ich abhauen und mich verstecken kann, wurde mir erklärt.
Ich habe also darauf verzichtet, ATLAS zu sabotieren und es ging wieder zurück an die Oberfläche.
Auf dem Rückweg sind wir dann auch den VIP-Helmen vorbei gekommen. Ich weiß allerdings nicht ob die nun sicherer, weniger sicher oder einfach nur blauer sind, als unsere roten Helme…
Mit dem Bus ging es nun weiter über die Grenze nach Frankreich. Dort befindet sich der ALICE-Detektor. Der ist nicht ganz so groß wie ATLAS, hat aber eine ganz spezielle Aufgabe.
Normalerweise werden im LHC Protonen beschleunigt und zur Kollision gebracht. Aber man kann auch andere Teilchen nehmen; zum Beispiel schwere Kerne von Bleiatomen. Bei solchen Kollisionen probiert man unter anderem, ein sogenanntes Quark-Gluonen-Plasma zu erzeugen. Quarks sind die Elementarteilchen, aus denen die gesamte normale Materie besteht. Jeder Atomkern besteht aus Protonen und Neutronen und die wiederum bestehen aus je drei Quarks. Zusammengehalten werden die Quarks von den Gluonen; quasi “Klebstoffteilchen”. Und die kleben wirklich gut. Es ist unter normalen Umständen unmöglich, zusammengeklebte Quarks zu trennen, denn die Kraft die sie zusammenhält wird um so größer, je weiter man sie voneinander entfernt. Man braucht schon die enorm konzentrierte Energie die bei Kollisionen in einem Teilchenbeschleuniger entsteht, um nicht nur die Atomkerne in ihre Bestandteile zu zerlegen, sondern auch die Protonen und Neutronen selbst.
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