Gestern habe ich euch den sehr lesenswerten Gastbeitrag von Michael Scholz über Kaspar Hauser präsentiert; heute gibt es noch einen kleinen Nachschlag. Michael hat sich nicht nur mit Kaspar Hauser selbst beschäftigt, sondern auch mit einer speziellen Episode aus seinem Leben: Dem Versuch, ihn homöopathisch zu behandeln. Was er dabei herausgefunden hat, könnt ihr im heutigen Gastbeitrag nachlesen.
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“My friend the witch doctor, he taught me what to do” – oder –
Die homöopathischen Versuche des Georg Friedrich Daumer an Kaspar Hauser
Das Phänomen Kaspar Hauser und einige der Mythen, die sich um ihn ranken, wurden ja bereits im letzten Artikel beleuchtet. Ein Aspekt von Hausers Leben nach seiner Ankunft in Nürnberg war allerdings nie so recht bekannt und soll, da er tatsächlich noch Auswirkungen auf die heutige Zeit hat, hier dargestellt werden.
Georg Friedrich Daumer, der erste Erzieher Kaspar Hausers, war ein typisches Kind seiner Zeit und hatte ein großes Interesse an Religionstheorie und Esoterik aller Art. So interessierte er sich für Mesmerismus, Traumdeutung und auch Homöopathie. Hier stand er auch im Briefwechsel mit Samuel Hahnemann selbst.
Bei Kaspar Hauser zeigten sich angeblich, wie Daumer in seinen „Mittheilungen über Kaspar Hauser“ ausführte, starke Wechselwirkungen mit diversen Substanzen. Dies konnten Blumen, „Weinbeeren“, Spinnen, Mineralien, Metalle oder auch Glas sein. Daumer führte hier nun Untersuchungen durch, welche Wirkungen bei welcher Substanz eintraten. Hierbei nahm er Rücksicht auf die vorgeblich schwächliche Konstitution seines Probanden. Auffällig bei diesen Versuchen ist nun auch, dass Hauser diese Substanzen in den seltensten Fällen auch direkt berührte, angeblich zeigte sich die Wirkung bereits auf große Entfernung, was auch zu folgender Anekdote führte, die Daumer berichtet: „Er saß einst am Klavier, als ein Mann hereintrat, der Summen Silbergeldes in einem Sacke trug und diesen drei bis vier Schritte weit von ihm auf den Tisch legte. Er hörte auf zu spielen und blickte mit verstörten Mienen auf den Tisch und den Mann hin, stand dann auf und begab sich, den Schweiß von der Stirne wischend, in ein Nebengemach, wartend, der Mann entfernt hatte. Das Geld im Sacke hatte diese Wirkung auf ihn gehabt.“ (1) Auch Diamanten, Quecksilber oder Gold zeigten angeblich derartige Wirkungen. Interessant ist auch diese Ausführung Daumers: „Als ich die Rückseite eines kleinen Spiegels gegen ihn hielt spürte er den Zug 9 Schritte weit.“ (1)
Aus Gläsern konnte Hauser angeblich nur unter Schmerzen trinken und die Berührung mit einem Diamanten zog durch den Arm in die Brust und verursachte Herzschmerzen. (1) Ob später auch die mit Diamanten verzierten Geschenke des Lord Stanhope ihm derartige Herzschmerzen verursachten, ist leider nicht überliefert.
Liest man sich die Berichte Daumers durch, so reagierte Hause auf alle möglichen Gegenstände äußerst heftig; darunter hauptsächlich Metalle wie Kupfer. Selbst wenn, wie oben berichtet, kein physischer Kontakt vorlag, zeigte er Krankheitssymptome. Es reichte bereits, dass er an einer Kirche vorbei lief, schon spürte er den „Atem der Toten“ aus der Krypta und er zeigte Symptome. Also ein prächtiger Kandidat für homöopathische Versuche.
Bei Versuchen verwendete Daumer hierfür auch höhere Potenzierungen als heute üblich sind. Auch legte er hohen Wert auf die Feststellung, dass Kaspar Hauser diese homöopathischen Essenzen niemals eingenommen hatte, sondern die Reaktion lediglich durch riechen erfolgte. (2) Teilweise roch Hauser an den Essenzen selbst, teilweise an Stöpseln der Gefäße. Bei der Gabe von Ipecacuanha zum Beispiel wird angegeben, dass Hauser aus zwei Schritt Entfernung an den Zuckerkügelchen roch. (4)
Daumer verabreicht Hauser folgende homöopathischen Heilmittel(4):
Dezember 1828 Schwefel
17. Januar 1829 Silicea (Kieselerde)
16. Mai 1829 Ipecacuanha (Brechwurzel)
17. Mai 1829 Nux vomica (Gewöhnliche Brechnuss)
16. Juni 1829 Sepia (Tintenfisch)
17. Juli 1829 Arnica
18. August 1829 Calcarea (Austernschale)
4. Oktober 1829 Nux vomica (Gewöhnliche Brechnuss)
17. Oktober 1829 Aconit VIII (Eisenhut)
17. Oktober 1829 Mesmerismus-Experiment
15. November 1829 Lycopodium (Bärlappe)
Winter 1830 Rhus (Giftefeu)
28. Mai 1830 Nux vomica (Gewöhnliche Brechnuss)
15. Juli 1830 Nux vomica (Gewöhnliche Brechnuss)
9. August 1830 Nux vomica (Gewöhnliche Brechnuss)
13. August 1830 Arnica
2. August 1831 Silicea (Kieselerde)
10. November 1831 Tinct. Sulphuris (Schwefel)
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