Wie bereits erwähnt, wurden die Essenzen von Hauser nie direkt aufgenommen, sondern es wurde immer nur mit der „Wirkung“ des Geruchs experimentiert. Dies sah so aus, dass Daumer Kaspar Hauser entweder am Stöpsel des Gefäßes riechen ließ oder direkt an den Zuckerkügelchen. Hauser behauptete teilweise auf mehrere Schritt Entfernung, Gerüche wahrzunehmen bzw. eine Wirkung zu spüren.
Schauen wir uns beispielsweise die „Behandlung“ mit Silicea vom 17. Februar 1830 an: „Ein kleines, mit Streukügelchen (X.) gefülltes Gläschen, wurde von ferne geöffnet und ihm langsam entgegen gebracht. Ehe er es noch hatte erreichen können, schreckte er zusammen, und sagte: der Geruch sei ihm in den Kopf gegangen. Hierbei unterschied er 1) einen dem des Weins oder Branntweins ähnlichen Geruch, 2) einen Zuckergeruch und 3) einen von ihm unbeschreiblichen fremden Geruch (den Geruch des Arzneistoffes). Er entfärbte sich, schwankte, es war ihm nach seiner Schilderung, als wäre ihm ein ungeheurer Schlag versetzt worden. Die Arznei fuhr ihm zuerst in den Kopf, wie er sagte, dann in den Leib und in alle Glieder, dann wieder in den Kopf, und nach einigen Minuten brach Schweiß auf der Stirn aus. Hierauf Uebelkeit, konnte kaum aufbleiben. Nach ½ Stunde starkes Aufstoßen ohne Geruch, einige Minuten später stärkeres mit einem Geruch, den auch die Umstehenden gewahrten, und welcher nach Hausers Angabe dem Arzneigeruch gleich war. Drauf schwand die Uebelkeit und die Eingenommenheit des Kopfs minderte sich.“ (4)
Auf das Riechen an dem entfernten Streukügelchen soll Hauser noch 12 Tage später starke Symptome gezeigt haben. Waren es direkt nach der „Gabe“ hauptsächlich Augen- und Kopfschmerzen, war es drei Tage später ein „Rother Bodensatz im Urin“ und ein über vier Tage andauerndes Haarausfallen. „5 Tage lang schmerzte der Kopf beim Gehen. Einmal stößt er sich am Fuße, was starken Schmerz im Kopf verursacht ‚als wolle es ihm das Gehirn herausdrücken‘.“ Wir erinnern uns, das alles nur vom Riechen an Streukügelchen. „Am 12ten Tag, Morgens 8 Uhr Uebelkeit und wiederkehrender Arzneigeruch, darauf Erbrechen sehr bittern Wassers und Schleims, Verstärkung jenes Geruchs. Nach 1 Stunde rother Ausschlag auf der Stirne und unter den Augen, hierauf großes Unwohlsein, Kopfschmerz, muß sich legen. Riechender Schleim auf der Zunge. Vier Tage lang matt, unfähig zu arbeiten. Augen angegriffen, kann nichts lesen, die Augen thränen sogleich.“(alle Zitate aus 4)
Angeblich ziehen sich die Symptome vom 17. Februar 1830 bis zum 2. April 1830 hin. Symptome, die daraus entstanden sein sollen, dass Kaspar Hauser auf die Entfernung von einigen Schritten hin an Streukügelchen mit hochpotenzierter Kieselerde gerochen hat. Auf solche „Erkenntnisse“ baute hahnemann (siehe Zitat unten) seine Erkenntnisse.
Aber bleiben wir kurz noch bei dem Versuch vom 17. Februar 1830. Ende März begannen sich die Symptome spektakulär aus heiterem Himmel aufzulösen: „Am 26. März plötzlich im obern Kopf ein Stich, sodann ein Gefühl, als senke sich Etwas den Kopf herab, und der fühlte sich im Oberkopfe bis zum untern Theil der Stirn herab ganz frei. Hier aber, sagte er, sei es wie abgeschnitten, als sei ein Faden herum gebunden. Im übrigen Theile des Kopfes blieb es wie zuvor. Am 29. März verschwand das Gefühl des Gebundenseins im Kopfe, nur fühlt sich der untere Theil des Kopfes noch nicht frei. Bis zum 2ten April war Alles verschwunden.“(4)
Über die an Hauser unternommenen Versuche tauscht sich Daumer auch mit Samuel Hahnemann aus: „ Herr Hofrath Hahnemann schreibt in einem Briefe über die an Hauser angestellten Versuche und gemachten Beobachtungen: ‚Sie sind von ungemeinem Belange zum Erweise der hohen Kräftigkeit unserer hochpotenzirten Arzeneien, und erleuchten zugleich unsere Physiologie. Lassen Sie unsere Feinde das Gegentheil in die Welt schreien. Es ist das Geschrei eines krankhaft Erblindeten: ‚Macht mir nicht weis, daß die Sonne scheine; ich weiß es besser, es ist Stock-Nacht!‘ Die Sehenden können einen solchen armen blinden Mann nur bedauern. Gott sey Dank, daß wir sehend geworden sind und viele hundert mit uns.‘“ (3)
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