(Anmerkung: Das Forschungsblog des Fraunhoferinstituts stellt demnächst den Betrieb ein bzw. wird von anderen Leuten neu gestaltet. Ich habe ja auch ein paar Artikel für dieses Blog geschrieben und ein paar unveröffentlichte sind noch in meinem Fundus übrig geblieben. Sie passen thematisch zwar nicht unbedingt zu dem, was ich hier sonst so schreibe – aber bevor sie ganz verschwinden, veröffentliche ich sie einfach hier.)

Wer schon mal an einer Kläranlage vorbei gegangen ist, der weiß: Dort riecht es manchmal ein wenig streng. Das liegt nicht unbedingt immer am schmutzigen Wasser, dass dort gesäubert wird. Obwohl das natürlich auch jede Menge übel riechende Dinge mit sich führt. Aber auch die Art und Weise, wie das Wasser gesäubert wird, trägt zum unangenehmen Geruch bei.

Die Abwasserreinigung erfolgt anfangs zwar noch mechanisch; hier wird mit großen Rechen und Sieben der gröbste Unrat aus dem Wasser entfernt. Die eigentliche Reinigung läuft dann aber biologisch ab. Verschiedene Kleinstlebewesen, wie Bakterien oder Hefen, bauen die biologischen Verunreinigungen ab. Die Mikroben wandeln die unerwünschten Verunreinigungen in Biomasse um, den sogenannten Klärschlamm. Der kann beseitigt werden – oder aber man wirft ihn weiteren Bakterien zum Fraß vor. Die können den Klärschlamm zu Faulschlamm umwandeln, wobei ein Gemisch aus Methan und Kohlenstoffdioxid erzeugt wird, das Faulgas, dessen Name schon deutlich macht, dass es nicht besonders wohlriechend ist.

Die Versuchsanlage an der Wiener Hauptkläranlage (Bild: TU Wien)

Die Versuchsanlage an der Wiener Hauptkläranlage (Bild: TU Wien)

Den Schlamm kann man, sofern er frei von Schadstoffen ist, als Dünger in der Landwirtschaft einsetzen oder in Müllverbrennungsanlagen entsorgen. Aber auch das Faulgas kann noch sinnvoll eingesetzt werden. Die Technische Universität Wien errichtet zur Zeit gerade eine Versuchsanlage auf dem Gelände der Hauptkläranlage der Stadt. Momentan steht dort ein Faulbehälter, der 130 Kubikmeter Faulgas fassen kann. Das Methan soll dann über einen Gasmotor elektrische Energie erzeugen. Das ist nicht wirklich neu; sowohl die Erzeugung von Methan in Kläranlagen als auch die Verwendung von Methan zur Energiegewinnung. Die technische Universität hat aber die Abläufe optimiert und modifiziert, um das Verfahren am Ende auch im großen,industriellen Maßstab einsetzen zu können.

Ein Problem bei der Verarbeitung des Klärschlamms ist das enthaltene Wasser. Um aus dem Schlamm Methan zu produzieren, muss er erwärmt werden und dammit auch das Wasser. Je feuchter der Schlamm ist, desto mehr Wasser muss unnötigerweise mit erwärmt werden. In Wien hat man daher daran gearbeitet, den Schlamm schon vor dem Beginn des Verfahrens möglichst stark einzudicken. Der so konzentrierte Schlamm enthält dann nur noch wenig Wasser, ist aber auch viel fester und damit schlechter zu verarbeiten. Man hat daher zuerst im Labor nach einer optimalen Mischung von Schlamm und Wasser gesucht, bevor das Experiment nun unter realen Bedingungen durchgeführt wird.

Da der Schlamm so hochkonzentriert und dick ist, braucht es auch besondere Bakterienstämme, die auch unter diesen verschärften Bedingungen in der Lage sind, den Kohlenstoff aus dem Schlamm in Methan umzuwandeln. Normale Bakterien haben hier Probleme, da auch das im Schlamm enthaltene Ammoniak dank der geringen Wassermenge stark konzentriert ist und die biologische Reaktion behindert.

Noch wird das Verfahren in Wien an der kleinen Anlange getestet. Wenn alles gut funktioniert, dann will man im Jahr 2015 eine wesentlich größere Anlage bauen, die 75.000 Kubikmeter Gas fassen kann. Damit will man dann genug Strom erzeugen, damit sich die gesamte Kläranlage selbst versorgen kann.

Aber selbst die beste Kläranlage ist nicht fähig, alle Schadstoffe aus dem Abwasser zu entfernen. Abwässer aus Krankenhäusern enthalten zum Beispiel Antibiotika, die bei der biologischen Säuberung nicht restlos abgebaut werden können. Gleiches gilt für viele Stoffe in Industrieabwässern oder im Sickerwasser von Mülldeponien. Hier müssen spezielle Verfahren angewandt werden, um das Abwasser zu säubern. Am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart betreibt man eine spezielle Versuchsanlage, in der genau diese Prozesse erforscht werden. Die chemischen Reaktionen, die dafür nötig sind, setzen zum Beispiel Hydroxyl-Guppen ein. Hydroxyl-Radikale bestehen aus einem Wasserstoff und einem Sauerstoffatom. Diese Moleküle findet man in der Atmosphäre der Erde sehr häufig; sie entstehen, wenn die energiereiche UV-Strahlung in der oberen Atmosphäre auf Ozon- oder Wassermoleküle trifft. Zusammen mit Sauerstoff reagiert es auf verschiedene Arten mit den Schadstoffen im Abwasser. So entstehen kleinere Moleküle, die leichter biologisch abgebaut werden können. Im von der EU geförderten Projekt CleanLeachate sucht man am IGB zur seit nach geigneten Materialien, um diesen chemischen Säuberungsprozess möglichst effizient ablaufen zu lassen.

Fuellkoerper mit Adsorberpartikeln zur Entfernung von Spurenstoffen. ©Fraunhofer IGB

Fuellkoerper mit Adsorberpartikeln zur Entfernung von Spurenstoffen. ©Fraunhofer IGB

Man kann dem Abwasser auch Adsorptionskörper zufügen. Die Adsorption ist nicht mit der Absorption zu verwechseln. Bei einem Absorber dringen Stoffe in das Innere eines Festkörpers oder einer Flüssigkeit ein, bei der Adsorption reichern sich die Stoffe an der Oberfläche des Adsorbers an. Am Fraunhofer IGB wurden spezielle polymere Adsorperpartikel enwtickelt, die dann zum Einsatz kommen, wenn ein Schadstoff stark verdünnt vorliegt. Man kann die Mischung der Adsorberpartikel verändern und sie den jeweils zu entfernenden Schadstoffen anpassen. Und am Ende kann man die Partikel regenieren und wieder verwenden.

Die so behandelten Abwässer können dann normal in einer Kläranlange weiterverarbeitet und biologisch abgebaut werden. Das Abwasser verschwindet also nicht einfach so im Kanal. Das, was wir in den Abfluss gießen, ist der Beginn eines langen Prozesses, dessen Ende zwar nicht unbedingt wohlriechend ist, aber zumindest noch ein wenig Energie enthält, die wir nutzen können.

Kommentare (10)

  1. #1 roel
    *****
    14. August 2013

    @Florian Freistetter Ich finde es ist eine super gute Idee, deinen Blog mit den Fraunhofer-Artikeln und den Tatortartikeln zu ergänzen.

  2. #2 Eheran
    14. August 2013

    “Hydroxil” – bitte Hyroxyl, so spricht man es auch aus.
    Hier noch ein paar Variationen:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Hydroxyl

  3. #3 YeRainbow
    https://yerainbow.wordpress.com/
    14. August 2013

    ausgesprochen gute Idee!
    Das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden.

  4. #4 John Steed
    15. August 2013

    Ja, moment mal, ist doch eine bekannte Sache aus Klärgas Strom zu machen:
    https://www.deutscheseiten.de/barntrup/nachrichten_neu/einzelnachricht/1-253-giga%C2%ADwatt%C2%ADstun%C2%ADden-strom-aus-klaer%C2%ADgas-erzeugt_1372911660P766.htm
    Ich hab den Artikel oben jetzt zweimal durchgelesen und nichts neues, oder unbekanntes entdeckt. Selbst hier vor Ort drehen die Jungs 15 Kilowatt aus Klärgas. Die ziehen das Gas direkt aus den sogenannten Fauleiern. Das größte Problem, welches sie haben, ist der Schwefel, der im Gas enthalten ist, sagte mein Bekannter, der Ingeneur auf dieser Anlage ist

  5. #5 LuCash
    Hohenheim
    16. August 2013

    Sehe hier jetzt auch kein zusätzlichen Wissensgewinn durch den Artikel (vllt. ein bisschen arg alt?). Sowas ist doch bekannt, wenn man sich im Bereich bewegt (auskennt). Sprich Thema Biogasanlagen (theoretisch das Gleiche).
    @John Steed
    Selbst die Schwefelproblematik lässt sich lösen: https://www.lev.at/download/BiomethaneRegions/D_3_1_1_BiogasUpgradingTechnologyReview_DE.pdf

  6. #6 LuCash
    16. August 2013

    Da habe ich aber nochmal eine Frage:
    Sind die hier genannten “Adsorptionskörper” nur für die Spurenelemente an sich oder ist das so gemeint, dass Mikroorganismen (MO) (mit aufgenommenen Elementen) die Körper bewachsen und dann abgewaschen werden können?
    Denn ähnliche Füllkörper werden bei zweiphasigen Biogasanlage in Methanreaktoren verwendet. Dort aber dienen sie zur Erhöhung der Oberfläche, sprich mehr Platz für die MOs, und als Schutz, sprich Verringerung der Strömung.

  7. #7 roel
    *****
    16. August 2013

    @LuCash Warum muss es immer das neueste sein? Es kommt doch auf die Zielgruppe an.

    Zu deiner Frage findest du hier einige Informationen: https://www.process.vogel.de/anlagen_apparatebau/aufbereitung/abwasser_klaertechnik/articles/404263/index3.html

  8. #8 Florian Freistetter
    16. August 2013

    @LuCash “Sind die hier genannten “Adsorptionskörper” nur für die Spurenelemente an sich oder ist das so gemeint, dass Mikroorganismen (MO) (mit aufgenommenen Elementen) die Körper bewachsen und dann abgewaschen werden können?”

    Ich bin leider kein Experte für dieses Thema; hier gibt es mehr Informationen: https://www.igb.fraunhofer.de/en/press-media/press-releases/2013/removing-pollutants-and-contaminants-from-wastewater.html
    Soweit ich das verstanden haben, können die gewaschen und wieder verwendet werden.

  9. #9 LuCash
    28. August 2013

    @ roel & F. Freistetter: Vielen Dank für die Links.

  10. #10 Micha Müller
    15. September 2014

    Abwasserreinigung wird immer wichtiger! Ich hab erst kürzlich gelernt, dass ein großer Teil der Wasseraufbereitung bereits in den Industrieanlagen abgewickelt wird. Damit das Wasser bereits sauber aus den industrieanlagen kommt. Mehr Infos dazu: https://envirochemie.com/de/glossar/industrieabwasser.html