Auf der Sonne ist derzeit viel los. Gut, eigentlich ist schon seit ein paar Jahren viel los. Immerhin befindet sich unser Stern derzeit gerade am Höhepunkt seines Aktivitätszyklus’. Die Sonnenaktivität stieg in den letzten Jahren immer weiter an und nun passiert bald das, was immer passiert wenn die Sonnenaktivität ihr Maximum erreicht: Das Magnetfeld der Sonne polt sich um! Aber keine Angst. Das ist nicht gefährlich; dafür aber ziemlich faszinierend…
Was die Sonnenaktivität ist und wie das Magnetfeld der Sonne entsteht und sich verändert, habe ich vor einiger Zeit schon in einem sehr ausführlichen Artikel erklärt. Ich fasse das wesentliche nochmal kurz zusammen; würde aber trotzdem die Lektüre des ausführlichen Artikels empfehlen, wenn ihr über dieses Thema noch nicht Bescheid wisst. Die Sonne besteht aus Plasma, also einem Gas, dessen Atome ihre Elektronen verloren haben und das nun elektrisch geladen ist. Das elektrisch geladene Plasma bewegt sich und diese Bewegung beeinflusst das Magnetfeld: Die Bewegung des Plasmas zieht die Magnetfeldlinien mit sich. Die Sonne rotiert an den Polen langsamer als am Äquator und deswegen wickeln sich die Feldlinien im Laufe der Zeit um die Sonne und das Magnetfeld wird stärker. Es kommt zu Störungen und “Kurzschlüssen” bei denen jede Menge Energie frei wird, die Sonnenplasma weit ins All hinaus schleudern kann: sogenannte Protuberanzen und die koronalen Massenauswürfe. Nach ungefähr 11 Jahren bricht das Magnetfeld zusammen und wird umgekehrt gepolt wieder neu aufgebaut.
Die Details dessen, was im Inneren der Sonne vorgeht, haben wir bis jetzt noch nicht komplett verstanden. Man kann ja auch nicht so einfach in die Sonne hinein sehen. Aber die Rhythmen der Sonnenaktivität werden seit Mitte des 19. Jahrhunderts kontinuierlich beobachtet und sind mittlerweile recht gut verstanden. Knapp 11 Jahre (manchmal auch ein bisschen mehr oder weniger) vergehen von Polsprung zu Polsprung. Das letzte Mal ist das 2001 passiert und demnächst ist es wieder so weit.
Die Beobachtungen der Sonne zeigen, dass die Umpolung schon begonnen hat. Ihr Magnetfeld wird immer schwächer und wird sich dann umgekehrt gepolt wieder neu aufbauen. Das muss übrigens kein geordneter und symmetrischer Prozess sein. So eine Umpolung kann ziemlich chaotisch ablaufen. Der magnetische Nordpol der Sonne ist beispielsweise schon “gesprungen” und zum Südpol geworden. Der magnetische Südpol hängt aber noch ein wenig hinterher. Die Sonne hat also derzeit zwei magnetische Südpole und erst in ein paar Monaten wird die Umpolung abgeschlossen sein.
Und keine Angst vor dem solaren Polsprung. Das ist für die Erde nicht gefährlich. Es gibt deswegen nicht mehr oder stärkere Sonnenstürme als sonst. Eine Umpolung des Magntefelds findet alle 11 Jahre statt und wer sich an 2001 oder die Jahre davor erinnert, der wird feststellen, dass es da auch keine großen Katastrophen gab. Wenn, dann profitieren wir auf der Erde höchstens von der Umpolung.
Denn das solare Magnetfeld erstreckt sich weit hinaus ins Sonnensystem. Erst nach über 100 Astronomischen Einheiten; also weit hinter der Bahn von Neptun und Pluto, dort wo die Voyager-Sonden gerade rumfliegen, endet der Einflußbereich des Magnetfeldes. Der Raum, der vom Sonnenwind (den geladenen Plasmateilchen der Sonnen) “gefüllt” ist, nennt man “Heliosphäre”. Dieses Plasma ist es, dass das interplanetare Magnetfeld erzeugt und die Vorgänge dabei sind recht komplex. Wie ein kosmische Rasensprenger dreht sich die Sonne um ihre Achse und schleudert dabei Plasma ins All. Ein Teil davon ist positiv geladen; ein anderer negativ. Die Grenzschicht zwischen den Ladungen nennt man die Heliosphärische Stromschicht; sie ist etwa 10.000 Kilometer dick und ihre Form wird vom jeweils aktuellen Magnetfeld der Sonne bestimmt (und wird oft mit einem “Ballerinaröckchen” verglichen).
Diese Schicht hält auch einen Teil der kosmische Strahlung ab, die von außerhalb des Sonnensystems zu uns kommt. Sie wird zum Beispiel bei Supernova-Explosionen erzeugt oder stammt aus der Umgebung supermassereicher schwarzer Löcher. Uns auf der Erde tut die kosmische Strahlung nicht viel; wir haben ja auch unser eigenes Magnetfeld, dass als Schutzschild wirkt. Aber für Astronauten und Satelliten kann die kosmische Strahlung unter Umständen gefährlich werden.
Wenn sich nun das Magnetfeld der Sonne umpolt, dann beeinflusst das auch die Form der Stromschicht. Von der Sonne ausgehend verformt sie sich; kräuselt sich und bekommt Falten. Dieses “zerknitterte Ballerinaröckchen” wirkt wesentlich besser als Schutzschild gegen die kosmische Strahlung als die normale Form und während der Umpolung des Sonnenmagnetfeldes erreicht weniger davon unser Sonnensystem.
Die NASA hat zu dem Thema auch ein schönes Video veröffentlicht:
Kein Grund zur Sorge also. Aber Grund zur Spannung. Die ersten Monate nach der Umpolung werden uns zeigen, wie es mit dem Aktivitätszyklus weiter geht. Die letzten Zyklen waren alle ziemlich schwach. Kommt jetzt wieder mal ein stärkerer Zyklus? Oder geht der Trend weiter und der nächste Zyklus wird noch schwächer beziehungsweise fällt gleich komplett aus, wie Wissenschaftler schon 2011 vermutet haben?
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