Gestern habe ich meine Zeitreise in Donaueschingen begonnen und dort etwas über die Zeitmessung in der Eisenzeit herausgefunden. Heute geht es weiter, den Donauradweg entlang.
Die Donau ist noch recht schmal und seicht:
Und bei Immendingen verschwindet sie sogar ganz im Boden:
Das ist ne ziemlich coole Sache; sie versickert da einfach komplett im Gestein. Das Wasser sprudelt und sprudelt vor sich hin und nichts davon bleibt an der Oberfläche. Bis auf die Fische…
Und wenig später ist das Flussbett dann ganz ausgetrocknet.
Ein Stück weiter taucht sie dann wieder auf (obwohl das rein limnologisch – oder ist es hydrologisch? – nicht mehr der gleiche Fluss ist). Da beginnt der Naturpark “Oberes Donautal” und das ist ein äußerst schönes Stück Landschaft! Kann jedem nur empfehlen, da mal durch zu radeln oder zu wandern.
Mein Tagesziel ist Sigmaringen:
Eine sehr schöne Stadt, aber so richtig viel Action gibts hier nicht. Und das Thema meiner Reise, die “Zeit”, versteckt sich. Auf den ersten Blick scheint es hier nichts zu geben, was mich zu einem Artikel über Zeit und Zeitmessung inspirieren könnte. Aber mit ein bisschen Fantasie und gutem Willen lässt sich immer etwas finden! Man muss sich nur das Stadtwappen ansehen:
Ein Hirsch, der einen Stern beobachtet! Wenn das nicht vielversprechend ist. Denn (und ich muss zugeben das mich das auch ein wenig überrascht hat), es gibt tatsächlich einen Astronom namens Adolphe Hirsch. Der wurde 1830 in Halberstadt geboren, war Direktor der Sternwarte in Neuchâtel und hat sich dort unter anderem um die Förderung der Produktion von Präzisionsuhren gekümmert und Wettbewerbe zwischen verschiedenen Uhrenherstellern organisiert. Er hat sich außerdem mit der Zeit beschäftigt, die Mensch und Tier für die Verarbeitung von Sinneseindrücken brauchen (“Chronoskopische Versuche über die Geschwindigkeit der verschiedenen Sinneseindrücke und der Nerven-Leitung. Untersuchungen zur Naturlehre des Menschen und der Thiere”, 1865)
Ein astronomischer Hirsch, der Sterne beobachtet und sich um die Zeitmessung kümmert. Danke, Sigmaringen – das passt perfekt!
Denn die Beobachtung der Sterne ist tatsächlich fundamental, wenn es darum geht, einen Kalender zu erstellen. Unser Kalender ist durch die Bewegung der Erde vorgeben. Prinzipiell zumindest, denn genaugenommen hält uns nichts davon ab, einfach irgendeinen Kalender zu verwenden. Ein Tag mit 20 Stunden und ein Jahr mit 500 Tagen würde als Kalender genau so funktionieren wie jede andere Kombination. Aber wir wollen, dass unser Kalender mit den Rhythmen der Natur übereinstimmt. Wenn es in der realen Welt Winter ist, dann soll auch der menschengemachte Kalender immer das gleiche Datum anzeigen. Also müssen wir uns an die Vorgaben des Sonnensystems halten. Der Tag ist recht einfach zu definieren. Die Erde dreht sich um ihre Achse. Jedesmal, wenn sie sich einmal herum gedreht hat, ist ein Tag vorbei. Natürlich hängt es davon ab, welchen Bezugspunkt man verwendet. Bei uns ist das normalerweise die Sonne. Ein “Sonnentag” ist der Zeitraum zwischen zwei aufeinanderfolgenden Sonnenhöchstständen; also die Zeit zwischen zwei “wahren Mittagen”. Mittag ist dann, wenn die Sonne am höchsten am Himmel steht; also der Zeitpunkt, an dem sich ein Beobachter exakt unter der Sonne befindet. Wenn sich die Erde einmal rum gedreht hat und er sich wieder genau unter der Sonne befindet, ist ein Sonnentag vergangen. Man kann die Drehung aber auch auf die Sterne beziehen. In diesem Fall misst man nicht die Zeit zwischen zwei Höchstständen der Sonne, sondern benutzt andere Sterne. So ein “Sterntag” ist ein wenig kürzer und dauert nur 23 Stunden, 56 Minuten und 4 Sekunden.
Der Unterschied hat mit der Bewegung der Erde um die Sonne zu tun. Während eines Tages hat sich die Erde in Bezug auf die fernen Sternen nicht bewegt. In Bezug auf die Sonne aber schon und um diese Bewegung auszugleichen muss sie sich noch ein bisschen “nachdrehen” und das dauert 56 Sekunden und 3 Minuten so dass ein Sonnentag genau die üblichen 24 Stunden lang ist.
Noch etwas komplizierter wird es beim Jahr. Das ist die Zeit, die die Erde für eine Umrundung der Sonne benötigt. Das dauert ungefähr 365 Tage. Aber eben leider nur ungefähr… Exakt gemessen sind es 365 Tage 5 Stunden 48 Minuten und 45,216 Sekunden und das ist ziemlich unpraktisch, wenn man einen Kalender basteln will. Denn was stellt man mit den 5 Stunden und 48 Minuten an, die nach den 365 vollen Tagen übrig bleiben? Soll man am Ende eines Jahres einen “Mini-Tag” einführen? Das wäre eine ziemlich bescheuerte Idee, weil man so die ganze Tageseinteilung durcheinander bringt. Ein Jahr muss immer eine ganzzahlige Anzahl an Tage haben, damit nicht plötzlich irgendwann die Sonne um Mitternacht hoch am Himmel steht… Wir können die überzähligen Stunden auch nicht einfach ignorieren, denn so ein Fehler von fast 6 Stunden pro Jahr würde sich schnell summieren und nach 750 Jahren würden wir Weihnachten dann mitten im Sommer feiern…
Deswegen hat man schon ziemlich früh Schalttage eingeführt. Entsprechende Schaltregeln gab es schon auf der 4000 Jahre alten Himmelsscheibe von Nebra. Das System, das wir mittlerweile benutzen, ist ziemlich ausgeklügelt. Nach vier Jahren mit nur 365 Tagen hat sich fast ein ganzer fehlender Tag angesammelt. Deswegen gibt es jedes vierte Jahr einen Extratag am 29. Februar, um diesen Fehler auszugleichen. Um den Fehler weiter zu minimieren, setzt man diese Korrektur alle 100 Jahre aus und alle 400 Jahre wird auch die Korrektur der Korrektur gestrichen (ich habe das System hier ausführlich erklärt). Mit unserem aktuellen Kalender ist das durchschnittliche Jahr nur noch 27 Sekunden zu kurz. Das reicht, um sich ein paar tausend Jahre lang keine Sorgen um den Kalender machen zu müssen.
Irgendwann in ferner Zukunft werden unsere Nachfahren dann vermutlich mal einen Extra-Schalttag einlegen müssen um auch diesen Fehler wieder auszugleichen. Aber wer weiß – vielleicht wohnen wir dann schon nicht mehr nur auf der Erde sondern auch zwischen den Sternen und müssen uns ein ganz neues Kalendersystem ausdenken…
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