Auf meiner Zeitreise entlang der Donau habe ich schon einen keltischen Kalender aus der Eisenzeit in Donaueschingen, die astronomischen Grundlagen des Kalenderwesens in Sigmaringen, die Relativität in Ulm und die Entstehung der 24-Stunden-Zählung in Donauwörth entdeckt.
Heute gings weiter die Donau hinab – und ich muss sagen, dass ich vom deutschen Donauradweg bis jetzt ein wenig enttäuscht bin. Ab und zu gibt es schöne Abschnitte – aber meistens fährt man weitab der Donau über Felder und leider auch oft Berge hinauf und wieder runter. Die Strecke führt entlang von Landstraßen und durch Industriegebiete. So einen Anblick hab ich mir nicht vorgestellt, als ich mich entschlossen habe, die Donau lang zu radeln:
Und da ich heute ne besonders lange Etappe vor mir hatte, blieb mir auch nicht recht viel Zeit, abseits des Radwegs die Städte anzuschauen. Den Astronomiepark in Ingolstadt musste ich auslassen; habe aber stattdessen diesen Kreis fotografiert, der neben der Donau stand (keine Ahnung, warum):
Die letzte Etappe der Strecke war dann aber netterweise besonders schön und ich konnte sie mit dem Schiff zurücklegen. Kurz vor Kelheim ist das Naturschutzgebiet des Donaudurchbruchs bei Weltenburg und die Schifffahrt lohnt sich wirklich. Es schaut nicht nur schön aus und es gibt nicht nur gutes Bier aus der Klosterbrauerei. Man fährt außerdem mitten durch einen ehemaligen Meteoritenkrater (bei Wipfelsfurt, obwohl nicht wirklich geklärt ist, ob das stimmt und ob diese Gegend tatsächlich vor 15 Millionen Jahren vom Ries-Impakt betroffen war).
Mein Tagesziel für heute ist auf jeden Fall Kelheim. Dort treffe ich gemeinsam mit der Donau auf den Main-Donau-Kanal und den Ursprung der modernen Zeitrechnung gestoßen.
Der Main-Donau-Kanal ist noch relativ jung; er wurde zwischen 1960 und 1992 gebaut. Einen Kanal gab es dort aber schon viel früher. Im Jahr 1826 wurde der Ludwigskanal gebaut der von Kelheim bis zum Main in Bamberg führte und den man hier rechts auf dem Bild sehen kann, das ich gemacht habe, kurz bevor mein Schiff in Kelheim angelegt hat:
Im 19. Jahrhundert war die industrielle Revolution auch in Deutschland angekommen und der Handel zwischen fernen Städten wurde immer wichtiger. Mit Eisenbahnen und Schiffen konnten Güter viel schneller von einem Ort zum anderen transportiert werden – vorausgesetzt natürlich, es gab entsprechende Strecken und Kanäle wie den Ludwigskanal.
Diese erste Phase der Globalisierung hat die Welt aber nicht nur enger zusammenwachsen lassen, sondern auch dafür gesorgt, dass wir Menschen uns zum ersten Mal Gedanken über eine globale Zeitmessung machen mussten. Früher war die Sache einfach. Jede Stadt hatte ihre eigene Zeit. Es war eine der wichtigsten Aufgaben der damaligen Astronomen, die für den jeweiligen Standort genaue lokale Zeit zu bestimmen. 12 Uhr Mittag war immer dann, wenn die Sonne den höchsten Punkt am Himmel über der Sternwarte erreicht hatte. Dass das in jeder Stadt zu einem anderen Zeitpunkt passiert, hat niemanden gestört. Warum auch – wenn es ein paar Tage Fußmarsch braucht, um von einer Stadt in die nächste zu gelangen, dann spielt es keine Rolle, dass der Mittag dort ein paar Minuten früher oder später stattfindet als zu Hause. Fortbewegung und Kommunikation fand langsam genug statt, so dass die Zeitunterschiede nicht ins Gewicht fielen.
Aber als dann die Eisenbahnen die Städte verbanden und man schnell durchs Land reisen konnte, wurde die Sache kompliziert. Eine Bahnlinie braucht Fahrpläne. Aber welche Zeit sollte in diesen Fahrplänen verwendet werden? Oft hingen an den Bahnhöfen der damaligen Zeit zwei oder drei Uhren, die verschiedene Zeiten anzeigten: Einmal die lokale Zeit der jeweiligen Station, einmal die “offizielle” Zeit der jeweiligen Bahnlinie und oft auch noch die lokale Zeit der nächstgrößeren Stadt. Unterschiedliche Bahnlinien verwendeten unterschiedliche Zeiten, alles war ziemlich chaotisch und es war klar, dass hier etwas geschehen musste.
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