In der Wissenschaft wird es immer besonders spannend, wenn man etwas entdeckt, mit dem man absolut nicht gerechnet hat. Natürlich ist es auch schön, etwas zu finden, das jemand vorhergesagt hat (wie es zum Beispiel beim Higgs-Teilchen der Fall war). Aber wenn sich das Universum nicht so verhält, wie man es angenommen hatte, dann ist das oft ein Zeichen dafür, dass man etwas wirklich Neues entdeckt hat. Und das, was die beiden britischen Astronomen Bryan Rees und Albert Zijlstra kürzlich veröffentlicht haben, könnte vielleicht genau so etwas sein.
Rees und Zijlstra haben planetare Nebel untersucht. Trotz des Namens haben diese Objekte nichts mit Planeten zu tun (und auch nicht wirklich etwas mit Nebel). Ein planetarischer Nebel entsteht, wenn ein Stern stirb. Große Sterne beenden ihr Leben in einer großen Explosion; einer Supernova. Kleinere Sterne wie unsere Sonne gehen es ein wenig ruhiger an. Wenn ihnen der Brennstoff ausgeht, dann blähen sie sich auf und werden zu einem roten Riesen. Sie stoßen die äußeren Schichten ihrer Atmosphäre ins All und am Ende bleibt nur ein kleiner weißer Zwerg (ungefähr so groß wie die Erde) übrig, der von einer expandierenden Schale aus Gas umgeben ist. Das ist ein planetarer Nebel und so können diese Objekte aussehen:
Die Nebel können verschiedene Formen haben und es ist noch nicht ganz klar, welche Faktoren die Form bestimmen. Es kommt darauf an, wie sich der Stern am Ende seines Lebens verhält; wie die Umgebung aussieht; ob es andere Sterne in der Nähe gibt die mit ihrer Gravitation die Form beeinflussen; und so weiter. Die Nebel im obigen Bild gehören alle zur Gruppe der bipolaren Nabel und zeigen eine zweiachsige Struktur.
Normalerweise würde man davon ausgehen, dass die Achsen dieser bipolaren Nebel keine spezielle Orientierungen zeigen. Es gibt keinen Grund, warum unterschiedliche Nebel ihre Achse in die gleiche Richtung orientieren sollten. Und doch haben Rees und Zijlstra genau das beobachtet (“Alignment of the Angular Momentum Vectors of Planetary Nebulae in the Galactic Bulge”). Sie haben 130 planetarische Nebel im galaktischen Bulge untersucht; also die ungefähr 16.000 Lichtjahre durchmessende zentrale sphärische Region unserer Milchstraße. Bei all diesen Nebeln haben sie die Orientierung gemessen und ein interessantes Ergebnis gefunden:
Dieses Diagramm zeigt oben die Ausrichtung aller Nebel, die untersucht worden sind. Wie zu erwarten war, gibt es keine wirklich ausgezeichnete Richtung; die Nebel sind mal so und mal so orientiert. Das untere Diagramm dagegen zeigt nur die bipolaren Nebel und hier ist eine deutliche Asymmetrie zu erkennen. Die Ausrichtung der Nebel stimmt in etwa mit der Richtung der Ebene der galaktischen Scheibe überein. Rees hat die Entdeckung in einer Pressemitteilung der Europäischen Südsternwarte kommentiert:
“Die Ausrichtung, die wir für diese bipolaren Nebel beobachten, deutet darauf hin, dass an Sternsystemen innerhalb des Bulge irgendetwas skurril ist. Damit sie sich so aufreihen, wie wir das beobachten, muss die Rotation der Sternsysteme, die sie gebildet haben, senkrecht zu den interstellaren Wolken gewesen sein, aus denen sie entstanden sind, was sehr merkwürdig ist.”
Bisher dachte man, dass es vor allem die nähere Umgebung des Sterns ist, die seine Form bestimmt; also ob es sich um ein Doppel- oder Mehrfachsternsystem handelt oder nicht. Die neuen Ergebnisse zeigen aber nun, dass interstellare Magnetfelder eine wichtigere Rolle spielen, als man bis jetzt annahm. Denn auch ein Magnetfeld kann die Form beeinflussen, die ein Nebel hat. Das Gas aus dem Sterne entstehen ist nicht immer elektrisch neutral sondern kann auch ionisiert und damit geladen sein. Ein Magnetfeld kann die geladenen Gasteilchen beeinflussen und so Einfluss auf die Sternentstehung nehmen. Im Bulge ist die Sternendichte viel höher als in den dünn besiedelten äußeren Bereichen der Milchstraße, in denen sich auch die Sonne befindet. Das kombinierte Magnetfeld des Bulges kann daher auch für einen größeren Einfluss auf die Entstehung von Sternen sorgen. Rees und Zijlstra schlagen einen Mechanismus vor, nach dem sich die Sterne bei ihrer Entstehung aus den großen interstellaren Wolken am Magnetfeld des Bulges orientieren. Das Magnetfeld sorgt dafür, dass die Ebenen, in der sich die Komponenten von Doppelsternsystemen umeinander bewegen bevorzugt in der gleichen Richtung orientiert sind. Da Doppelsterne auch für die meisten bipolaren Nebel verantwortlich sind, beeinflusst das später auch die Orientierung der Nebelachsen.
Ob das tatsächlich so ist oder ob etwas ganz anderes hinter dieser Beobachtung steckt, wird erst weitere Forschung zeigen können. Aber die Entdeckung von Rees und Zijlstra ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Sterne in einer Galaxie trotz der großen Abstände zwischen ihnen nicht unabhängig voneinander existieren. Eine Galaxie ist nicht einfach nur ein großer Haufen aus Sternen, sondern ein komplexes System, dessen Komponenten sich gegenseitig beeinflussen. Es gibt noch viel zu verstehen…
Kommentare (17)