Wenn Wasser aufwärts durch ein Labyrinth fließt, dann hat das etwas mit dem Leidenfrost-Effekt zu tun. Der ist nach dem Mediziner Johann Gottlob Leidenfrost benannt, der das Phänomen im 18. Jahrhundert beschrieben hat. Ihr könnt es aber auch leicht selbst ausprobieren: Lasst einfach einen Tropfen Wasser auf die heiße Herdplatte oder in die heiße Pfanne fallen. Ihr werdet sehen, wie der Tropfen zuerst noch ein wenig hin und her saust, bevor er verdampft. Damit das klappt, muss die Temperatur hoch genug sein – aber dann kann tolle Dinge anstellen!

Fällt der Wassertropfen auf die sehr heiße Herdplatte, dann bildet sich sofort eine Dampfschicht, die den Rest des Tropfens noch eine Zeit lang isoliert und ihn so langsamer verdampfen lässt als es normalerweise der Fall wäre. Auf seinem Dampf-Luftkissen saust er dann noch ein bisschen herum, bevor er dann schließlich doch zu heiß wird. Der gleiche Effekt erlaubt es einem auch, sich flüssigen Stickstoff über die Hand zu leeren. Der Stickstoff ist über 200 Grad kälter als die Hand bei Zimmertemperatur und auch er verdampft sofort, wenn er die aus seiner Sicht brennend heiße Handfläche berührt. Wir kommen also nicht direkt mit dem kalten Stickstoff in Kontakt sondern werden durch eine Dampfschicht geschützt. Ich erinnere mich auch noch an eine Folge von “Mythbusters” wo die Typen einen nassen Finger in einen Topf voll flüssigem Blei gesteckt haben und dank des Leidenfrost-Effekts ebenfalls ohne Verletzungen davon gekommen sind.

Zwei Studenten an der Universität Bath in Großbritannien haben den Leidenfrost-Effekt aber noch ein bisschen spektakulärer in Szene gesetzt. Sie haben untersucht, was passiert wenn man Wassertropfen auf unterschiedlich strukturierte heiße Oberflächen fallen lässt. Dabei haben sie festgestellt, dass die Wahl der Oberfläche die Bewegung des Tropfens beeinflusst. Tropft das Wasser auf eine gezahnte Oberfläche, dann kann es sogar aufwärts fließen. Je schärfer die Zähne, desto steiler ist die Steigung, die das Wasser bewältigen kann.

Warum das so ist, weiß man noch nicht genau. Die Dynamik eines Tropfens auf so einer speziellen Oberfläche ist knifflig zu verstehen und es spielen so viele verschiedene Faktoren eine Rolle, das man sie noch nicht komplett aufgedröselt hat. Wer Lust hat, kann sich die wissenschaftliche Publikation zu diesem Phänomen ansehen (“Enhanced Droplet Control by Transition Boiling”). Aber egal ob man weiß, warum das so ist oder nicht: Das Video, das die Bewegung der Wassertropfen zeigt, ist großartig!

Man kann also auch als einfacher Physik-Student etwas entdecken, was nicht nur bisher noch keiner erklären kann, sondern auch extrem cool ist!

Kommentare (14)

  1. #1 Stefan W.
    https://demystifikation.wordpress.com
    10. September 2013

    Extrem hot, wenn schon. 🙂

    Es gibt auch einen – nun ja, nicht gegenteiligen Effekt, und zwar ein böses Kneipenspiel. Man bietet jmd. einen großen Schein an, wenn er diesen um den Arm wickelt, und mit der Zigarette ein Loch hinein brennt.

    Die Haut unter dem Schein transportiert die Hitze so schnell ab, dass man nicht die nötige Temperatur erreicht, um ein Loch ins Papier zu brennen. Stattdessen zieht man sich aber bei hohen Scheinen großflächige Verbrennungen zu.

  2. #2 Piepsi
    10. September 2013

    Klasse! Aber warum juckt’s mich jetzt, meinen Herd anzuwerfen? 🙂

  3. #3 Ludmila
    https://scienceblogs/de/planeten
    10. September 2013

    @Piepsi: Du auch 🙂 Das ist das Erste, was ich heute abend machen werde, wenn ich nach Hause komme 🙂

  4. #4 Piepsi
    10. September 2013

    😀

  5. #5 Waaahsabi
    10. September 2013

    Ich vermute, der Tropfen bewegt sich auf den Zähnen so, da die größte Kontaktfläche nicht horizontal, sondern geneigt ist, und sich so ein schräg vorwärts gerichtetes Dampfkissen bildet, das den Tropfen nach vorne (entgegen der Zahnung) drückt. Der Zahn selbst bietet kaum Fläche so dass der Tropfen eher darüberrollt, bis zur nächsten größeren Fläche etc etc.

    Man kann das in dem Video eigentlich gut erkennen. Warum weiss man das nicht genau? So komplex sieht das für mich nicht aus.

  6. #6 Waaahsabi
    10. September 2013

    Die Erklärung, warum der Tropfen in eine Richtung läuft, ist doch gut zu erkennen. Pro Zahn gibt es eine grosse Flaeche, die noch dazu geneigt ist, und auf der der Tropfen ein gerichtetes Dampfkissen erzeugt. Dies drueckt den Tropfen ueber den Zahn, usw usf. Der Grund, dass der Tropfen sich nicht im Zahn verfaengt liegt wieder am Dampfkissen. Insofern eigentlich doch nicht so schwer zu erklaeren, oder?

  7. #7 Florian Freistetter
    10. September 2013

    @Waaahsabi: ” Insofern eigentlich doch nicht so schwer zu erklaeren, oder?”

    Lies mal das verlinkte paper – da spielen noch ein paar mehr Effekte mit, die man beschreiben muss.

  8. #8 Waaahsabi
    10. September 2013

    Whoops, das paper hatte ich unbewusst ignoriert. (Sorry fuer das Doppelposting, darf gerne gelöscht werden).

  9. #9 Yeti
    10. September 2013

    A propos Mythbusters:
    https://www.youtube.com/watch?v=UZio0f7fP04
    Der steckt fast die ganze Hand in geschmolzenes, sehr heisses (200°F über Schmelzpunkt) Blei.
    Aber erst nachdem die das mit einem Siedewürstchen vorher getestet haben.

  10. #10 rolak
    10. September 2013

    Intuitiv würde ich Waaahsabi zustimmen… Reicht mir auch als Erklärung; falls einer es genau wissen will, bekommt er die url zum paper ans Knie getackert.

    Was ich allerdings genau weiß, ist daß schon die Kleinkind-Ausgabe von mir von diesem Effekt ganz begeistert war. Nach dem Entdecken direkt nochmal – und nochmal — und erst mal Wasser nachholen — und als dann geraume Zeit Muttern in die Küche kam, gabs einigen Ärger, weil dort eine Atmosphäre wie in der Sauna war.
    Wenn mir heutzutage beim Kochen was überläuft bzw danebenplumpst und die Platte schnell sauber gemacht werden muß, drohe ich ab+zu wieder in reinen Spieltrieb zurück zu fallen. {Schwamm nässen, {tropfen}}

  11. #11 Yeti
    10. September 2013

    @#10 rolak:
    Geht mir ganz genauso! Jedesmal, wenn mir Nudeln überkochen, muss ich mich mit der Spielerei beherrschen …
    PS: Das mit dem Blei würde ich gerne mal testen

  12. #12 PDP10
    10. September 2013

    Wie geil ist das denn!?!

    Heisses (im wahrsten Sinne) Video!

  13. #13 Basilius
    Nyaruratohotepu
    11. September 2013

    Das Video ischt kuuhl Mään!

  14. #14 capt vimes
    13. September 2013

    @florian:
    “Lies mal das verlinkte paper – da spielen noch ein paar mehr Effekte mit, die man beschreiben muss.”

    ich habe das paper jetzt nur überflogen, aber da spricht jetzt gar nichts gegen waashsabis prinzipielle aussage…
    der dampfdruck arbeitet nun mal in alle richtungen und da er gegen die oberfläche nicht ausweichen kann, entsteht eine resultierende kraft normal zur oberfläche…
    das hebt 1tens den tropfen von der oberfläche und gibt ihm 2tens bei solch gezahnten auch noch eine richtungskomponente…
    auch die direktionale (links-rechts) kraft durch die imperfekte oberfläche lässt sich damit recht gut erklären und auch, dass all diese kräfte – auf den tropfen betrachtet – in ihrer stärke temperaturabhängig sind…
    je höher die temp – desto geringer der effekt bzw wirkt sich der durch die mikrofeinen kanäle in der oberfläche unterschiedlich aus…

    sehe da jetzt nicht wirklich etwas unverstänliches… berechnen könnte ich es aber natürlich nie und nimmer… 😉