Über vier Jahre lang hat der Satellit GOCE (Gravity field and steady-state ocean circulation explorer) der Europäischen Weltraumagentur ESA die Erde aus dem Weltall beobachtet. Das knapp 300 Millionen Euro teure Gerät hat das Schwerefeld der Erde vermessen und die Meeresströmungen in den Ozeanen untersucht. Diese Aufgabe hat GOCE wunderbar erfüllt und jetzt nähert er sich dem Ende seiner Karriere. Demnächst wird er wieder zurück auf die Erde fallen.
Aber warum eigentlich? Er ist doch im Weltall – da sollte er doch schwerelos sein und nicht wieder auf die Erde fallen, oder? Nun ja. Natürlich gibt es auch im Weltall Gravitation. Im Bereich der erdnahen Satelliten hat man sich gerade mal ein paar hundert Kilometer von der Erdoberfläche entfernt und die Stärke der Gravitationskraft ist nur unwesentlich geringer geworden. Die Satelliten werden immer noch von der Erde angezogen. Aber sie fallen nicht nur “runter”, sie fallen auch mit hoher Geschwindigkeit “zur Seite” (wir haben sie ja mit enorm schnellen Raketen ins All gebracht und ihnen so eine ebenso enorme Geschwindigkeit mitgegeben). Der Satellit befindet sich im “freien Fall” und fällt zwar ständig, aber eben nicht auf die Erde sondern um die Erde herum.
Und im Prinzip könnte er das für immer und ewig tun wenn es keine Kraft gäbe, die ihn bremsen würde. Im erdnahen Bereich gibt es die aber. Denn auch wenn wir die Region schon als “Weltraum” bezeichnen ist sie nicht völlig leer. Die Atmosphäre unserer Erde wird zwar ab circa 100 Kilometer Höhe ziemlich dünn, verschwindet aber nicht komplett. Die erdnahen Satelliten in ein paar hundert Kilometer Höhe spüren immer noch ein bisschen von der Lufthülle der Erde und die Reibung mit der Restatmosphäre bremst sie. Sie verlieren Energie und wenn man nichts dagegen tut, nähern sich der Erde immer weiter an. Das gilt nicht nur für Satelliten sondern für alles, was sich dort oben bewegt – zum Beispiel auch die Internationale Raumstation ISS. Sie muss regelmäßig wieder angehoben werden. Dieses Diagramm zeigt die Flughöhe der ISS zwischen 1999 und 2009 und man erkennt deutlich die vielen Sprünge, bei denen die Station wieder auf eine höhere Bahn gehoben wurde (was meistens passiert, wenn gerade irgendeinen Raumfahrzeug angedockt ist, dass die ganze Station dann wieder ein bisschen von der Erde weg schiebt):
Auch GOCE befindet sich in der gleichen Gegend wie die ISS und fliegt in 283 Kilometer Höhe um die Erde. Jetzt geht ihm aber langsam der Treibstoff aus und seine Bahn kann nicht mehr dauerhaft korrigiert werden, wie das Satellitenkontrollzentrum der ESA bekannt gibt:
Mission team at #ESOC estimates #GOCE fuel depletion soon; ion propulsion could end 19.10 https://t.co/8b762bhYcm
— ESA Operations (@esaoperations) October 14, 2013
Man schätzt dass der Satellit in zwei bis drei Wochen endgültig zurück auf die Erde fallen wird. Das klingt gefährlich – immerhin wiegt das Teil mehr als eine Tonne! – ist es aber nicht wirklich. Es fällt dauernd irgendein Weltraumschrott auf die Erde (Weihnachten 2011 gabs zum Beispiel ein schönes Ereignis). Fast jede Woche kommt es runter, von dem man vorher weiß und jede Menge Kleinkram fällt auch zurück zur Erde ohne das man die Teile vorher registriert und verfolgt hat. Und immer wieder sind auch mal größere Satelliten dabei. 2011 waren es zum Beispiel gleich zwei große Satelliten, die abgestürzt sind: UARS und ROSAT.
So ein Satellit zerbricht natürlich beim Absturz und die Bruchstücke verglühen zum Teil in der Atmosphäre. Ein paar Trümmer können den Erdboden erreichen aber selbst dann ist die Chance gering, dass Menschen zu Schaden kommen. Die Erdoberfläche besteht zu zwei Dritteln aus Ozean und auch die Landfläche ist zum größten Teil unbesiedelt. Es wäre schon ein enorm großer Zufall, wenn einem ein Satellitentrumm in den eigenen Vorgarten fällt…
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