Agamemnon hat einen Mond! Nein, nicht der mythische König von Mykene. Und auch nicht das Kriegsschiff der Royal Navy. Ich meine den Asteroiden (911) Agamemnon bei man die Existenz eines kleinen Mondes entdeckt hat.
Agamemnon ist ein besonderer Asteroid. Er ist ein Trojaner. So nennt man eine spezielle Gruppe von Asteroiden die sich ihre Bahnen mit dem großen Gasriesen Jupiter teilen (ich habe hier mehr darüber geschrieben). Agamemnon ist der zweitgrößte der Trojaner und hat eine Durchmesser von 167 Kilometern. Er wurde 1919 vom deutschen Astronom Karl Wilhelm Reinmuth entdeckt (der insgesamt phänomenale 395 Asteroiden entdeckt hat!). Und am 19 Januar 2012 zog Agamemnon von der Erde aus gesehen genau am Stern HIP 41337 vorbei. Der Stern wurde vom Asteroid für 10,4 Sekunden verdunkelt und viele Astronomen beobachteten dieses Ereignis.
Das macht man nicht nur aus Spaß an der Freude sondern auch, um etwas daraus zu lernen. Eine genaue Analyse einer Sternbedeckung kann zum Beispiel einiges über die Form eines Asteroiden verraten und auch seine exakte Größe lässt sich so sehr gut bestimmen. Zur Beobachtung einer Sternbedeckung braucht es auch keine riesigen Teleskope und keine komplizierte Technik. Es sind daher oft die Hobby-Astronomen, die sich solchen Beobachtungen widmen und auch am 19. Januar 2012 standen viele von ihnen hinter dem Teleskop. Einer davon ist Steven Conard vom Willow Oak Observatory in Maryland in den USA. So wie alle anderen hat auch er beobachtet, wie sich der Stern HIP 41337 zur vorhergesagten Zeit kurz verdunkelte. Im Gegensatz zu den anderen Beobachtern zeigten seine Daten aber eine zweite Verdunkelung des Sterns. So sehen seine Daten aus:
Man sieht, wie sich die Helligkeit des Sterns im Laufe der Zeit ändert. Zuerst kommt die große Verdunkelung, die auch erwartet wurde. Danach folgt aber noch eine kürzere, zweite Verdunkelung mit der niemand gerechnet hat. Steven Conard und seine Kollegen vermuten, dass sie von einem Satelliten des Asteroiden verursacht worden ist (“Occultation Evidence for a Satellite of the Trojan Asteroid (911) Agamemnon”).
Die Beobachtungsdaten passen zu einem ungefähr 5 Kilometer großen Brocken der Agamemnon in knapp 278 Kilometer Abstand umkreist. Asteroiden mit Monden sind nicht so ungewöhnlich wie man denken mag. Wir kennen schon mehr als 200 von ihnen und wenn man sich überlegt, wie Asteroiden aufgebaut sind, ist das auch nicht verwunderlich. Die Kleinkörper sind nicht einfach nur solide Felsbrocken sondern oft ein lose zusammenhängendes Konglomerat aus verschiedenen Gesteinsstücken und Staub. Wenn sich dann die Rotationsgeschwindigkeit eines Asteroiden erhöht (zum Beispiel durch den YORP-Effekt) können sich einzelne Brocken lösen und zu Satelliten werden. Auch bei den Trojanern kennt man schon Monde: (624) Hektor, der größte der Trojaner-Asteroiden, hat einen 10-15 Kilometer großen Satelliten.
Es ist natürlich schwer, exakte Aussagen aus nur einer Beobachtung abzuleiten. Es gab auch noch vier andere Beobachtungen der Sternbedeckung, die keine zweite Verdunkelung gesehen haben. Das lag an der Beobachtungsposition beziehungsweise der verwendeten Technik. Bis zu einer unabhängigen Bestätigung der Entdeckung besteht natürlich auch noch die Chance, dass die Beobachtung der zweiten Verdunkelung selbst fehlerhaft war beziehungsweise andere Ursachen hat als einen Mond. Aber momentan sieht es ganz so aus, als wäre Agamemnon auf seinem Weg durchs All nicht alleine. Hier kann man der Bedeckung übrigens direkt zu sehen – beide Verdunkelungen sind gut zu erkennen:
Bei solchen Entdeckungen wünsche ich mir ja immer, ich könnte das mit eigenen Augen sehen. Es wäre sicherlich enorm cool, wenn man mitten im All auf einem knapp 200 Kilometer großen Asteroiden steht und einem 5-Kilometer-Brocken bei seinen Runden zu sehen kann. Aber das wird wahrscheinlich so schnell nicht möglich sein. Na ja – vielleicht gibt es wenigstens irgendwann mal Bilder einer Raumsonde…
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