Gestern wurde in Äthiopien das Entoto Space Observatory Centre eröffnet. Die Sternwarte liegt auf 3200 Meter im Abessinischen Hochland und ist mit zwei optischen Teleskopen der deutschen Firma Astelco ausgestattet. Sie wird von der Ethiopian Space Science Society (ESSS) betrieben und ist die größte Sternwarte Ostafrikas. Es gibt anderswo in Afrika zwar einige Radioteleskope aber optische Geräte die wissenschaftlich genutzt werden findet man (meines Wissens nach) sonst nur noch in Südafrika. Mit dem South Afican Large Telescope (SALT) und seinem 10-Meter-Spiegel kann die äthiopische Sternwarte allerdings nicht mithalten; die Spiegel dort sind nur jeweils einen Meter groß. Aber auch damit kann gute wissenschaftliche Forschung betreiben, vor allem wenn die Bedingungen so gut sind wie im Hochland über Addis Abeba. Aber: Ist das nicht eine äußerst dumme Geldverschwendung? Sollte eines der ärmsten Länder der Welt tatsächlich Geld für den Bau einer Sternwarte ausgeben?
Ja. Auf jeden Fall. Die Wissenschaft muss sich den Vorwurf der Geldverschwendung immer wieder anhören und so gut wie immer ist er völlig unbegründet. Natürlich erscheint es auf den ersten Blick ein wenig seltsam, dass sich ein Land wie Äthiopien eine 2,5 Millionen Euro teure Sternwarte leistet. Aber meiner Meinung nach ist das eine äußerst gute Idee, gerade weil es sich um ein Land wie Äthiopien handelt!
Die klassische Entwicklungshilfe ist eine Sache (und nicht immer funktioniert sie so, wie sie funktionieren soll). Aber am Ende kann sich ein Land nur selbst helfen und der beste Weg zu einer besseren Gesellschaft ist meiner Meinung nach eine Förderung der Bildung. Das sagt auch Solomon Belay, der Direktor der Sternwarte in einem Bericht der FAZ.
“Unser Ziel ist es, Wissenschaft für Wandel zu benutzen, für reduzierte Armut, eine große Forschungsgemeinschaft, die auch international vernetzt ist.”
Mangelnde Bildung ist der Ursprung von vielen großen Probleme. Je besser eine Gesellschaft ausgebildet ist, desto mehr Chancen gibt es für die Menschen. Wenn in einem Land 65 Prozent der Menschen Analphabeten sind, dann gibt es wenig Möglichkeiten für einen Wandel. Natürlich wird eine einzelne Sternwarte das Land nicht von heute auf morgen transformieren. Aber es ist definitiv ein Anfang. Und das sage ich nicht nur, weil ich selbst Astronom und voreingenommen bin. Es wäre eine genau so gute Idee gewesen, ein Zentrum für biologische Forschung zu bauen, eine geologische Forschungsstation oder irgendein anderes wissenschaftliches Projekt umzusetzen. Aber gerade die Astronomie eignet sich wunderbar, um die Menschen für Wissenschaft und Bildung zu interessieren.
Mit einer modernen und professionellen Sternwarte hat Äthiopien den Anschluss an die wissenschaftlichen Strukturen der restlichen Welt geschaffen. Wissenschaftler können nun im eigenen Land ausgebildet werden. Letztes Jahr ist Äthiopien als fünftes afrikanisches Land der Internationalen Astronomischen Union beigetreten. Und die Sternwarte soll nicht nur für wissenschaftliche Forschung benutzt werden, sondern auch zur Öffentlichkeitsarbeit. Schon vor ein paar Jahren hat die ESSS eine astronomische Ausbildung für Lehrer durchgesetzt und Astronomie auf die Lehrpläne der Schulen gesetzt. Jetzt gibt es auch ein Zentrum für die astronomische Öffentlichkeitsarbeit an dem Kinder und Jugendliche aus erster Hand etwas über das Universum lernen können. Eine lebendige und aktive Wissenschaft ist für Solomon Beley eine Voraussetzung für die Weiterentwicklung des Landes.
Man hofft in Äthiopien einen Astronomie-Tourismus aufzubauen, wie er zum Beispiel schon in Namibia existiert. Das ESSS plant aber auch den Start eines äthiopischen Satelliten in den nächsten Jahren. Von dem wird man sich zwar vermutlich nicht sofort revolutionäre wissenschaftliche Erkenntnisse erwarten – aber die Industrie des Landes wird davon sicherlich profitieren.
Die 2,5 Millionen für das Entoto Space Observatory Centre ist gut investiertes Geld (das übrigens nicht von der Regierung kommt sondern von privaten Investoren aufgebracht wurde). Es ist vor allem eine dauerhafte Investition die nicht nur kurzfristig ein paar Probleme scheinbar löst sondern die Chance auf eine nachhaltige Veränderung des Landes bietet. Ich wünsche der neuen Sternwarte viel Erfolg (und hätte große Lust, sie mir mal aus der Nähe anzusehen…)
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