Heute ist nicht nur der erste Weihnachtsfeiertag. Heute ist auch der Geburtstag von Isaac Newton. Er wurde (nach dem damaligen julianischen Kalender) am 25. Dezember 1642 geboren. Ob er nun der größte Physiker aller Zeiten war oder doch noch von Albert Einstein übertroffen wird, ist nicht so wichtig. Newton war auf jeden Fall eine der wichtigsten Personen in der Geschichte der Menschheit und man sollte seinen Geburtstag eigentlich viel intensiver feiern. Unsere moderne Welt hat er auf jeden Fall mindestens so stark beeinflusst wie der Zimmermann aus Galiläa, dem jedes Jahr eine riesige Party geschmissen wird…
Isaac Newton war ein sehr vielschichtiger Mensch; er war nicht nur ein großer Physiker sondern hat sich auch mit Alchemie beschäftigt – obwohl seine okkulten Abenteuer meistens ein wenig übertrieben werden; Newton war an sich kein abergläubischer Mensch, lehnte Astrologie & Co ab und dass er sich zu einer Zeit, als eine klare Trennung zwischen Chemie und Alchemie noch nicht vorhanden war mit diesem Thema beschäftigt hat, kann man ihm nicht vorhalten.
Seine großen wissenschaftlichen Leistungen hat Newton schon früh in seinem Leben erbracht. Newton wurde aber 85 Jahre alt und hat den Rest seines Lebens nicht untätig verbracht. Die letzten 31 Jahre vor seinem Tod verbrachte er als “Warden of the Royal Mint” und war für die Münzprägung des Königreichs verantwortlich. In dieser Zeit musste er sich mit Falschmünzern herumschlagen und regelrecht Detektiv spielen (wer mehr darüber wissen will, soll das Buch “Newton and the Counterfeiter” lesen) um die britische Währung vor den kriminellen Ambitionen diverser Verbrecher zu schützen.
1705 wurde Isaac Newton zum Ritter geschlagen und durfte sein eigenes Wappen führen. Es sieht auf den ersten Blick ein wenig ungewöhnlich aus:
Zwei gekreuzte Knochen auf schwarzem Grund… War Newton nicht nur Physiker sondern auch Pirat? Nein, die Knochen wurden schon vorher in den Wappen anderer adeliger Newtons (die weitläufig mit Isaac Newton verwandt waren) verwendet und sind anscheinend ein Zeichen für militärische Tapferkeit. In der Sprache der Heraldik wird Newtons Wappen so beschrieben:
“Sable, two shinbones in saltire, the dexter surmounted of the sinister argent.”
“Sable” steht in der Heraldik für die Farbe schwarz. Die “shinbones” sind die Knochen und sie sind “argent”, also weiß. Und der “sinister” Knochen liegt dabei über dem “dexter” Knochen, soll heißen der Knochen der von rechts oben nach links unten verläuft liegt vorne. “Sinister” hat dabei allerdings nicht die Bedeutung von “böse” oder “unheimlich” (Ja, ich hab in der Überschrift des Dramas wegen geschummelt) sondern steht für “linksseitig” und “dexter” heißt “rechtsseitig” (so wie in den italienischen Wörtern “sinistra” und “destra” für links und rechts).
Die Anordnung der Knochen in Newtons Wappen ist ein schönes Beispiel für die “Chiralität”. Die Knochen liegen so wie die Schneiden bei einer Schere für Linkshänder und egal was man mit dieser Schere anstellt; wie man sie dreht und wendet: man wird es nicht hinbekommen, dass sie wie eine Schere für Rechtshänder aussieht. Diese Chiralität spielt in der Natur eine erstaunlich große Rolle. Zum Beispiel bei der CP-Verletzung in der Teilchenphysik. Eigentlich sollten die Gesetze der Teilchenphysik symmetrisch sein, das heißt es sollte sich nichts ändern, wenn man alle Teilchen durch ihre Antiteilchen ersetzt und gleichzeitig alle Koordination im Raum spiegelt. Das ist aber nicht so, denn wie man in den 1950er Jahren herausfand, wirkt die schwache Kernkraft (die beim Zerfall von Teilchen eine wichtige Rolle spielt) nur auf “linkshändige” Teilchen (das bezieht sich auf den Spin von Teilchen und auch wenn man ihn sich immer wie eine Rotation der Teilchen in die einer oder andere Richtung vorstellt handelt sich eigentlich um was ganz anderes; das spielt aber jetzt keine Rolle) bzw. auf “rechtshändige” Antiteilchen. Die Verletzung der CP-Symmetrie durch die schwache Kernkraft ist durchaus relevant für das Universum, denn sie ist vermutlich der Grund dafür, warum es nach dem Urknall ein wenig mehr Teilchen als Antiteilchen gab und sich die gesamte Materie nicht sofort in Strahlung verwandelt hat. Ein bisschen was blieb übrig und aus diesem “bisschen” besteht heute alles, was vorhanden ist.
Von Teilchenphysik wusste Newton damals noch so gut wie nichts – aber er wäre sicher erfreut gewesen, wenn er wüsste, dass sich die fundamentalen Prinzipien des Universums auch in seinem Wappen wiederspiegeln! Und wer mehr über Newtons Wappen und die Chiralität erfahren will, dem empfehle ich den Artikel “Isaac Newton’s sinister heraldry” von Alejandro Jenkins von der Universidad de Costa Rica, durch den ich überhaupt erst auf die Idee gekommen bin, diesen Artikel zu schreiben.
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