Auf dem Mond ist ein Asteroid eingeschlagen. Das ist erst mal nicht weiter außergewöhnlich. Immerhin muss man sich den Mond nur ansehen um dort einen Krater neben dem anderen zu finden. Seit der Mond vor 4,5 Milliarden Jahren durch eine Kollision entstanden ist, haben die Kollisionen sein Aussehen geprägt. Der Asteroid, der dort am 11. September 2013 eingeschlagen ist, ist aber trotzdem bemerkenswert. Einmal, weil es ein Video der Kollision gibt – und dann, weil es die bisher energiereichste Kollision war, die man beobachten konnte. Der Lichtblitz beim Einschlag war heller als alle zuvor und dauerte länger, als alles was man bisher gesehen hatte.
Beobachtet haben die Kollision spanische Wissenschaftler von MIDAS (Moon Impacts Detection and Analysis System). So sah es aus:
Hier gibt es noch eine längere Video-Erklärung. Der Einschlag selbst ist aber auf dem Video oben gut zu sehen. Man hätte ihn sogar mit freiem Auge sehen können, wenn man im richtigen Moment zum Mond gesehen hätte. Die Wissenschaftler haben diese Daten genutzt, um die Parameter des Impakts genau zu bestimmen (“A large lunar impact blast on September 11th 2013”). Aus der Helligkeit des Lichtblitzes kann man die Energie berechnen, die beim Einschlag frei wurde. Das waren knapp 15 Tonnen TNT-Äquivalent. Das ist vergleichsweise wenig und ungefähr so viel, wie die stärksten konventionellen Bomben der Armeen schaffen. Die Atombombe von Hiroshima hatte dagegen schon ein TNT-Äquivalent von 13000 Tonnen und bei den modernen Atomwaffen sind es über eine Megatonne.
Der Asteroid der auf dem Mond einschlug war also recht klein; die Wissenschaftler schätzen ihn auf eine Größe zwischen 60 und 140 Zentimeter. Ganz genau kann man es nicht sagen, weil man nicht weiß, unter welchem Winkel und mit welcher Geschwindigkeit er aufschlug. Das hängt davon ab, ob es ein sogenannter sporadischer Meteorit war oder Teil eines Meteorstroms. Sporadische Meteoriteneinschläge finden “einfach so” statt wohingegen die Objekte Meteorströme (was das ist habe ich hier genauer erklärt) alle zu ganz bestimmten Zeiten im Jahr einschlagen. Die Sternschnuppen der Perseiden oder Leoniden sind zum Beispiel so ein Meteorstrom und entstammen den Überresten eines Kometen, der auf seiner Bahn durch das Sonnensystem eine Spur aus Staub und Felsbrocken hinterlassen hat. Ein passender Meteorstrom der den Einschlag auf dem Mond verursacht hat, ist allerdings nicht bekannt. Es gibt die vergleichsweise schwachen September Epsilon-Perseiden die ein paar Tage vor dem Einschlag aktiv waren aber es ist eher unwahrscheinlich, dass sie etwas mit dem Lichtblitz auf dem Mond zu tun haben. Viel eher war es tatsächlich ein sporadischer Meteorit und dann betrug seine Geschwindigkeit um die 17 Kilometer pro Sekunde. Das ist ziemlich schnell und deswegen kann auch ein vergleichsweise kleiner Himmelskörper so eine große Wucht erreichen.
Das war vermutlich auch der Grund, warum der Lichtblitz so lange gedauert hat. Die Kollision hat einen großen Krater erzeugt, der knapp 50 Meter im Durchmesser ist. Dabei wurde viel geschmolzenes Material in die Luft (naja, nicht Luft – die gibt es am Mond ja nicht) geschleudert und das leuchtete dann nochmal extra.
Auf der Erde wäre dieser Einschlag übrigens völlig harmlos und vermutlich von den meisten unbemerkt verlaufen. Denn im Gegensatz zum Mond haben wir eine dichte Atmosphäre die die Asteroiden bremst und durch die Reibungswärme zerstört. Ein Objekt muss schon mehr als ungefähr 50 Meter durchmessen, um auch tatsächlich am Boden aufzuschlagen. Ein kleiner, knapp einen Meter großer Asteroid würde irgendwo hoch oben in der Atmosphäre verglühen und im besten Fall nur eine helle Sternschnuppe (“Feuerball”) hervorrufen. Trotzdem ist die Beobachtung solcher Objekte wichtig den daraus kann man Rückschlüsse auf die Häufigkeit ziehen, mit der solche Zusammenstöße stattfinden. Und genau darum finden solche Projekte wie MIDAS ja auch statt.
Natürlich gibt es auch viele “Meteor-Netzwerke” die den Himmel der Erde ständig nach hellen Sternschnuppen und Meteoren absuchen. Aber auf dem Mond geht das ein wenig einfacher, denn hier kann man mit einem Blick eine viel größere Fläche sehen. Und da er keine Atmosphäre hat und auch die kleinen Himmelskörper beim Einschlag helle Lichtblitze erzeugen, sieht man dort eben nicht nur die großen Kollisionen sondern auch kleine Zusammenstöße wie am 11. September 2013. Mond und Erde sind kosmische Nachbarn und was dem einen passiert, passiert auch dem anderen. Berücksichtigt man die größere Oberfläche und Masse der Erde kann man aus den Einschlagsdaten auf dem Mond leicht berechnen, wie viele Einschläge es durchschnittlich auf der Erde gibt. Und die gesammelten Daten der spanischen Wissenschaftler zeigen hier eine Veränderung gegenüber dem, was man bisher angenommen hat:
Hier sieht man auf der x-Achse die Einschlagsenergie und auf der y-Achse die Zahl der erwarteten Einschläge mit dieser Energie pro Jahr. Der schwarze Datenpunkt stammt aus der Auswertung des Einschlags vom 11. September 2013. Die weißen Quadrate links oben stammen aus früheren Mondbeobachtungen und das weiße Dreieck rechts unten aus der Analyse des Meteors von Tscheljabinsk. Die blaue Linie dagegen zeigt eine frühere Berechnung, die um eine ganze Größenordnung weniger Einschläge prognostiziert als die rote Linie der aktuellen Daten. Diesen Unterschied sprechen die Wissenschaftler in ihrem Artikel auch an. Sie sagen, dass die Forscher die die blaue Linie veröffentlicht haben mit bis jetzt noch unveröffentlichten neuen Daten ebenfalls eine Statistik erhalten, die der roten Linie entspricht.
Den Mond zu beobachten ist relativ einfach. Das schafft man schon mit recht kleinen Teleskopen und Kameras und Projekte wie MIDAS können so vergleichsweise schnell und billig wichtige Daten über die gefährlichen Kleinkörper im Sonnensystem liefern. Und beeindruckende Videos noch dazu!
Kommentare (41)