Die Premiere der ersten “Cosmos”-Sendung mit Neil deGrasse Tyson ist von vielen (inklusive mir) lange und mit großer Freude erwartet worden. 1980 hat Carl Sagan die Welt mit seiner Reise durch den “Cosmos”; mit seiner “Personal Voyage” begeistert und wie kein anderer zuvor die Faszination vermittelt, die der Welt und der Wissenschaft innewohnt. Es lohnt sich heute immer noch, die damalige Sendung anzusehen. Carl Sagan hat nichts von seiner Faszination und Ausstrahlung verloren. Aber natürlich haben wir in den Jahrzehnten seitdem viel Neues über das Universum gelernt. Und auch die Aufmachung der Serie wirkt heute ein wenig veraltet. Es war also durchaus angebracht, eine Neuauflage des “Cosmos” zu produzieren. Und mit Neil deGrasse Tyson hat man auch einen Menschen gefunden, der mindestens ebenso begabt in der Vermittlung der Wissenschaft ist, wie es Sagan war. Dazu kommt die Mitarbeit von Ann Druyan, Sagans Frau, und anderer großer Namen wie Seth McFarlane oder Brannon Braga. Der neue “Cosmos” kann eigentlich nur ein Erfolg werden, dachten viele (inklusive mir). Am Sonntag Abend lief die erste Folge und stellt sich die Frage: WAR der neue “Cosmos” denn auch ein Erfolg?
Meiner Meinung nach:eindeutig ja! Ich habe mir die Sendung gestern angesehen (im Original; es wird bei den deutschen Ablegern von FOX und National Geographic aber auch eine deutsche Version ausgestrahlt) und fand sie großartig.
(Kurzer Einschub: Und wie großartig war eigentlich der Auftritt von Barack Obama im Vorspann der Sendung! Man stelle sich so was mal in Deutschland vor. Abgesehen davon, dass hier sowieso kein Fernsehsender – und schon gar kein Privatsender – in der Lage wäre, so eine aufwendige und ambitionierte Wissenschaftssendung zu produzieren und sie dann auch noch im Hauptabendprogramm auszustrahlen: kann sich irgendwer vorstellen, dass dann die Bundeskanzlerin (oder irgendeine andere halbwegs relevante politische Persönlichkeit) davor auftritt und erzählt, wie wichtig Wissenschaft und Forschung für die Gesellschaft sind? Ich jedenfalls nicht…)
Inhaltlich entsprach die erste Sendung in etwa der ersten Sendung der alten Serie. Mit dem “Spaceship of Imagination” zeigte uns Tyson genau so wie zuvor Sagan die gewaltige Größe des Universums. Und genauso wie Sagan erzählte Tyson danach von der Vergangenheit und davon, wie die Menschen diesen großen Kosmos verstehen lernten. Bei Sagan war es die Geschichten von Eratosthenes, der Bibliothek von Alexandria und Johannes Kepler; Tyson dagegen erzählte die Geschichte von Giordano Bruno, dessen Überzeugung dass das Universum viel mehr und größer sei als nur die kleine Erde und seinem Konflikt mit der Kirche.
Diese historische Geschichte wurde nicht mit Schauspielern nachgespielt, sondern animiert (kein Wunder, wenn jemand wie Seth McFarlane das ganze produziert). Viele Leute haben diese Animationssequenzen kritisiert. Aber ich fand sie gut. Klar, es war keine aufwendige Computertechnik á la Disney und Pixar. Aber ich fand gerade dieses etwas “groberen” Zeichnungen haben die Stimmung wunderbar transportiert. Ebenfalls animiert aber nicht gezeichnet waren große Teile der restlichen Serie. Da ging es um den Flug zwischen den Planeten; zu anderen Sternen und fernen Galaxien. Tyson zeigte uns Dinge, von denen wir keine Bilder haben und sie deswegen nur als Animation darstellen können, wie zum Beispiel die Entstehung der Planeten oder den Einschlag eines Asteroiden auf der Erde.
Auch hier gab es Kritik (zum Beispiel von Markus Pössel). Die Computergrafiken seien weit weniger beeindruckend als die Realität und die realen Aufnahmen die wir Astronomen vom Universum gemacht haben. Das stimmt zwar in gewisser Hinsicht. In anderer aber auch wieder nicht. Die “echte” Realität die wir selbst durch ein Teleskop sehen können kann mit den dramatischen Bildern die wir von Hubble & Co kennen, nicht mithalten. Wer schon mal mit freiem Auge durch ein Teleskop den Saturn, den Orion-Nebel oder die Andromedagalaxie beobachtet und das mit den von NASA & ESA publizierten Aufnahmen verglichen hat, wird enttäuscht sein. Genauso sind die Bilder in den Fachzeitschriften und wissenschaftlichen Artikeln optisch selten beeindruckend. Die Bilder, die wir im Allgemeinen “schön” finden, sind die, die speziell für die Öffentlichkeitsarbeit nach bearbeitet worden sind. Die Bilder, bei denen man aus den verschiedenen digital-gefilterten Schwarz-Weiß-Bildern bunte Farbaufnahmen rekonstruiert hat;die Bilder auf denen die für uns normalerweise unsichtbare Röntgen- oder Infrarotstrahlung sichtbar gemacht wurde oder sehr oft auch künstlerische Darstellungen, die gar keine realen Aufnahmen darstellen. Warum soll man also nicht auch bei “Cosmos” Computergrafiken verwenden?
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