Erst letzte Woche haben amerikanische Wissenschaftler uns mit einer angekündigten “großen Entdeckung” überrascht. Und es war tatsächlich eine große Entdeckung. Wenn die am Montag veröffentlichten Beobachtungsdaten über die kosmische Inflation bestätigt werden, dann wird es dafür Nobelpreise geben und unser Blick auf das Universum wird ein völliger anderer werden. Und heute gibt es schon eine angekündigte “große Entdeckung”. Diesmal ist es die Europäische Südsternwarte ESO, die für morgen ein “unerwartetes Ergebnis” verspricht, das “viele Fragen aufwerfen” wird und eine “heftige Debatte provizieren” soll.
Ich weiß natürlich noch nicht, worum es hier geht. Bei der ESO wird folgendes angekündigt:
“An international team of astronomers, led by Felipe Braga-Ribas (Observatório Nacional/MCTI, Rio de Janeiro, Brazil), has used telescopes at seven locations in South America, including the 1.54-metre Danish and TRAPPIST telescopes at ESO’s La Silla Observatory in Chile, to make a surprise discovery in the outer Solar System.”
Es handelt sich also um etwas, dass “überraschend” und im “äußeren Sonnensystem” entdeckt worden ist. Mit extrasolaren Planeten, neuen Erkenntnissen über den Urknall, schwarzen Löchern, Supernova-Explosionen und ähnlichem ist also nicht zu rechnen. Wie genau man “äußeres Sonnensystem” definiert ist natürlich Ansichtssache. Für manche gehört alles ab der Bahn des Jupiters schon zum äußeren Sonnensystem; für andere beginnen die Außenbereiche erst weit hinter den fernen Asteroiden des Kuipergürtels. Traditionellerweise ist das “äußere Sonnensystem” aber der Bereich hinter der Region der Planeten, also alles hinter der Bahn des Neptun. Und da gibt es sicherlich noch viel zu entdecken.
Im Jahr 2005 fand man dort zum Beispiel den Asteroiden Eris, der ungefähr so groß wie der (damals noch) Planet Pluto war, was in der Folge zu einer Neudefinition des Begriffs “Planet” und der Degradierung des Pluto zum Zwergplaneten führte. Ich vermute stark, dass auch die aktuell angekündigte “große Entdeckung” mit Asteroiden oder Zwergplaneten im Kuipergürtel bzw. der Region dahinter zu tun hat. Dafür spricht auch die bisherige Forschungsarbeit von Felipe Braga-Ribas, die sich mit diversen Zwergplaneten und transneptunischen Objekten beschäftigt hat.
Es kann gut sein, dass man einen weiteren großen Asteroiden entdeckt hat; ein Objekt so groß wie Pluto oder Eris oder vielleicht sogar noch ein wenig größer. Vielleicht ist es auch ein interessanter Doppel-Asteroid oder ein Asteroid auf einer interessanten Bahn – ein Himmelskörper wie Sedna zum Beispiel, der fast schon zur noch ferneren Oortschen Wolke gehört
Solche Objekte können uns einiges darüber sagen, wie das Sonnensystem entstanden ist und wie es sich entwickelt hat und es ist durchaus möglich, dass hier noch die eine oder andere überraschende Erkenntnis auf uns wartet. Mit ziemlicher Sicherheit wird es aber nicht um die Entdeckung eines ausgewachsenen Planeten gehen! Es ist zwar durchaus möglich, dass irgendwo ganz, ganz weit draußen noch größere Himmelskörper rumschwirren (entsprechende Hinweise findet man immer wieder). Aber solche Planeten müssen IMMER enorm weit weg sein, sonst hätte man sie schon längst entdeckt. Das bestätigen auch ganz aktuelle Ergebnisse des WISE-Satelliten, die zeigen, dass ein noch unentdeckter Planet mindestens 10.000 Astronomische Einheiten (also 10.000 Mal weiter weg als die Erde von der Sonne) weit weg sein muss und in dieser Entfernung ist ein Planet so gut wie unsichtbar. Mit den vergleichsweise kleinen Teleskopen, die bei der aktuellen Entdeckung beteiligt waren, ist so ein Planet nicht zu sehen. Ich würde mich zwar freuen, wenn ich morgen Abend etwas anderes höre, denn die Entdeckung eines weiteren Planeten im Sonnensystem wäre ziemlich interessant. Aber ich fürchte, darum wird es nicht gehen…
Ich hoffe mal, die Wissenschaftler der ESO haben den Mund nicht zu voll genommen und tatsächlich etwas “großes” entdeckt. Morgen (26.3.2014) Abend um 18:30 MEZ findet in Brasilien eine Pressekonferenz statt, bei der aber nur angemeldete Journalisten online zusehen können (die dann nach Möglichkeit auch portugiesisch sprechen sollten). Um 19:00 Uhr MEZ endet dann das Medien-Embargo und wir werden erfahren, worum es sich handelt. Ich vermutlich erst ein wenig später, denn morgen um 19 Uhr beginnt in Köln mein Vortrag über extrasolare Planeten und außerirdisches Leben und wenn die Kollegen von der ESO nicht zufällig Hinweise auf eine bevorstehende Alien-Invasion entdeckt haben, wird er vermutlich nicht abgesagt werden 😉
Nachtrag (21:30): Die Seite existiert zwar nicht mehr – aber das was Google hier ausspuckt, klingt ziemlich interessant:
Ein beringter Asteroid wäre auf jeden Fall eine coole Entdeckung. Ich weiß jetzt nicht genau, wie die Forscher das interpretieren. Chariklo gehört zur Gruppe der Zentauren; also den Asteroiden, die sich auf instabilen Bahnen zwischen den Bahnen von Jupiter und Neptun bewegen. Wo die Ringe herkommen, hängt von ihrer Zusammensetzung ab. Sie können sich bei einer Kollision gebildet haben; dann wären es eher staubige Ringe. Oder aber vielleicht gast da auch Eis oder Methan aus und es bilden sich Ringe (das passiert ja auch auf den Kryovulkanen der Saturnmonde, die für die Bildung einiger der Saturnringe verantwortlich sind). Auf jeden Fall wird man daraus sicher einiges über die Planetenentstehung und -dynamik lernen können. Aber genau werden wir es erst morgen wissen…
P.S. Für morgen (26.03.2014) um 19.00 Uhr ist außerdem noch eine weitere große Entdeckung im Sonnensystem angekündigt, die mit dieser nichts zu tun habt. Es wird also auf jeden Fall nochmal spannend (Und nein, auch diesmal ist es kein Asteroid der auf die Erde stürzt und kein bisher unbekannter Riesenplanet).
Nachtrag 2: Es handelt sich tatsächlich um Chariklo und seine Ringe. Ich habe hier ausführlich darüber berichtet. Und auch die zweite Entdeckung des Abends ist cool: Ein weit entfernter Asteroid liefert Hinweise auf die Himmelskörper in der fernen Oortschen Wolke.
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