Das bekannte Sonnensystem ist wieder einmal ein bisschen größer und interessanter geworden. Die amerikanischen Astronomen Chad Trujillo und Scott Sheppard haben einen Asteroiden entdeckt, der sich in einer Region bewegt, die bisher noch kaum wirklich erforscht wurde. Bzw. erforscht werden konnte, weil sie so weit von der Erde entfernt ist. Die Region der Planeten haben wir in den letzten Jahrzehnten immer wieder mit Raumsonden aller Art untersucht. Hinter der Bahn von Neptun, dem fernsten bekannten Planeten geht es aber noch weiter. Dort beginnt der Kuiper-Asteroidengürtel, der seit den 1990er Jahren intensiv untersucht wird. Und dahinter kommt das große Niemandsland, das sich bis zur noch ferneren Oortschen Wolke erstreckt, die die äußerste Grenze unseres Sonnensystems darstellt. Wir haben bis jetzt aber noch kaum Himmelskörper gefunden, die sich in diesen fernen Regionen bewegen. Der neu entdeckte Asteroid mit dem Namen 2012 VP113 befindet sich allerdings genau dort. Und erzählt uns eine faszinierende Geschichte.
Eigentlich kann es nur dort Himmelskörper geben, wo während der Zeit der Planetenentstehung genügend Material vorhanden war, aus dem sie sich bilden konnten. Die große Scheibe aus Gas und Staub, die vor 4,5 Milliarden Jahren die junge Sonne umgeben hat, war aber nicht beliebig groß. Deswegen gibt es auch nur 8 Planeten und hinter Neptun ist erst Mal Schluss. Dort war einerseits zu wenig Material für große Himmelskörper; andererseits bewegen sich die Objekte dort so langsam, dass sie sie nur selten kollidieren um größere Himmelskörper zu bilden. Darum finden wir hinter Neptun nur noch kleine Zwergplaneten wie Pluto oder Eris und jede Menge Asteroiden. Noch weiter draußen sollte eigentlich gar nichts mehr sein. Trotzdem finden wir ab und zu etwas.
Zum Beispiel den Asteroid Sedna. Der wurde im November 2003 entdeckt und befindet sich auf einer extremen und langgestreckten Bahn. An seinem sonnennächsten Punkt ist Sedna immer noch 76 Astronomische Einheiten (AE) von der Sonne entfernt. Also 76 Mal weiter weg als die Erde und mehr als doppelt so weit entfernt wie Neptun. An seinem sonnenfernsten Punkt ist er aber knapp 1000 AE weit weg! Der knapp 1000 Kilometer große Asteroid stammt wahrscheinlich aus der Oortschen Wolke, also jenem Reservoir an kleinen Himmelskörpern, das die Sonne kugelförmig in einem Abstand von 10.000 bis 100.000 AE umgibt. Diese fernen Objekte können nicht direkt beobachtet werden – aber wir wissen trotzdem, dass sie da sein müssen. Denn immer wieder Mal kommen Kometen aus dieser Region auf einen kurzen Besuch ins innere Sonnensystem. Und wissen wir, dass während der Planetenentstehung jede Menge Asteroiden und Kometen aus den inneren Bereichen des Sonnensystems weit nach draußen geschleudert worden sind.
Aber wo kommt ein Objekt wie Sedna her, dass sich nicht fern der Sonne in der äußeren Oortschen Wolke befindet, sondern im Niemandsland davor? Und wo kommt 2012 VP113 her, der eine noch extremere Bahn hat? Der neu entdeckte knapp 450 Kilometer große Asteroid nähert sich nur auf 80 AE an die Sonne an und gehört damit zur gleichen Gruppe von Himmelskörpern wie Sedna. Man vermutet, dass es zwei prinzipielle Möglichkeiten gibt, wie sie dort gelandet sein könnten, wo sie sind. Entweder sie stammen aus dem Kuipergürtel und wurden dorthin durch gravitative Störungen von Planeten gebracht, die sich irgendwo im äußeren Sonnensystem befinden. Diese Planeten könnten bis heute unentdeckt geblieben sein (was eher unwahrscheinlich ist, weil wir wissen dass alle noch unentdeckten Planeten sehr weit weg sein müssen) oder sie wurden während der turbulenten Phase der Planetenentstehung aus dem Sonnensystem geworfen. So etwas kommt oft vor, denn es entstehen meistens immer mehr Planeten als eigentlich Platz in einem Sonnensystem haben und einige fliegen immer raus (und ziehen dann alleine durchs Universum).
Kommentare (83)