Eine interessante Frage für den Sonntag: Was soll eigentlich mit dem ganzen Zeug passieren, das im Internet steht? Den ganze Tweets, Facebook-Updates, privaten Homepages, Internetforen, und so weiter. Ist das alles Schrott, der schon irgendwann mal von selbst verschwinden wird? Oder sollte man sich darum kümmern, dass das alles irgendwie archiviert wird? Bei offline-Medien ist die Sachlage relativ klar. Ich erinnere mich noch gut, als ich in meiner Schule in Österreich an verschiedenen Schülerzeitungen mitgearbeitet habe und auch wenn da wirklich nichts von wahnsinniger Relevanz drin stand, mussten wir immer zwei Exemplare an die Österreichische Nationalbibliothek schicken, damit sie dort archiviert werden können (irgendwie ein grusliger Gedanken, dass mein “Red Bull Report” aus dem Jahr 1993 jetzt immer noch dort nachlesbar ist…). Solange es auf Papier gedruckt ist, dann ist es offenbar auch wert, aufbewahrt zu werden. Bei immateriellen Daten allerdings ist die Sache nicht so klar. Hier gibt es zwar auch Archivierungsbemühungen, aber lange nicht so umfangreich und koordiniert wie in der “realen” Welt. Und das was archiviert wird, ist irgendwie nicht mehr so wie das Original.
Die Frage nach der Archivierung und Archivierbarkeit des Internets ist auch das Thema der aktuellen Folge im PBS Idea Channel:
Geocities! Ja, da hatte ich Mitte bzw. Ende der 1990er auch meine ersten – und ziemlich absurden – Homepages. Die würde ich ja schon nochmal gerne sehen, und wenn es nur dazu dient, mich davor zu gruseln…
Aber das Thema ist ein ziemlich wichtiges Thema. Immer mehr Aktivitäten der Menschheit verlagern sich ins Internet und immer mehr wichtige Dinge passieren direkt dort. Wenn wir das nicht verlieren wollen, dann müssen wir uns darum kümmern. Und wenn, dann müssen wir alles aufheben, auch die ganzen “unwichtigen” Tweets und Facebook-Einträge. Als die Menschen vor 100 Jahren alle ihre persönlichen Tagebücher auf Papier geschrieben haben, war das bei den meisten sicherlich auch nur “unwichtiges” Zeug. Aber heute sind viele Forscher sehr glücklich darüber, dass dieses ganze Zeug von Bibliotheken, Instituten oder Privatleuten aufgehoben wurde – denn wenn die Tagebuchschreiberin etwas “bedeutendes” geleistet hat, dann gibt es jede Menge Wissenschaftler und Biographen die gerne alles über ihr Leben erfahren wollen und ganz besonders an den scheinbar “unwichtigen” Dingen interessiert sind. Und auch wenn der Tagebuchschreiber nur ein ganz normaler Mensch war, sind seine Einträge trotzdem interessant, weil die Welt eben hauptsächlich aus normalen Menschen besteht und auch ein historischen Interesse an deren Leben vorhanden ist.
Zukünftige Historiker und Biographen werden keine Tagebücher mehr auswerten, sondern Internetblogs, Facebookseiten und Twitter-Nachrichten. Bzw. sie werden es versuchen aber dabei vermutlich ziemlich oft scheitern, weil die entsprechenden Informationen verschwunden sind. Wenn die Daten im Internet verschwinden, dann verschwinden damit auch jede Menge Informationen über unsere Gesellschaft. Und diese Daten zu verlieren ist um nichts weniger tragisch, als wenn man zum Beispiel Bücher bei einem Bibliotheksbrand verliert. Es heißt zwar immer “Das Internet vergisst nichts!”. Aber wenn wir uns nicht darum kümmern, dann könnte genau das passieren.
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