In den letzten Jahren bin ich immer mehr zu der Überzeugung gekommen, dass kein Aberglaube jemals vollständig verschwinden wird. Es werden sich zwar mal mehr und mal weniger Menschen für bestimmte Themen begeistern können und es bleibt die Hoffnung, dass wir umso weniger abergläubisch und irrational werden, je mehr wir über die Welt wissen. Aber verschwinden werden Phänomene wie Astrologie, Prophetie, Homöopathie, Geisterglaube, etc niemals. Mir fällt spontan keine relevante irrationale Idee ein, die tatsächlich vollständig verschwunden ist. Es gibt heute immer noch Leute, die behaupten das man den Charakter an der Schädelform erkennen kann. Es gibt Menschen, die an die griechischen Götter der Antike glauben. So wie vor Jahrtausenden glauben die Menschen immer noch an Geister, Hexen und Dämonen. Und es gibt immer noch Leute, die denken das die Erde das Zentrum des Universums ist und sich alle anderen Himmelskörper um uns herum bewegen.
Um immer noch vom geozentrischen Weltbild überzeugt zu sein, muss man die Realität schon ziemlich heftig ignorieren. Seit den Beobachtungen von Galileo Galilei vor mehr als 400 Jahren sollte eigentlich klar sein, dass sich die Erde um die Sonne bewegt und die allerletzten Zweifler sollten spätesten 1725 überzeugt worden sein, als James Bradley die Aberration des Sternenlichts gemessen hat und damit zweifelsfrei zeigte, dass sich die Erde um die Sonne bewegen muss.
Im Rahmen der Sphärischen Astronomie tut man heute zwar immer noch so, als wäre die Erde das Zentrum des Universums. Aber den Astronomen ist durchaus klar, dass es sich nur um ein Modell handelt, wenn sie davon sprechen, dass die Sonne im Osten auf- und im Westen untergeht oder sich ein Stern bewegt. Sie wissen, dass diese Phänomene durch die Drehung der Erde um ihre Achse bzw. der Bewegung der Erde um die Sonne zustande kommt und es halt nur mathematisch einfacher ist, so zu tun als würde die Erde sich nicht bewegen.
Aber trotz aller Beobachtungen und Beweise gibt es immer noch Leute, die fest davon überzeugt sind, dass die Erde im Zentrum des Universums steht und einer macht gerade Schlagzeilen. Es handelt sich um Robert Sungenis, einen katholischen Publizisten aus den USA, der schon seit einiger Zeit durch fundamentalistische und antisemitische Äußerungen auffällt und auch einer der prominentesten Vertreter des modernen Geozentrismus ist. Da in der Bibel steht, dass sich die Erde nicht bewegt und die Bibel offensichtlich immer Recht haben muss, kann sich Galileo nur geirrt haben, meint Sungenis. Und um den Rest der Welt davon zu überzeugen, wie einzigartig unser Planet ist, hat er nun auch einen Film gedreht.
In “The Principle” kommen nicht nur diverse religiöse Fanatiker zu Wort, sondern auch echte Wissenschaftler wie Lawrence Krauss oder Michio Kaku, die definitiv nicht zu den Anhängern des Geozentrismus gehören. Im Trailer zum Film hört man von ihnen aber auch keine geozentrischen Aussagen, sondern eher allgemein gehaltene Sätze über moderne Kosmologie, die vermutlich so zusammengeschnitten worden sind, um im Kontext den Eindruck zu erwecken, unsere Welt wäre von “Gott” speziell für die Menschen geschaffen worden. Krauss hat auch schon Bescheid gesagt, dass er mit diesem Film nichts zu tun hat:
For all who asked: Some clips of me apparently were mined for movie on geocentricism. So stupid does disservice to word nonsense. Ignore it.
— Lawrence Krauss (@LKrauss1) 8. April 2014
Sprecherin bei “The Principle” ist übrigens Kate Mulgrew, besser bekannt als “Captain Janeway” von Star Trek: Voyager…
Und bevor sich jetzt jemand über die dummen Amerikaner lustig macht, die an so einen Quatsch wie das geozentrische Weltbild glauben: Ja, es stimmt zwar, dass vor kurzem eine Umfrage gezeigt hat, dass 26 Prozent der Amerikaner denken, die Sonne würde sich um die Erde drehen. Aber damit sind sie immer noch klüger als die Europäer, bei denen in der gleichen Umfrage 34 Prozent nicht wussten, dass sich die Erde um die Sonne dreht…
Die Geozentriker werden sich auch weiterhin nicht von der Realität überzeugen lassen. Genau so werden auch die Astrologen, Homöopathen und ihre esoterischen Kollegen weiterhin an das glauben, was sie für die Realität halten. Es ist vermutlich verschwendete Zeit, sie vom Gegenteil überzeugen zu wollen. Aber es lohnt sich dagegen sehr wohl, den Menschen von der echten Welt zu erzählen. Mit ihren scheinbar einfachen Antworten verstellen die Fundamentalisten und Esoteriker den Blick auf die faszinierende Komplexität und die Wunder der realen Welt. Das Universum ist so viel mehr, so viel schöner, so viel spannender und so viel großartiger als die kleine und spießige Welt der religiösen Fundamentalisten in der nur die Erde zählt und alles andere Beiwerk ist. Es ist tragisch, dass sie nicht in der Lage sind, das zu bemerken. Sie verpassen so viel…
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