Wie findet man einen Planeten, den man nicht sehen kann? Ganz einfach: Man sieht sich das an, was man sehen kann und sucht dort nach dem Einfluss des Planeten. So machen es die Astronomen schon seit knapp 20 Jahren auf der Suche nach extrasolaren Planeten. Die sind zu klein und zu weit weg um direkt gesehen zu werden. Aber sie bringen die Sterne, die sie umkreisen zum Wackeln oder zum Blinken und das kann man beobachten. In unserem Sonnensystem findet man unsichtbare Planeten am besten in dem man sich die sichtbaren Planeten ansieht. Jeder Himmelskörper übt eine Gravitationskraft auf alle anderen Himmelskörper aus und die gesamte Gravitationskraft bestimmt deren Bewegung. Wir müssen also nur die Gravitationskraft all der Planeten berechnen, die wir sehen können und überprüfen, ob diese Kraft ausreicht, um die Bewegung der Planeten zu erklären. Funktioniert das nicht, dann muss es irgendwo noch einen weiteren Planeten geben, der eine Gravitationskraft ausübt, die man nicht berücksichtigt hat. So hat man im 19. Jahrhundert den Planeten Neptun entdeckt und so hofft man seitdem, den “Planet X” zu entdecken.
Und damit ist NICHT irgendein mysteriöser Himmelskörper gemeint, der laut irgendwelchen Prophezeiungen mit der Erde kollidieren soll. “Planet X” steht wie das “X” in der Mathematik einfach für einen hypothetischen Planeten. Und es kann durchaus sein, dass irgendwo, fern der Sonne, noch der eine oder andere unbekannte Planet seine Runden zieht. So ein Planet muss aber auch immer fern der Sonne bleiben und kann sich der Erde nicht nähern. Würde er das tun, würden wir das bemerken. Die Gravitationskraft eines Himmelskörpers hängt nicht nur von seiner Masse ab, sondern auch von seiner Entfernung. Je massereicher ein Planet ist, desto weiter weg muss er sein, damit seine gravitativen Störungen klein genug bleiben, um bisher nicht weiter aufzufallen.
Denn momentan ist da tatsächlich kaum etwas, das auffällt. Alle Planeten bewegen sich genau so, wie sie es tun sollten. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass wir den gravitativen Einfluss irgendeines unbekannten Planeten verpasst haben. Das heißt nicht, dass es so einen Planeten nicht gibt. Aber es heißt, dass er weit genug entfernt sein muss, denn sonst wäre sein Einfluss viel größer. Ein paar sehr vage Hinweise wurden in den letzten Jahren bei Asteroiden in der Oortschen Wolke gefunden. Deren Bahnen verhalten sich so, als könnten sie von einem kleineren Planeten beeinflusst worden sein. Ein Planet mit einer Masse die zwischen der doppelten und 15fachen Erdmasse liegt und der 200 bis 300 Mal weiter von der Sonne entfernt ist als die Erde könnte die Asteroiden entsprechend beeinflusst haben.
Aber wäre so eine “Supererde” auch weit genug weg, um die Bahnen der restlichen Planeten nicht zu beeinflussen? Das hat der Mathematiklehrer und Physiker Lorenzo Iorio kürzlich nochmal nachgerechnet (“Planet X revamped after the discovery of the Sedna-like object 2012 VP113?”). Er hat sich die aktuellen Daten für die Veränderungen in den Planetenbahnen angesehen und überprüft, wie viel Spielraum da für einen “Planet X” noch bleibt. Die Bahnen der Planeten verändern sich ständig (wenn auch nur um sehr kleine Beträge) aber all diese Veränderungen lassen sich durch den gravitativen Einfluss der bekannten Planeten erklären. Aber wir können die Bahnen nicht beliebig genau messen und dieser Messfehler hält dem “Planet X” eine Tür offen. Wenn er nicht zu nahe an die Planeten heranrückt, könnten seine Störungen im allgemeinen Rauschen der Instrumentenfehler und Beobachtungsungenauigkeiten untergehen.
Iorio hat nun ausgerechnet, wie weit er mindestens weg sein muss: Mindestens 496 mal weiter als die Erde, wenn er die doppelte Erdmasse hat und 970 mal weiter weg bei 15facher Erdmasse. Also auch deutlich weiter weg, als der Planet, der für die Unregelmäßigkeiten in den Bahnen der Asteroiden in der Oortschen Wolke verantwortlich sein soll. Gäbe es diesen Planeten wirklich, dann müsste er sich eigentlich schon längst bemerkbar gemacht haben! Die Unregelmäßigkeiten der Asteroidenbahnen sind also höchstwahrscheinlich auf einen anderen Effekt zurückzuführen bzw. was noch wahrscheinlicher ist: Einfach nur Zufall! Immerhin kennt man noch nicht allzu viele Objekte in diesen fernen Regionen, da kann sowas durchaus passieren.
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