Dieser Artikel ist Teil einer fortlaufenden Besprechung des Buchs “Die perfekte Theorie: Das Jahrhundert der Genies und der Kampf um die Relativitätstheorie”* (im Original “The Perfect Theory: A Century of Geniuses and the Battle over General Relativity”* von Pedro Ferreira. Jeder Artikel dieser Serie beschäftigt sich mit einem anderen Kapitel des Buchs. Eine Übersicht über alle bisher erschienenen Artikel findet man hier
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Im ersten Kapitel des Buchs haben wir erfahren, was eigentlich das allgemeine an der Allgemeinen Relativitätstheorie ist und wie Albert Einstein überhaupt auf die Idee kam, sie zu entwickeln. Im zweiten Kapitel hat Einstein dann mühsamer Rechnerei endlich herausgefunden, wie er diese Theorie formulieren kann. Das dritte Kapitel hat gezeigt, dass wir aus der allgemeinen Relativitätstheorie überraschend viel über die Entstehung des Universums lernen können. Und Kapitel vier demonstriert, dass das noch lange nicht alles ist!
Die Lösungen der Einsteinschen Feldgleichung die im letzten Kapitel vorgestellt wurden bezogen sich auf das gesamte Universum und haben die Wissenschaftler zu der überraschenden Erkenntnis gebracht, dass unser Kosmos einen Anfang hatte und nicht statisch ist. Aber die Lösungen von de Sitter, Friedmann und Lemâitre waren nicht die ersten, die gefunden wurden. Schon kurz nachdem Einstein seine Gleichungen im Jahr 1915 veröffenlichte, bekam er Post von einem deutschen Astronom. Karl Schwarzschild hatte die Feldgleichungen gelöst, sich aber dabei nicht gleich dem ganzen Universum gewidmet, sondern nur nachgesehen, wie sich die Gravitation in der Nähe einer sphärischen Masse verhält (“Über das Gravitationsfeld eines Massenpunktes nach der Einsteinschen Theorie”).
Das ist im Prinzip genau die Situation, die in der Umgebung eines Sterns herrscht. Ein Stern ist eine große sphärische Masse und tatsächlich zeigte Schwarzschild, dass sich weit genug vom Stern entfernt die Einsteinschen Gleichungen zu der lange bekannten Newtonschen Gravitationsgleichung vereinfachten. Aber in der Nähe des Sterns gab es Unterschiede! Diese Unterschiede waren zum Beispiel dafür verantwortlich, dass man bei der Berechnung der Position des Merkurs mit Newtons Formel nur falsche Ergebnisse bekam. Einsteins Gleichungen dagegen lieferten ein korrektes Resultat. Schwarzschild zeigte aber auch, dass noch näher am Stern noch seltsamere Dinge passierten.
Kommt man der sphärischen Masse nur nahe genug, dann gibt es eine bestimmte Grenzfläche, innerhalb derer die Gravitationskraft so stark ist, dass man sich schneller als das Licht bewegen müsste, um ihr entkommen zu können. Und da nichts schneller als Licht sein, kann nichts mehr entkommen, was diese Grenze einmal überschritten hat. Albert Einstein präsentierte Schwarzschilds Lösung Anfang 1916 der Öffentlichkeit, war aber davon überzeugt, dass die komische Grenzfläche nur ein mathematischer Effekt war, der in der Realität nicht vorkommen würde.
Das dachte auch Arthur Eddington. Der Mann, der die Gültigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie durch die Messungen während der Sonnenfinsternis 1919 (ich habe darüber in Teil 2 geschrieben) bestätigte, entwickelte sich in den 1920er Jahren zum Experten für die Entwicklung der Sterne. Damals wusste man ja noch nicht so wirklich, wie das mit den Sternen funktioniert und wie sie ihre Energie erzeugen. Eddington war maßgeblich an der Lösung dieses Problems beteiligt und erklärte in seiner Arbeit, wie im Inneren der Sterne durch die Fusion von Wasserstoff zu Helium Energie erzeugt wird und diese vom Kern des Sterns nach außen dringende Strahlung der Gravitationskraft entgegen wirkt und den Stern im Gleichgewicht hält.
Wie es mit den Sternen zu Ende geht, wusste er aber noch nicht. Irgendwann ist der Brennstoff verbraucht, es wird keine neue Strahlung produziert, die Gravitation gewinnt die Überhand und der Stern kollabiert. Und dann?
“Es ist ein eigentümliches Problem, und es lassen sich viele fantasievolle Szenarien erdenken für das, was dann tatsächlich passieren wird.”
schrieb Eddington.
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