Gleiches gelang am 14. Okt. 2010 Prof. Dr. Werner Gitt (ebenfalls Mitglied bei Wort und Wissen) (14). Es ist zu erwarten, dass im Rahmen der Hochschultage Jena nun erneut unter dem Deckmantel studiumsbezogener Themen ein kreationistisches Weltbild propagiert wird, da mehrere Referenten der Studiengemeinschaft Wort und Wissen angehören:
Dr. Thomas Michael Jahn leitet innerhalb des Vereins die Fachgruppe für Wissenschaftstheorie (15).
Dr. Reinhard Haupt ist emeritierter Professor und bekennender Evangelikaler. Er hat u. a. als Prorektor und Dekan an der FSU Jena gewirkt. Auf Vorschlag der Thüringer Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht wurde ihm 2010 das Verdienstkreuz am Bande verliehen. Dies wurde unverständlicher Weise nicht nur mit seinen unbestrittenen Leistungen für die Universität begründet, sondern auch mit seinem Engagement als Leiter der Abteilung für Wirtschaft und Ethik in der Studiengemeinschaft Wort und Wissen (16). Auch damals wies Prof. Dr. Uwe Hoßfeld von der FSU Jena zu Recht darauf hin, dass der Vorgang bei Biologielehrern und Lehramtsstudenten zu Irritationen führe (17).
Besonderer Vorbehalt ist angebracht gegenüber dem Vortrag von Prof. Dr. Peter Imming zum Thema „Ursuppen, Urpizzen, Ursachen – was wissen wir über den Ursprung des Lebens?“ Peter Imming ist approbierter Pharmazeut und diplomierter Chemiker. Seit 2004 ist er Professor für Pharmazeutische Chemie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. In einem Interview mit dem „Stern“ (18) spricht sich Prof. Peter Imming verdeckt, aber doch eindeutig für die Einführung kreationistischer Lehren an deutschen Schulen aus:
“Zum Biologieunterricht gehört die für die Biologie so außerordentlich wichtige Evolutionstheorie, die kann man gar nicht weglassen! Aber auch wissenschaftliche Evolutionskritik wie unsere. Das andere, Schöpfungsglaube, gehört unserer Meinung nach in den Religionsunterricht. Es ist prima, wenn die Schule einen Weg findet, in einem vernünftigen Rahmen diese Dinge miteinander zu diskutieren. Das ist kein Trick. Ich sehe das wirklich so.”
Gefährlich ist die Verschleierungstaktik, derer sich Peter Imming bedient: Zunächst räumt er die Bedeutsamkeit der Evolutionstheorie ein. Den Schöpfungsglauben will er – soweit so gut – im Religionsunterricht belassen. Entscheidend ist jedoch der Satz dazwischen, wonach „auch wissenschaftliche Evolutionskritik wie unsere“ in den Biologieunterricht gehöre. Mit „unsere“ bezieht sich Imming auf die Studiengemeinschaft Wort und Wissen. Als dessen Vorsitzende hatten Imming und Dr. Henrik Ullrich dem „Stern“ besagtes Interview gegeben. Neben der Studiengemeinschaft Wort und Wissen ist Peter Imming auch für das European Leadership Forum tätig. Am 25. Mai 2014 wird er dort einen Vortrag zum Thema „Preparing Church Youth for the Science-Religion Debate“ (19) halten. Sein Referat ist der Kategorie „Responding to Scientific Attacks on Faith“ zugeordnet. Seiner Selbstbeschreibung nach strebt das European Leadership Forum danach, nationale christliche Führer auszurüsten und darin zu unterstützen, die biblischen Kirchen zu erneuern und Europa zu reevangelisieren (20). Vor diesem Hintergrund offenbart sich, was Peter Imming mit der „wissenschaftlichen Evolutionskritik wie unsere“, die in den Biologieunterricht Einzug halten soll, eigentlich meint: Die Lehre vom Intelligent Design, die sich lediglich des Deckmäntelchens der Wissenschaftlichkeit bedient. Welche Folgen dies für Schüler hätte, zeigt die Antwort von Imming im Stern-Interview auf die Frage, wie alt die Menschheit sei: Er antwortet nicht direkt, sondern verweist auf ein kreationistisches Werk (21) von Michael Brandt. Demnach lasse sich die Menschheitsgeschichte auf 10.000 Jahre verkürzen.
Auch wenn in Deutschland kein Laizismus (strikte Trennung von Kirche und Staat) sondern nur eine sog. „hinkende Trennung“ praktiziert wird, können Sie sich sowohl als Oberbürgermeister als auch als Rektor der Universität nicht auf den Grundsatz der Gleichbehandlung zurückziehen und ihre Unterstützung damit rechtfertigen, dass den religiösen Hochschulgruppen, wie jeder anderen Hochschulgruppe auch, Räume zur Verfügung zu stellen seien. Diesbezüglich schließen wir uns der Argumentation von Dr. Michael Schmidt-Salomon an: „Weltanschaulich neutral kann und darf sich der Staat nur dort verhalten, wo weder die humanistischen, auf den Menschenrechten beruhenden ethischen Prinzipien des Grundgesetzes noch die Seriosität des Bildungsauftrags (Stichwort: Kreationismus) auf dem Spiel stehen. Um überhaupt in den Genuss staatlicher Förderung kommen zu können, müssten die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften – vor allem wenn sie im pädagogischen Bereich tätig sind – zunächst ihre ,Hausaufgaben‘ erledigen, d. h. aus ihren Weltbildern all jene Elemente entfernen, die entweder mit den Kriterien einer humanen Ethik oder aber mit hinreichend gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen kollidieren.“ (22)
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