Derzeit kann man überall von einem neuen Meteorschauer oder gar einem “Meteorsturm” lesen, der am Wochenende zu sehen sein soll. Ich habe darüber auch mit Holger Klein in der aktuellen Folge von WRINT Wissenschaft geredet – da lagen mir aber noch keine konkreten Informationen vor und ich habe ein paar Dinge gesagt, die sich als nicht ganz richtig herausgestellt haben. Darum möchte ich das Thema hier noch mal ausführlich erklären.
Ein Meteor ist eine Leuchterscheinung am Himmel (und nicht dasselbe wie ein Meteorit oder Meteoroid); besser bekannt als “Sternschnuppe”. Von denen kann man eigentlich in jeder klaren Nacht ein paar sehen. Sie entstehen, wenn kleinste Staubteilchen aus dem All auf die Erde treffen und dabei die Moleküle in der Atmosphäre zum Leuchten bringen. Manchmal gibt es aber deutlich mehr Meteore zu sehen als sonst und das passiert immer dann, wenn die Erde die Hinterlassenschaften von Kometen durchquert. Ein Komet schleudert ja im Laufe seines Lebens jede Menge Staub ins All (so entstehen die beeindruckenden Kometenschweife) und wenn die Erde diese Drecksspuren kreuzt, können wir innerhalb kurzer Zeit sehr viele Sternschnuppen sehen. Zum Beispiel im Sommer, wenn der Sternschnuppenschauer der Perseiden auf dem Programm steht. Aber auch zu anderen Zeiten des Jahres gibt es solche Meteorströme – ich habe hier eine Übersicht über meine bisherigen Artikel zum Thema erstellt.
Das, was uns eventuell am Wochenende bevorsteht, ist ein neuer Meteorstrom. Quelle für die erwarteten Sternschnuppen ist der Komet 209P/LINEAR. Er wurde schon im Jahr 2004 entdeckt und ist vergleichsweise klein. Sein Durchmesser beträgt nur knapp 600 Meter. Er gehört zu den kurzperiodischen Kometen; ist also keiner von den Kometen, die direkt aus der weit entfernten Oortschen Wolke kommen, einmal die Sonne umrunden und dann wieder für die nächsten hunderttausend Jahre im äußeren Sonnensystem verschwinden. Die Bahn von 209P/LINEAR führt ihn nur bis hinaus zum Jupiter und ein Umlauf um die Sonne dauert knapp 5 Jahre.
Auf dem Bild sieht man auch, dass sich der Komet momentan in der Nähe der Erde befindet. Seinen sonnennächsten Punkt hat der Komet schon am 6. Mai 2014 erreicht; am 29. Mai 2014 wird sich der Komet in nur 8 Millionen Kilometer an der Erde vorbei bewegen. Das ist immer noch genug Abstand, um sicher sein zu können, dass uns keinerlei Gefahr droht. Aber schon ein paar Tage vorher wird die Erde den eventuell vorhandenen Staubresten früherer Vorbeiflüge nahe kommen. Und dann könnten wir auch Sternschnuppen am Nachthimmel sehen.
Bis jetzt hat die Erde die Hinterlassenschaften von 209P/LINEAR noch nie durchquert bzw. es gibt keine Aufzeichnungen über eventuell schon früher stattgefundene Sternschnuppenschauer. Wir wissen also nicht, was uns wirklich erwartet und wie viel Staub da wirklich vorhanden ist. Quanzhi Ye und Paul A. Wiegert von der Universität Ontario haben schon im Dezember 2013 untersucht, ob und was man sehen kann (“Will Comet 209P/LINEAR Generate the Next Meteor Storm?”). Sie kommen zu dem Schluss, dass am 24. Mai tatsächlich die Chance auf Sternschnuppen besteht, weisen aber auch darauf hin, dass der Komet schon recht inaktiv zu sein scheint und in letzter Zeit sehr wenig Staub produziert hat.
Damit ein Komet Staub ins All pusten kann, braucht er ausreichend Eis. Das Eis wird bei der Annäherung an die Sonne aufgewärmt, es taut, entweicht als Gas ins All und reißt dabei Staub von der Oberfläche mit sich. Ist kein Eis mehr da, gibt es auch keinen Staub. Und je öfter sich ein Komet schon der Sonne genähert hat, desto weniger Eis hat er. Ye und Wiegert erklären aber auch, dass die Staubteilchen die von 209P/LINEAR noch entweichen, überdurchschnittlich groß sind. Vielleicht gibt es also nicht besonders viele Sternschnuppen, dafür aber besonders helle.
Auf jeden Fall werden die Meteore aus Richtung des Sternbilds Giraffe (Camelopardis) zu kommen scheinen und der hypothetische Meteorstrom hat deswegen auch den Namen Camelopardaliden bekommen. Wenn man die Sternschnuppen beobachten will, muss man aber nicht unbedingt nur dieses Sternbild im Blick behalten. Sie kommen zwar aus dieser Richtung des Himmels; bewegen sich aber überall hin. Man sucht sich also am besten einen gemütlichen Platz im Freien, der einen möglichst guten Rundumblick bietet. Enge Gebirgstäler oder großstädtische Straßenschluchten sind also eher wenig geeignet. Und es sollte vor allem dunkel sein! Die Lichtverschmutzung ist das größte Hindernis bei der Sternschnuppenbeobachtung. Bei dem vielen Kunstlicht das unsere Nächte aufhellt kann man ja mittlerweile kaum noch Sterne sehen, von Sternschnuppen ganz zu schweigen. Selbst wenn am Wochenende viele Sternschnuppen zu sehen sein sollten, heißt das leider nicht, dass man sie in unseren hell erleuchteten Landstrichen auch alle sehen kann.
Das Maximum des Meteorschauers wird übrigens für die Zeit zwischen 8 und 10 Uhr MESZ des 24. Mai erwartet. Das ist leider bei uns am Vormittag und da wird man nichts sehen. Aber da die ganze Angelegenheit sowieso ziemlich unsicher ist, kann es durchaus sein, dass sich alles ein wenig verschiebt und man auch am Abend des 24. noch etwas zu sehen bekommt. Oder vielleicht auch schon in der Nacht des 23. auf den 24. Mai (Online kann man die Sache übrigens hier mitverfolgen). Wenn das Wetter mitspielt, werde ich am Wochenende auf jeden Fall meinen bevorzugten dunklen Platz (na ja, so dunkel wie es in der Nähe von Jena eben geht) aufsuchen, mich auf den Rücken legen und nachsehen, was der Himmel so zu bieten hat. Selbst wenn keine Sternschnuppen zu sehen sein sollten: Den nächtlichen Sternenhimmel anzusehen lohnt sich immer!
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