Die große Koalition in Deutschland will sparen. Der Bundeshaushalt soll saniert werden und damit das klappt, fehlen noch ein paar Milliarden. Und bei der Suche nach Dingen, die man nicht mehr benötigt, ist man in den Ministerien anscheinend auch auf die Wissenschaft gestoßen. Deutschland hat jedenfalls letzte Woche, kurz vor den Pfingstfeiertagen seinen Austritt aus der Square Kilometre Array Organisation erklärt.
Das Square Kilometre Array (SKA) ist ein geplanter Verbund aus ein paar tausend Radioteleskopen, die in Südafrika und Australien errichtet werden sollen. Das klingt jetzt auf den ersten Blick nicht unbedingt aufregend, ist aber eines der ganz großen Zukunftsprojekte in der Astronomie. Das SKA ist im Prinzip vergleichbar mit dem European Extremly Large Telescope, das gerade in Chile gebaut wird. Das SKA wird die (Radio)Astronomie revolutionieren; es wird 100 Mal empfindlicher sein als die bisherigen Anlangen und wird Fragen beantworten können, auf deren Antworten wir schon lange warten. Mit SKA wird man Galaxien detektieren können, die weiter entfernt sind als alles was wir bisher beobachtet haben. Wir werden mit SKA neue Informationen über den Beginn des Universums bekommen und die Entwicklung der ersten Strukturen im Kosmos. Wir werden dunkle Energie und dunkle Materie besser verstehen und herausfinden, was im Universum passiert ist, bevor die ersten Sterne entstanden. SKA will den Ursprung der Magnetfelder im Kosmos erforschen, die Grenzen der Allgemeinen Relativitätstheorie ausloten und wird mit Sicherheit Phänomene entdecken, von denen wir heute noch nicht einmal wissen, das man sie entdecken kann.
Und Deutschland wird daran nicht beteiligt sein. Georg Schütte, Staatssekretär im BMBF hat am 5. Juni bekannt gegeben, dass man die SKA-Organisation am 30. Juni 2015 vertragsgemäß verlassen und in Zukunft nicht weiter finanzieren werde. Also noch vor der Konstruktionsphase von SKA in den Jahren 2017/2018 und der Inbetriebnahme im Rahmen der ersten Phase im Jahr 2019. All die deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich bisher an den vorbereitenden Studien und Plänen beteiligt haben, werden an der eigentlichen Arbeit mit SKA nicht mehr beteiligt sein. Denn natürlich werden die finanzierenden Mitgliedsländer (Australien, Niederlande, Italien, Kanada, Neuseeland, Südafrika, Großbritannien und China) bei der Vergabe von Beobachtungszeit am SKA bevorzugt behandelt, für nicht-zahlende Länder steht nur ein kleines Kontingent zur Verfügung um das Deutschland dann mit dem Rest der Welt konkurrieren muss. Auch die deutsche Industrie wird von SKA nicht mehr profitieren können; nur Firmen der Mitgliedsländer können Angebote für den Bau der SKA-Infrastruktur abgeben.
Warum Deutschland seine Mitgliedschaft bei SKA so abrupt beendet hat, weiß noch niemand. Aus dem Ministerium gibt es bis jetzt keine Stellungnahme und mit den wissenschaftlichen Organisationen hat vorab niemand gesprochen. Das macht die Forscherinnen und Forscher naturgemäß besonders wütend. Wenn man das Engagement bei SKA schon beenden will, dann hätte man die betroffenen Wissenschaftler vorher wenigstens um ihre Meinung fragen oder auch nur informieren können. Bei Spektrum.de gibt es einen ausführlichen Artikel über die Angelegenheit, in dem auch einige Forscher zu Wort kommen.
Und was hat man sich nun durch diesen Austritt erspart? Knapp 4 Millionen Euro hat Deutschland bisher an Mitgliedsbeiträgen und Sachleistungen investiert. Insgesamt wären es wahrscheinlich im Laufe der Zeit ein paar hundert Millionen Euro geworden (das gesamte Budget von SKA beträgt 1,5 Milliarden Euro; Phase 1 die 2019 fertiggestellt sein soll ist mit 300 Millionen Euro veranschlagt). Im großen Ganzen der Bundesfinanzen sind die paar Millionen Euro nicht viel – aber wenn man sie bei der Wissenschaft spart, kann man sich leidedr sicher sein, dass aus der Bevölkerung nicht all zu viel Gegenwind kommt.
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