Seit knapp 100 Jahren (oder 50, je nach dem wie man es definiert), wissen wir, wie die Sonne die Energie erzeugt: Durch Kernfusion. In ihrem Inneren werden Wasserstoffatome zu Heliumatomen verschmolzen und dabei wird Energie frei, die in Form von Strahlung den Stern verlässt. Die Fusionsenergie der Sonne ist für das Leben auf der Erde verantwortlich und auch die letztendliche Ursache fast all der Energieformen, die wir momentan verwenden. Sieht man von Kernkraft ab, sind Öl und Kohle nichts anderes als “fossile Sonnenenergie”, nämlich die Sonnenenergie, die in den Pflanzen und Lebewesen der Vergangenheit gespeichert worden ist. Windkraft, Solarenergie, Wasserkraft, usw – all das ist in letzter Konsequenz auf die Sonne zurückzuführen. Aber noch effektiver wäre es, wenn wir nicht auf die Kernfusion im Inneren eines 150 Millionen Kilometer entfernten Sterns angewiesen wären, sondern die Fusion direkt hier bei uns auf der Erde durchführen könnten.
Deswegen wird seit einigen Jahrzehnten daran geforscht, Fusion gezielt und kontrolliert durchzuführen um damit noch viel mehr Energie zu gewinnen, als es mit den derzeitigen Methoden möglich wäre. Wie das theoretisch ablaufen muss, wissen wir. Nur die praktische Durchführung ist knifflig. Und genau das ist das Problem. Um Kernfusion als ernsthafte Energiequelle zu etablieren, braucht es viel (internationales) Investment und Engagement und das über einen langen Zeitraum hinweg. Man muss also bereit sein, für lange Zeit viel Geld auszugeben. Also exakt das, was kein Politiker dieser Welt tun will und wird (es sei denn, es geht um Investments beim Militär), ganz besonders dann nicht, wenn es um Wissenschaft geht. Wenn nicht bis zur nächsten Wahl irgendein Profit zu erwarten ist, den man in Wählerstimmen umwandeln kann, ist langfristiges Engagement von Politikern leider kaum mehr zu erwarten.
Insofern ist es eigentlich erstaunlich, wie weit die Fusionsforschung trotz allem gekommen ist. Ja, vermutlich kommen jetzt wieder die üblichen Witze von wegen “Fusionskonstante”, also der Tatsache, dass (angeblich) die Beherrschung der Kernfusion immer für “in 30 Jahren” versprochen wird… Aber wie gesagt: Es ist kein Wunder, dass es hier nur langsam vorwärts geht. Kernfusion nutzbar zu machen ist ein gigantisches wissenschaftliches und technisches Projekt das man nicht mal so eben nebenbei fertig stellt. Und (leider?) herrscht ja auch noch kein wirklicher Druck, hier vorwärts zu kommen. Wir könnten ja auch schon längst mit vernünftigen Elektroautos mit vernünftiger Reichweite durch die Gegend fahren oder die regenerativen Energien viel besser und umfangreicher nutzen als wir es jetzt tun. Aber warum sollten wir? Es gibt ja immer noch Benzin an jeder Tankstelle und es gibt immer noch jede Menge Kohle und Gas, die wir verheizen können und Atomkraftwerke, die billigen Strom liefern. Warum sollte man hier investieren, wenn wir die neuen Energieformen erst in der Zukunft brauchen? Soll sich doch die Zukunft darum kümmern!
Ich bin davon überzeugt, dass mit einem entsprechenden finanziellen und personellen Engagement Kernfusion durchaus “in 30 Jahren” nutzbar gemacht werden kann. Und auch, dass man die diversen Probleme (z.B. mit kontaminierten Bauteilen) lösen kann. Aber man muss es auch tatsächlich wollen und nicht nur so nebenbei ein bisschen daran forschen lassen. Wenn man sich die Welt ansieht, dann gibt es eigentlich kaum etwas, was wichtiger sein sollte, als die Suche nach neuen Energiequellen für die Zukunft! Ob die fossilen Energien noch zu unseren Lebzeiten zu Ende gehen oder zu der unserer Kinder oder Enkel sollte eigentlich egal sein. Denn sie WERDEN zu Ende gehen und wäre es nicht besser, wir hätten vorher schon eine Alternative, anstatt erst dann aktiv zu werden, wenn es nicht mehr anders geht?
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