Es ist Sommer! Überall Sonne und blauer Himmel! Keine Wolken – nur ein paar böse Chemtrails! Oder vielleicht doch nicht? Natürlich nicht – denn der ganze Kram von wegen Chemtrails ist Unsinn. Es handelt sich um eine der derzeit populärsten Verschwörungstheorien, die im Umlauf sind. Geheime Mächte nutzen angeblich Flugzeuge, um am Himmel irgendwelche Chemikalien zu versprühen. Um die Gedanken der Menschen zu kontrollieren, Wetter und Klima zu manipulieren, die Menschheit auszurotten, usw – man ist sich da nicht ganz einig. Aber weil die Chemtrails zwei sehr populäre Themen – Umwelt und “Die bösen Politiker!” – vereinen, sammeln sich immer mehr Anhänger im Lager der Verschwörungstheoretiker. Darunter auch immer mehr “normale” Leute, die oft gar nicht wissen, welchen absurden Theorien sie da hinter her laufen (und auch nicht wissen, dass die Chemtrails vor allem im Lager der politisch extremen Parteien beliebt sind, weil man da zum Beispiel gerne “den Juden” die Schuld an der angeblichen Vergiftung der Menschheit gibt). Die Argumente der Chemtrail-Anhänger lassen sich natürlich alle leicht entkräften. Ein paar der üblichen Argumente hat Mario Sedlak gesammelt und in diesem Gastbeitrag kurz erläutert:
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Ich schreibe auf meiner Website über alle möglichen Themen. Eines Tages mailte mir ein Leser, dass die vielen Feinstaub-Messstellen in Wirklichkeit der Überwachung des geheimen Chemtrail-Projekts dienen. Chemtrails seien giftige Feinstäube, die von Flugzeugen heimlich ausgestoßen werden, um das Klima zu retten.
Dass die Chemtrails eine absurde Verschwörungstheorie sind, wurde in diesem Blog bereits erläutert. Ich will in Ergänzung dazu auf ein paar Gegenargumente aufmerksam machen, die noch nicht sehr bekannt sind.
Mythos 1: In der Erdatmosphäre wurde Barium nachgewiesen.
Wir bleiben bei der Physik. Ein US-Chemtrail-Guru hat Sonnenlicht in seine Spektralfarben zerlegt und festgestellt, dass darin dunkle Linien enthalten sind (Fraunhoferlinien – nichts Neues). Zwei dieser Linien (bei 712 und 728 Nanometer) müssen nach Meinung dieses Gurus durch das Metall Barium in der Erdatmosphäre hervorgerufen werden. Barium soll Bestandteil des Staubes sein, der gemäß Welsbach-Patent von den Flugzeugen versprüht wird. Allerdings erzeugt Staub keine scharfen Linien im Lichtspektrum, denn Festkörper sind i. A. undurchsichtig und absorbieren nicht nur einzelne Frequenzen. Hingegen ist Wasserdampf als Gas dazu in der Lage – und siehe da: H2O erzeugt zwei Linien in dem angegebenen Wellenlängenbereich. Der Chemtrail-Guru hat das übersehen, weil er offenbar dachte, dass die Spektren von Atomen immer und überall gleich sind. Das ist falsch, weil die Elektronen in Molekülen andere Energieniveaus haben und die gebundenen Atome gegeneinander schwingen können.
Mythos 2: Regenwasser enthält Aluminium aus Chemtrails.
Regen bildet sich an Staubkörnern, die als Kondensationskeime dienen. Staub entsteht auch auf natürliche Weise durch Verwitterung von Gesteinen. Gesteine enthalten mehr oder weniger große Mengen von Aluminium, denn Aluminium kommt in der Erdkruste reichlich vor. Nur Sauerstoff und Silizium sind häufigere Elemente. Deswegen ist es überhaupt nicht verwunderlich, dass Aluminium auch in Regenwasser nachgewiesen werden kann. Es gibt keinerlei belastbare Untersuchungen von Luft, Wasser oder Staub, die auf eine bisher unbekannte Quelle von großräumiger Luftverschmutzung hinweisen.
Mythos 3: Chemtrails sind klar von “gewöhnlichen” Kondensstreifen unterscheidbar.
Wann immer sich Kondensstreifen nicht gleich auflösen, handelt es sich für Gläubige um einen Chemtrail. Über die Entwicklung eines Kondensstreifens wissen sie offenbar nicht Bescheid bzw. glauben sie eher den “einfacheren” Erklärungen der Verschwörungstheoretiker.
Ganz besonders “mysteriös” wird es, wenn mehrere Flugzeuge auf der gleichen Route und scheinbar in der gleichen Höhe den Himmel überqueren, aber nur eines hinterlässt einen langlebigen Kondensstreifen. Auch viele Skeptiker wissen nicht, dass das unter anderem an unterschiedlich effizienten Triebwerken liegen kann. Neuere Flugzeuge produzieren aufgrund kühlerer Abgase eher Kondensstreifen als alte, erklärt das Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt.
Es würde gar keinen Sinn machen, die Kondensstreifen extra langlebig zu machen. Wenn man die Erde kühlen will, dann sollte man das genaue Gegenteil tun, denn Kondensstreifen schützen nicht so sehr vor der Sonne wie sie die Wärmestrahlung der Erde gefangen halten. In der Tat gibt es Überlegungen, wie man Kondensstreifen verhindern könnte.
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