Ich bin für ein paar Tage abwesend. In der Zwischenzeit gibt es hier keine Texte von mir, sondern die Möglichkeit für die Leserinnen und Leser, zu diskutieren. Über Fragen, auf die es keine Antwort gibt; über die sich aber wunderbar spekulieren lässt.
In den 1990er Jahren war die “Theory of Everything” in der theoretischen Physik gerade in Mode. Viele Wissenschaftler waren überzeugt, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis man eine neue Beschreibung der Welt finden würde, die alle Aspekte beinhaltet. Eine Theorie, mit der sich das Universum in seiner Gesamtheit genau so beschreiben lässt, wie der Fall eines Steins auf der Erde oder die Bewegung eines einzelnen Elementarteilchens.
Die Hoffnung war (und ist immer noch) nicht unbegründet. Die Geschichte der Naturwissenschaft ist eine lange Abfolge immer allgemeinerer Theorien, die in ihrer Erklärfähigkeit immer umfassender wurden. Mittlerweile ist man bei zwei Theorien angekommen, die beide für sich den Anspruch erheben, für das ganze Universum gültig zu sein, aber trotzdem nicht zusammenpassen: Die allgemeine Relativitätstheorie und die Quantenmechanik.
Jede für sich genommen ist äußerst erfolgreich, aber nur in begrenztem Umfang. Dort wo die eine gut funktioniert, versagt die andere und umgekehrt. Und eigentlich sollten sie beide zu den gleichen Ergebnissen kommen. Dass dies nicht der Fall ist, scheint ein Zeichen dafür zu sein, dass da irgendwo noch eine umfassendere Theorie existiert, und Relativitätstheorie und Quantenmechanik nur zwei Spezialfälle dieser übergeordneten Beschreibung der Natur sind. Aber obwohl schon seit fast 100 Jahren nach so einer Theorie gesucht wird, hat sie noch keiner gefunden.
Die Stringtheorie gilt immer noch als bester Kandidat, um Quantenmechanik und Relativitätstheorie zu vereinen. Aber sie ist so kompliziert, dass man sie immer noch nicht gut genug verstanden und ausgearbeitet hat, um praktikable Experimente zu ihrer Prüfung zu entwerfen beziehungsweise in der Lage zu sein, sie vollständig zu formulieren. Das kann ein Zeichen dafür sein, dass die Stringtheorie die Realität nicht beschreibt und wir nach einer andere “Theorie von Allem” suchen müssen. Es kann aber auch ein Zeichen sein, dass so eine Theorie gar nicht existiert.
Nur weil wir denken, dass es eine umfassende Theorie geben muss, die alles beschreibt, muss es deswegen ja nicht so sein. Das Universum muss sich nicht an unsere Wünsche halten. Vielleicht ist es schlicht und einfach so beschaffen, dass es sich nicht durch eine einzige Theorie beschreiben lässt. Vielleicht funktioniert das nur mit zwei einander widersprechenden Theorien wie der Relativitätstheorie und der Quantenmechanik. Das wäre zwar seltsam – aber wer sagt denn, dass das Universum nicht seltsam ist?
Gibt es eine “Theorie von Allem”, die alles beschreibt? Wie könnte sie aussehen? Wie können wir sie finden? Und wie können wir herausfinden, ob es sie vielleicht doch nicht geben kann?
Kommentare (106)