Ist die Sonne tatsächlich gasförmig? Ein Artikel bei Telepolis (WebCite) hat in den letzten Tagen zu jeder Menge Anfragen bei mir geführt. Denn darin wird behauptet, dass die Astronomen seit über 100 Jahren einer falschen Theorie anhängen und die Sonne in Wahrheit ganz anders beschaffen ist, als alle denken. Wäre das wirklich so, dann wäre diese Entdeckung fundamental. So fundamental wie die Erkenntnis, dass die Erde eine Kugel ist und keine Scheibe oder sich um die Sonne dreht und nicht die Sonne um die Erde. Haben sich die Astronomen also jahrzehntelang geirrt?
Der Artikel wurde von Alexander Unzicker geschrieben, einem Physiklehrer aus München der bisher hauptsächlich durch Publikationen aufgefallen ist, in denen er erklärt, dass der Großteil der modernen Physik Unsinn ist (siehe meine Rezension zu “Vom Urknall zum Durchknall”). Urknall, Teilchenphysik, etc – alles was die Wissenschaft in den letzten Jahrzehnten herausgefunden hat wir von Unzicker – in teilweise sehr direkten und persönlichen Angriffen – kritisiert. Im Telepolis-Artikel schreibt er diesmal aber nicht über seine eigenen Vorstellungen zur Physik, sondern stellt die Arbeit von Pierre-Marie Robitaille vor, einem Mediziner aus Ohio, der sich in den letzten Jahren auch mit Astronomie beschäftigt hat. Von Robitaille stammt die These, die Sonne sei nicht gasförmig und Unzicker scheint von dieser Vorstellung sehr angetan zu sein.
Robitaille behauptet, dass das Kirchhoffsche Strahlungsgesetz falsch sei. Dieses Gesetz wurde immerhin schon 1859 aufgestellt und beschreibt, wie Körper Strahlung aufnehmen und abgeben. Es führte zu Max Plancks Untersuchung über die Art und Weise wie Körper Energie abstrahlen, die im Planckschen Strahlungsgesetz und damit der Grundlage der kompletten Quantenmechanik resultierte.
Abgesehen davon, dass Robitaille mit seiner These also die komplette moderne Physik in Frage stellt, zweifelt er auch die Tatsache an, dass die Sonne tatsächlich ein gasförmiger Körper ist. Natürlich besteht die Sonne in Wahrheit nicht aus einem normalen Gas, sondern aus einem Plasma (einem Gas, in dem die Elektronen der Atome nicht mehr an die Atomkerne gebunden sind) – aber um das geht es nicht. Da die Abstrahlung der Sonne ebenfalls mit den oben genannten Gesetzen zur Strahlung beschrieben wird und die ja angeblich falsch sind, kann die Sonne nicht so beschaffen sein, wie wir bisher dachten, sagt Robitaille.
Unzickers Artikel bleibt allerdings sehr vage, wenn es darum geht zu erklären, wie denn Robitailles Alternative aussieht. Er beschränkt sich auf den Halbsatz, mit der Aussage, sie bestünde aus
“eine[r] neu entdeckte[n] Form von metallischem Wasserstoff als Alternative für die Sonnenoberfläche, auf die ich hier nicht näher eingehen kann.”
Unzicker erklärt lieber, dass Robitaille auch andere wissenschaftliche Ergebnisse zur Kosmologie anzweifelt, und daraus folgert, dass auch Urknall und moderne Kosmologie Unsinn sind. Unzicker beschreibt die angeblich beeindruckenden Veröffentlichungen von Robitaille, die aber von den üblichen Fachzeitschriften und Datenbanken ignoriert werden:
“Dass dieses komplizierte Sonnenmodell schon vor hundert Jahren vielen Physikern alles andere als überzeugend schien, weist Robitaille wieder mit mit einer überwältigend detaillierten Recherche nach, einschließlich deutscher und französischer Originalliteratur, und mit über 400 zitierten Artikeln. Ich habe selten so sorgfältig dokumentierte und belegte Paper gesehen wie von diesem “fachfremden” Forscher (…)”
In welche Richtung der Artikel von Unzicker tatsächlich geht, zeigt eine Zusammenstellung der Zwischenüberschriften:
- Stimmt ein uraltes Gesetz?
- Begraben unter der Revolution
- Das Mainstream-Modell ist kompliziert
- Exkommunizierung eines Ketzers
- Was nicht sein darf, das nicht sein kann
- Bilden Sie sich Ihre Meinung
Ein uraltes Gesetz auf dem die ganze Physik aufbaut, ist also angeblich falsch. Aber die Mainstream-Physiker wollen das nicht akzeptieren; sind zu festgefahren in ihrer Meinung und wollen den Status Quo erhalten. Es braucht einen mutigen Außenseiter, der fähig ist, das zu sehen, was alle anderen nicht sehen wollen. Aber weil er ein Außenseiter ist, wird seine Meinung nicht akzeptiert. Der “Ketzer” wird ausgeschlossen; seine Forschung wird ignoriert denn alles muss so bleiben wie es ist…
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