Der 6. August 2014 war ein aufregender Tag. Die europäische Raumsonde Rosetta hat ihr Ziel, den Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko, erreicht. Ich habe davon live aus dem Satellitenkontrollzentrum ESOC berichtet. Seit gestern wurden jede Menge neue Bilder und Daten veröffentlicht und es ist Zeit, mal einen geordneten Blick auf die Mission zu werfen und nachzusehen, was nun eigentlich genau geschehen ist und was in Zukunft geschehen wird.
Zur Einstimmung könnt ihr euch zuerst dieses Video mit den Highlights des gestrigen Tages ansehen:
Die Geschichte von Rosetta hat schon im Jahr 2004 begonnen. Eigentlich schon viel früher, aber damals flog die Raumsonde mit einer Rakete ins All und machte sich auf den Weg zum weit entfernten Kometen. Man wollte erstmals einen Kometen auf seinem Weg zur Sonne begleiten und zusehen, wie er langsam immer aktiver wird und immer mehr Gas und Staub ins Weltall pustet. Außerdem wollte man auf dem Kometenkern landen und ihn unmittelbar vor Ort untersuchen. Also durfte man nicht warten, bis er in der Nähe der Erde vorbei kommt, sondern musste ihm entgegen fliegen, bis weit hinaus hinter die Bahn des Mars, wo 67P/Churyumov-Gerasimenko noch weitestgehend durchgefroren und sein Eis nicht aufgetaut ist. Wie dieser lange Weg ausgesehen hat und was in der Zwischenzeit alles passiert ist, habe ich schon früher ausführlich erklärt.
Am 20. Januar 2014 ist Rosetta dann aus ihrer langen Hibernationsphase erwacht und seitdem wurde die Mission richtig spannend. Komet und Sonde kamen sich immer näher und in einer Reihe von Manövern musste die Geschwindigkeit von Rosetta an die Geschwindigkeit des Kometen angepasst werden. Die großen Geschwindigkeitsänderungen sind alle schon im Mai und im Juni erfolgt. Das, was gestern so viel Aufsehen hervor gerufen hat, war eigentlich nicht mehr weiter bemerkenswert. Es war nur noch ein sehr kurzes Manöver bei der die Geschwindigkeit von Rosetta nur noch um einen Meter pro Sekunde geändert worden ist. Aber es war eben auch das Manöver, mit dem die Raumsonde nach mehr als 10 Jahren Flug “offiziell” beim Kometen angekommen ist. Nun befindet sie sich knapp 100 Kilometer vom Kern des Kometen enfternt. Allerdings noch nicht in einer echten Umlaufbahn: Die Sonde fliegt vor dem Kometen her und gemeinsam mit ihm um die Sonne. In den nächsten Tagen und Wochen werden weitere kleine Manöver erfolgen, bei denen die Bahn von Rosetta angepasst und näher an den Kometen gerückt wird. Währenddessen wird man den 4-5 Kilometer großen Kern genau vermessen und seine Masse bestimmen. Dann weiß man auch, welche Umlaufbahn optimal ist und kann die Sonde so steuern, dass sie den Kometen in nur noch 10 Kilometern tatsächlich umkreist.
Wie der bisherige Anflug aus der Sicht der Raumsonde ausgesehen hat, zeigt diese schöne Animation:
Eine Frage, die mir in den letzten Tagen sehr oft gestellt wurde, lautet: “Kann Rosetta denn überhaupt einen so kleinen Kometen umkreisen oder ist dessen Gravitationskraft nicht viel zu schwach?”. Nun, die Frage hängt nicht so sehr von der Masse des Objekts ab. Prinzipiell kann alles alles umkreisen. Die Gravitationskraft hört ja nicht einfach irgendwo auf; jedes Objekt mit Masse übt auf jedes andere Objekt mit Masse eine Gravitationskraft aus. Und natürlich kann eine Raumsonde auch einen Kometen umkreisen – es kommt dabei auf den Abstand an und eventuell vorhandene andere Himmelskörper, deren Anziehungskraft stärker ist als die des Kometen. Die Grenze, innerhalb derer ein Körper einen anderen umkreisen kann heißt “Hill-Sphäre” und ich habe sie schon früher anhand der Frage “Kann ein Astronaut das Space-Shuttle umkreisen?” erklärt.
Wenn Rosetta dann dem Kometen so nahe gerückt ist, wie möglich, wird sie auch dessen Oberfläche nochmal genau kartografieren und nach einem geeigneten Landeplatz für Philae suchen. Denn der nächste Höhepunkt der Mission steht schon auf dem Programm: Im November wird Rosetta die Landeeinheit auf die Oberfläche des Kometen schicken wo Philae chemische Untersuchungen anstellen und sogar 23 Zentimeter tief in den Boden bohren wird! Aus dem Orbit wird Rosetta mit 11 Instrumenten den Kometen so gut untersuchen wie noch kein Komet untersucht worden ist. Man wird dabei zusehen, wie immer mehr Gas und Staub ins All entkommt (ein bisschen was passiert ja schon), die Entstehung von Koma und Kometenschweif betrachten und jede Menge mehr lernen.
Kommentare (42)