Wenn wir in den letzten 20 Jahren der Exoplanetenforschung etwas gelernt haben, dann, dass die Planeten in unserem Sonnensystem bei weitem nicht repräsentativ sind! Bei anderen Sternen haben wir Planeten gefunden, die es so bei uns nicht gibt. Gigantische Riesenplaneten, die sich in unmittelbarer Nähe ihres Sterns befinden zum Beispiel. Oder “Supererden”, also Gesteinsplaneten mit fester Oberfläche die um ein Vielfaches größer sind als die Erde. Die Erforschung der fremden Planeten (kurze Eigenwerbung: mehr dazu kann man in meinem Buch “Die Neuentdeckung des Himmels” nachlesen) hat uns die wahre Vielfalt der Planeten im Universum gezeigt. Und dabei jede Menge Rätsel aufgeworfen deren Beantwortung uns völlig neue Phänomene zeigt.
Ganz zu Beginn fand man die “Hot Jupiters”, also große Gasplaneten die sich wahnsinnig dicht an ihren Sternen befanden. Solche Planeten sollte es eigentlich nicht geben, denn damit ein Gasriese entstehen kann, braucht es entsprechend große Menge an Baumaterial. Das findet man aber nicht in der Nähe eines Sterns, sondern nur weiter weg. Nur in ausreichender Entfernung eines heißen Sterns ist es kühl genug, damit in der Frühphase der Planetenentstehung neben den Staubteilchen auch Eisbrocken existieren können. Nur in den ferneren Regionen der Staubscheiben die junge Sterne umgeben findet man das Eis und nur dort können Planeten aus Staub und Eis groß genug und schnell genug wachsen, um zu einem Gasriesen zu werden. In der Nähe des Sterns geht das nicht, dort können nur kleinere Gesteinsplaneten entstehen. Und unser Sonnensystem bestätigt diese These wunderbar: In der Nähe der Sonne gibt es die vier Gesteinsplaneten Merkur, Venus, Erde und Mars und dahinter folgen die großen Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Als dann aber ab 1995 bei anderen Sterne jede Menge Hot Jupiters entdeckt wurden, gab es Verwirrung. All diese großen Gasplaneten befanden sich in Regionen, in denen sie eigentlich nicht entstehen hätten können.
So hat man das Phänomen der planetaren Migration entdeckt und verstanden: Planeten müssen nicht dort bleiben, wo sie entstanden sind, sondern können durch ein Planetensystem wandern. Sie können weit weg von einem Stern entstehen; dort wo genug Eis vorhanden ist um zu einem Gasriesen zu werden. Und danach können sie in die Nähe des Sterns wandern und zu einem Hot Jupiter werden. Die Ursache für diese Wanderung ist die gravitative Wechselwirkung zwischen Planeten und den ganzen kleinen Eis- und Gesteinsbrocken, die in der Frühzeit eines Planetensystems dort noch sehr zahlreich vorhanden sind (ich habe das in diesem Artikel ausführlich erklärt bzw. in diesen beiden Podcastfolgen).
Auch die “Supererden” waren eine faszinierende Entdeckung (für Details siehe hier). In unserem Sonnensystem ist der größte Gesteinsplanet die Erde. Der nächstschwerste Planet ist schon der Uranus mit knapp der 15fachen Erdmasse. Dazwischen gibt es nichts. Nicht bei uns jedenfalls; anderswo haben wir auch Planeten gefunden, die diese Lücke füllen. Planeten mit (vermutlich) fester Oberfläche, die aber bis zu 10 Mal schwerer sind als die Erde. Wir haben Supererden gefunden, die ungefähr so weit von ihrem Stern entfernt sind wie unsere Erde von der Sonne. Aber auch welche, die ihr viel näher sind. Wissenschaftler von der Northwestern University haben nun eine überraschende Verbindung zwischen diesen heißen Supererden und den Hot Jupiters aufgedeckt: Die eine Gruppe von Planeten könnte aus der anderen Gruppe entstanden sein. Große jupiterähnliche Planeten könnten sich in der Nähe eines Sterns zu Supererden verwandeln (“From Hot Jupiters to Super-Earths via Roche Lobe Overflow”).
Dass hier irgendetwas komisches vorgeht, zeigt dieses Diagramm:
Sorry, hier fehlt die Achsenbeschriftung, aber es handelt sich um einen Ausschnitt aus einer größeren und komplizierteren Grafik die ich nicht komplett übernehmen wollte. Es ist aber trotzdem nicht schwer zu sehen, worum es geht. Man sieht hier die Verteilung der vom Kepler-Teleskop entdeckten Supererden. Sie sind entlang der x-Achse nach ihrer Umlaufzeit eingeteilt; die Planeten die ihrem Stern nahe sind, sind links; die fernen Planeten rechts. Die Planeten, die sich in Mehrfachplanetensystemen befinden, sind mit schwarz umrandeten Rechtecken eingezeichnet; die Planeten in Einzelsystemen mit grauen Balken. Man erkennt deutlich, dass die beiden Verteilung so halbwegs übereinstimmen, allerdings nicht im linken Teil des Diagramms. Also dort, wo sich die Planeten befinden, die ihrem Stern sehr nahe sind. Hier gibt es deutlich mehr Planeten in Einzelsystemen als Planeten in Mehrfachsystemen und das ist für die Wissenschaftler um Francesca Valsecchi ein Zeichen dafür, dass es sich hier nicht um die gleiche Ausgangspopulation von Planeten handeln kann.
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