4. Positionierung
4.1. Stärke durch Schwäche
Nach meiner Ansicht verdankt das AP seine Beliebtheit der Unbeliebtheit der Alternativen zu ihm. Die Zufallshypothese ist den Wissenschaften nicht erklärend genug. Die Umschreibung des Universums als teleologisch erinnert zu sehr an Intelligent Design und Kreationismus. Und Letzteres, die Existenz eines Lenkergottes, wäre das Ende alles wissenschaftlichen Fragens auf diesem Gebiet.
An sich ist das AP gar nicht so stark. Zu Beginn dieses Artikels habe ich es als tautologisch bezeichnet, da sich seine Aussage mit den nichts aussagenden Sätzen „Wenn wir auf dem Planeten Erden leben können, ist der Planet Erde so, dass wir auf ihm leben können“ beziehungsweise „Wir können auf diesem Planeten wahrnehmen, leben, also können wir auf diesem Planeten leben“ zusammen fassen lässt. Man könnte anstatt „unser Planet“ auch „Schwarzes Loch“ schreiben. Der Satz ist immer richtig, vollkommen trivial. Die Frage warum hier auf der Erde ein so unwahrscheinliches Ereignis wie die Entstehung von Leben vonstattengehen konnte, klärt sich erst mithilfe den Spekulationen über riesige Universen, Multiversen und Ähnlichem.
4.2. unwissenschaftlich
Wir wissen um Zehn Milliarden Billionen Sonnensysteme, doch damit nicht genug. Um unwissenschaftliche Annahmen wie Gott zu umgehen und das AP zu bestärken, postulieren Physiker andere mehr oder weniger unwissenschaftliche Annahmen von Multiversen, Paralleluniversen und einem unendlich großem Universum. Mehr oder weniger, weil die moderne Superstringtheorie solcherlei Thesen stützt. Jedoch mehr mehr unwissenschaftlich als weniger, da naturwissenschaftliche Theorien bislang eigentlich immer empirisch falsifizierbare Voraussagen treffen mussten, an denen sie sich dann bewährten oder scheiterten. Multiversen und Co sind unseren Messungen und Beobachtungen jedoch prinzipiell nicht zugänglich. Wir wissen also weder, um auf das vorgegangene Bild zurückzukommen, ob Meister Gott oder der Zufall mit unendlich vielen Versuchen auf die Dartscheibe geworfen hat. Und so betrachtet ist die eine Prämisse nicht minder spekulativ, als die andere.
Aus positivistischer Sichtweise müsste man Thesen und Schlussfolgerungen rund um Gott und Multiversum gleich verwerfen. Doch ich bin kein Positivist (vom Positivismus ist es wohlmöglich gar nicht weit zu John Wheelers Aussage, unbeobachtete Universen existieren nicht). Der Terminus „unwissenschaftlich“ ist nicht gleich „inexistent“. Es bedeutet nur, dass es außerhalb des dem naturwissenschaftlicher Methodik zugänglichen Bereichs und somit außerhalb des naturwissenschaftlichen Weltbildes liegt. Nichts spricht also gegen die Richtigkeit metaphysischer Behauptungen, doch sollten auch die Physiker, wenn sie solche aufstellen, diese auch als solche deklarieren.
4.3. Schlussfazit
Wie also als Naturwissenschaftler unsere eigene Existenz erklären? Gott kommt nicht infrage. Das starke anthropische Prinzip hat auch seine Schwächen. Bleibt noch die Zufallshypothese. Auf der einen Seite eine einfache, einleuchtende Erklärung. Dass wir entstanden sind, war höchst unwahrscheinlich, aber es sei nun einmal passiert. Auf der anderen Seite spricht man bei solch niedrigen Wahrscheinlichkeiten (eine weitere Hürde bei solchen Überlegungen: Wir wissen schlichtweg noch nicht, wie wahrscheinlich die Entstehung von Leben und vieles weitere genau ist) in den Naturwissenschaften oft von vernachlässigbar klein und rechnet gar nicht mit ihrem Auftreten. Und doch bleibt die Wahrscheinlichkeit. Möglicherweise ist auch noch eine vierte Möglichkeit der Fall. Ich sehe beispielsweise die von einem selbstorganisierenden Universum. Dies mag sich wieder unwissenschaftlich anhören, doch das ist es nicht. Längst sind Beispiele unbelebter, sich scheinbar selbstorganisierender Systeme aus Biologie und Physik bekannt. So scheint sich in einigen Galaxien das Sternentstehen und Sternverlöschen bzw. das Explodieren von Supernovae aufeinander eingepegelt zu haben. Falls es solche Systeme tatsächlich geben sollte, wären diese nicht teleologisch im Sinne etwas Intentionalem und daher eine Möglichkeit zur naturwissenschaftlichen Erklärung unser Selbst. Doch auch das ist nur eine weitere Spekulation.
Egal ob Zufall, Schicksal, Schöpfung oder sonst was. Dass wir hier leben können, ist irgendwie ein Wunder. Und wir sollten es als Solches zu schätzen wissen.
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