Dieser Gastartikel ist ein Beitrag zum ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerb. Alle eingereichten Beiträge werden im Lauf des Septembers hier im Blog vorgestellt. Danach werden sie von einer Jury bewertet. Aber auch alle Leserinnen und Leser können mitmachen. Wie ihr eure Wertung abgeben könnt, erfahrt ihr hier.
Dieser Beitrag wurde von Benji Bodmer eingereicht.
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Spätestens nachdem der Mensch mit reinem Essen, Schlafen und Vermehren nicht mehr zufrieden war, sind ihm die seltsamen Lichtpünktchen am Himmel aufgefallen. Wahrscheinlich schon früher. Der heutige Begriff “Stern” stammt aus dem indogermanischen “ster”- “ausbreiten”. Man kann Stern also frei mit “die am Himmel Ausgebreiteten” übersetzen.
Zur frühen Astronomie gibt es nur vage Hinweise. Gewisse Interpretationen der Steinzeitmalereien in der Höhle von Lascaux vermuten eine Darstellung der Plejaden, des Tierkreises und des Sommerhimmels.
Apropos Tierkreis: Sehr lange waren Astronomie und Astrologie untrennbar miteinander verknüpft. Die ersten Astronomen (und auch Mathematiker) waren Priester, die mit ihrem “geheimen Wissen” die Zeitpunkte von Aussaat und Ernte errechneten, sowie den Willen der Götter interpretierten. Wann genau die Trennung der beiden Sterngucker- Zweige passierte, lässt sich schwer sagen. Auch von rationalen Forschern wie Kopernikus oder Kepler ist bekannt, dass sie nebenher astrologische Studien betrieben. Aber grundsätzlich sagt man, dass erst während der Aufklärung versucht wurde, Wissenschaft und Mystik klar zu trennen. Vielleicht mit ein Grund, warum sich der Ruf der Astrologie als “Wissenschaft” so hartnäckig hält.
Zurück in die Vorgeschichte. Die Hinweise aus der Jungsteinzeit sind wesentlich klarer als die früheren. Aus Jagd wurde Ackerbau, und Ackerbau benötigt einen zumindest rudimentären Kalender, der die besten Zeitpunkte für die Aussaat angibt. Eine Menge gefundene Gräber sind nach einer bestimmten Himmelsrichtung ausgerichtet- und zwar so deutlich, dass ein Zufall eher unwahrscheinlich ist. Einer der bekanntesten Funde aus dieser Zeit ist die Himmelsscheibe von Nebra. Sterne, Mond und Sonne sind darauf klar erkennbar, die drei anderen grösseren Plättchen werden als Horizonte und Himmelsbarke interpretiert. Als ältestes Observatorium gilt die Kreisgrabenanlage von Gosek. Das berühmte Stonehenge wurde vor etwa 5000 Jahren errichtet und hat ebenfalls astronomische Bezüge. Astronomie und Astrologie haben in Europa also eine sehr lange Tradition.
Gleichzeitig waren aber auch Andere nicht untätig. An den Ufern des Nils war ein Völkchen zu Hause, für die der grosse Fluss Segen und Fluch zugleich war. Zwar konnten sie dank des Stroms eine riesige Ernte einfahren, was zu dieser Zeit ebenso Macht wie Reichtum versprach, aber regelmässig ersäuften die “Götter” (= Monsun in Äthiopien) alles, was zu nahe am Ufer stand. Irgendwann dürfte dann einer der Priester den Geistesblitz mit dem Wort “regelmässig” gehabt haben. Mühevoll errechneten Sie den jährlichen Zeitpunkt der Nilschwemme. Gefahr gebannt. Und die Himmelskörper hatten tatkräftig mitgeholfen. Da nach der Flut auch sämtliche Landmarken im Mittelmeer trieben, mussten jedes Mal die Felder neu vermessen werden. Zur Astronomie gesellte sich also rasch auch Mathematik und Geometrie.
Ihre östlichen Kollegen zwischen Euphrat und Tigris hatten zwar diese Probleme nicht, aber auch sie erforschten den Himmel. Als Wüstenvolk mussten sie sich zwangsläufig stark an Sonne und Sternen orientieren. Man hat Tontafeln gefunden, deren Aufzeichnungen aus 3000 v.Chr. stammen. Dank den heutigen Erkenntnissen kann man die Aufzeichnungen sehr genau datieren, da man in der Lage ist, beschriebene Ereignisse zu interpretieren und nachzurechnen. Der Klassiker ist die Sonnenfinsternis, die Thales von Milet vorhergesagt haben soll. Sie hat am 28.5. 585 v.Chr. stattgefunden.
Die vierten, die schon in dieser Zeit den Sternen nachgejagt sind, waren die Maya. Angeblich sollen sie die erste Mondfinsternis überliefert haben, aber darüber wird noch gestritten. Klar ist jedoch, dass die fünften im Bunde, die Chinesen, 2137 v. Chr. die erste Sonnenfinsternis weitergegeben haben.
Europäer, Ägypter, Mesopotamier, Maya und Chinesen. Die Astronomie ist ein Gemeinschaftswerk der gesamten damaligen Menschheit. Und wer sich mit den alten Pantheons beschäftigt, merkt rasch, dass in allen Götterwelten Sonne Mond und Sterne eine hochwichtige Rolle spielen. An die Christen, die jetzt nachsichtig lächeln: Schnappt euch eure Bibel. Sie ist voll mit astronomischen Bezügen. Jesus’ Geburt inbegriffen.
Und an alle: Geht gelegentlich nachts nach draussen. Seht nach oben, klopft an den Himmel und horcht auf den Klang. Geniesst die Schönheit der Sterne. Lasst den Mond Führer in eure Träume sein. Die Faszination dafür begleitet uns seit Jahrtausenden. Es tut gelegentlich ganz gut, den harten, kalten Erdboden einen Moment hinter sich zu lassen. Und die Hektik des Alltags durch ein warmes Licht, das den Hauch der Ewigkeit in sich trägt, zu ersetzen.
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