Dieser Gastartikel ist ein Beitrag zum ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerb. Alle eingereichten Beiträge werden im Lauf des Septembers hier im Blog vorgestellt. Danach werden sie von einer Jury bewertet. Aber auch alle Leserinnen und Leser können mitmachen. Wie ihr eure Wertung abgeben könnt, erfahrt ihr hier.
Dieser Beitrag wurde von Franziska Robertz eingereicht.
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Trolle zähmen leicht gemacht
von Franziska Robertz
Trolle sind seltsame Kreaturen. Sie ähneln äußerlich normalen menschlichen Wesen, doch wenn sie anfangen zu kommunizieren, dann entspinnt sich ihre dunkle Magie. Die heile Welt von Blogs und Foren wird durch eintreffende Trolle urplötzlich der Wirklichkeit entrückt. Schnell breitet sich Furcht und Abscheu in den Herzen der dort Anwesenden aus. Jede Ordnung kommt zum Erliegen.
Trolle lieben diesen Moment, denn sie ernähren sich von den daraus entstehenden Gefühlen. Sie weben Geschichten – und wenn ein naiver User diesen Geschichten Aufmerksamkeit schenkt, dann ist es um ihn geschehen. Die Augen der Trolle beginnen zu leuchten und ihr Herz rast vor Freude, denn nun können sie Emotionen aus dem armen Opfer herauspressen und sich daran laben. Und tief in ihrem Inneren wissen sie: dies ist ein guter Ort voller Trollnahrung – hierhin komme ich zurück. Immer und immer wieder.
Natürlich wissen Sie längst, dass wir hier nicht über die haarigen Gesellen sprechen, die unter Brücken schlafen und Träume als Wegzoll fordern, nicht von grauenhaften Höhlentrollen in den Minen von Moria und auch nicht von kartoffelnasigen Wesen aus Norwegen, die Menschenkinder aus ihrem Bettchen stehlen, um stattdessen ihr eigenes hineinzulegen. Nein, das Exemplar, um das es uns hier geht ist weit gefährlicher. Es ist der gemeine Internet-Troll.
Von Anfang an war er da. Schon als die ersten internetbasierten Gemeinschaften in Form von Chats, Foren und Newsgroups die ersten Worte fanden, war auch der Troll anwesend. Und je weiter sich die Sozialen Medien wie Twitter, Facebook & Co. und die damit einhergehende Gesprächigkeit der Mitwirkenden vergrößerten, desto wohler fühlte sich der Troll. Mit jedem neuen Beitrag und jedem neuen Gesprächsbeginn erschien ihm seine Nahrung sicherer. Jedes Gespräch, in das er sich einmischen konnte, und jede Aufmerksamkeit, die ihm dabei zuteil ward, waren potentielle Leckerbissen für ihn. Und doch: Trolle können auch selbst gejagt werden. Verwegene Wissenschaftler haben es sich auf die Fahnen geschrieben, diese Ungetüme zu erforschen. Und je intensiver Trolle agieren, desto mehr kann die Wissenschaft über ihre Verhaltensweisen und ihren Wohlfühlraum erfahren. Das Verhalten der Trolle wird so mit der Zeit einschätzbar, der Umgang mit ihnen leichter und im Idealfall können Wege eröffnet werden, Internet-Trolle unschädlich zu machen.
Was Trolle anlockt
Der Internet-Troll lebt allgemein im Verborgenem, in den Wirren des Netzes. Hervorlocken kann man ihn durch endlos ausufernde Diskussionen, Verschwörungstheorien oder das Publizieren extremer politischer bzw. gesellschaftlicher Meinungen. Dabei wartet er den für ihn günstigsten Zeitpunkt ab – bis seine Nahrung den Gipfel der Bekömmlichkeit erreicht hat. Sobald er spürt, dass sich Meinungskontrahenten die Hand zu einem friedvollem Miteinander reichen wollen, wenn Administratoren das unaufgeregte Miteinander fast wieder hergestellt haben, dann kommt er aus seinem Versteck und führt alles bis dahin Gesagte auf den Gipfel des Abstrusen. Sein eskalierendes Verhalten bewirkt das Aufflammen einer noch hitzigeren Diskussion mit einem vermehrten Aufkommen unsachlicher Argumentation. Er bringt gerne extreme und spitze Bemerkungen oder neutralisiert gelungene Beiträge mit einem Verständnislosigkeit vortäuschenden „Hä?“. Ihm ist dabei jedes Mittel recht, so lange sich die Aufmerksamkeit von nun an auf ihn konzentriert. Linus Neumann, Michael Kreil und Erlehmann haben in ihren, auf der re:publica 2013 vorgetragenen, augenzwinkernden Erkenntnissen der empirischen Trollforschung festgestellt, dass es in einem trollbesetzten Kommentarthread keine Korrelation zwischen der Information des ursprünglichen Artikels und den Kommentaren gibt. Kurzum: Das ursprüngliche Thema geht nach einem Trollüberfall komplett verloren. Und je mehr man dabei auf den Troll eingeht, desto informationsloser aber auch schimpfwortlastiger und wiederholender werden laut Neumann, Kreil und Erlehmann alle nachfolgenden Kommentare. Bei ihrem Vortrag handelt es sich um eine spannende und genussvoll anzusehende Sammlung von Erkenntnissen zu Trollen in einem spezifischen Forum. Es ist allerdings keine Studie, die wissenschaftlichen Ansprüchen insoweit genügen würde, dass sie auf die Massen der internetweit versteckten Trolle übertragbar wäre. Jene verwegenen Trolljäger sind unter den Wissenschaftlern leider noch selten, doch erste wissenschaftliche Forschungen und Erkenntnisse gibt es bereits.
Was Trolle antreibt
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