“to find a definition that the eager public audience could agree on!”
Dazu haben drei Wissenschaftler ihre persönliche Definition dessen vorgestellt, was ein Planet ist und was nicht. Der erste von ihnen waren Owen Gingerich, ein Astronom und Wissenschaftshistoriker (über dessen Arbeit ich kürzlich schon mal berichtet habe) der im wesentlichen meinte, dass Pluto aus historischer Sicht weiterhin als Planet bezeichnet werden sollte. Diese Einstellung halte ich, ehrlich gesagt, für Unsinn. Aus historischer Sicht sind zum Beispiel auch Sonne und Mond Jahrhunderte lang als Planeten bezeichnet worden. Aber heute wissen wir es eben besser und das ist auch bei Pluto der Fall. Asteroidenexperte Gareth Williams ist genau dieser Meinung und hat bei der Diskussion den derzeitigen Status des Pluto verteidigt; im Gegensatz zu Exoplanetenforscher Dimitar Sasselov. Er merkte – zu Recht! – an, dass sich die aktuelle Definition der IAU unverständlicherweise nur auf das Sonnensystem bezieht und als “Planet” offiziell nur das definiert, was die Sonne umkreist und dabei die ganzen Planeten anderer Sterne ignoriert. Das ist eine berechtigte Kritik; ändert aber meiner Meinung nach nichts an der Einstufung des Pluto. Sasselov aber schlug in der Diskussion vor, als Planet all jene Himmelskörper zu bezeichnen, die sich um einen Stern gebildet haben und die eine sphärische Form haben.
Das ist keine neue Idee, aber zumindest aus meiner Sicht nicht zielführend. Vielleicht liegt das daran, dass ich als Himmelsmechaniker auch immer auf die Dynamik der Objekte achte und nicht rein auf die physikalische Erscheinung beziehungsweise Entstehung. Momentan wird ja als Planet nur das definiert, was nicht nur sphärisch ist, sondern auch dank seiner Größe ausreichend “dominant” war. Soll heißen: Bei der Entstehung des Sonnensystems haben sich große Himmelskörper aus kleinen Objekten gebildet. Zuerst waren da jede Menge kleine Felsbrocken, die sich zu immer größeren Himmelskörpern zusammengeschlossen haben. Wuchs ein Objekt schnell genug, konnte es seine Umgebung dominieren und den ganzen Schutt der da noch rumschwirrte entweder einsammeln oder aus dem System schmeißen (dynamische Spezialfälle wie Trojanerasteroiden die erst später wieder eingefangen wurde, ignorieren wir jetzt einfach mal). Bei den acht Planeten unseres Sonnensystems ist das der Fall; bei den großen Asteroiden des Kuipergürtels aber nicht. Die sitzen immer noch mitten zwischen den anderen Felsbrocken. Aus dynamischer Sicht ist diese Unterscheidung zwischen “Planet” und “Zwergplanet” also durchaus sinnvoll.
Sasselovs Vorschlag kam bei der Abstimmung des Publikums allerdings am besten an. Würde man ihm folgen, würde das Wort “Planet” aber schnell ziemlich bedeutungslos werden. Braune Zwerge; Gasriesen mit mehrfacher Jupitermasse; Gesteinsplaneten wie die Erde und kleine Felsbrocken inmitten von Asteroidengürteln wären laut Sasselovs Vorschlag alle “Planeten” und wenn astronomisch und physikalisch so völlig unterschiedliche Objekte mit dem gleichen Wort bezeichnet werden, dann hat es keine wirkliche Bedeutung mehr. Und auch all diejenigen, die sich darüber beschweren dass der Merksatz “Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten” nicht mehr stimmt seit Pluto kein Planet mehr ist (Nehmt doch einfach: “Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unseren Nachthimmel”!) werden nicht glücklich werden. Denn Sasselovs Vorschlag würde nicht nur einfach zu einer Reklassifikation des Plutos führen, sondern der planetaren Familie mindestens ein paar Dutzend weitere Objekte hinzufügen, denen in Zukunft wahrscheinlich noch ein paar hundert folgen würden. Man bräuchte dann keinen Merksatz mehr, sondern vermutlich ein ganzes “Merkbuch”.
Wer möchte kann sich die ganze Veranstaltung übrigens auch als Video ansehen:
Ich persönlich denke, dass das Problem grundsätzlich nicht konfliktfrei lösbar ist. Die Übergänge zwischen den Himmelskörpern sind fließend und lassen sich eben nicht in starre Grenzen zwingen. Entweder wir denken uns eine entsprechend fließende Klassifikation aus (vielleicht analog zur Systematik in der Biologie) oder wir müssen damit leben, dass die Definitionen ungenau sind. Aber derzeit ist Pluto definitiv kein Planet.
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