Das Abbe-Limit schien eine unüberwindbare Grenze für die biologisch-chemische Forschung zu sein. Und eine ziemlich nervige Grenze noch dazu, weil die Biologen und Chemiker natürlich enorm daran interessiert waren, die Vorgänge in den Zellen und das Verhalten von Molekülen auf der Nanoskala zu beobachten. Und weil Eric Betzig, Stefan Hell und William Moerner es geschafft haben, diese scheinbare undurchdringbare Grenze zu durchdringen, sind sie 2014 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden.
An Abbes grundlegenden optischen Ergebnissen konnten sie natürlich auch nichts ändern. Aber sie haben einen Weg gefunden, das Problem zu umgehen. Die Methode der Nobelpreisträger hat mit der Fluoreszenz der Moleküle zu tun: Bestrahlt man sie mit Licht einer bestimmten Wellenlänge, dann werden sie angeregt und wenn sie die zugeführte Energie wieder abgeben, leuchten sie. Das war natürlich nicht neu, sondern schon länger bekannt. Aber wenn man es schafft, die Moleküle nur auf einem sehr, sehr kleinen Gebiet anzuregen, dann wird auch nur ein sehr, sehr kleines Gebiet fluoreszieren und wenn man auf diese Weise eine Probe Stück für Stück abtastet, kann man so Strukturen sichtbar machen, die unterhalb des Abbe-Limits liegen. Das ist natürlich einfacher gesagt als getan und die Umsetzung war ziemlich knifflig. Man muss dazu die Probe mit Licht eines Lasers anregen und gleichzeitig einen Teil der Fluoreszenz mit Licht eines anderen Lasers unterbinden; das ganze Licht mit Filtern voneinander trennen so das am Ende wirklich nur ein scharfer begrenzter Teil fluoresziert (lest die Details am besten in diesem schönen Artikel (WebCite) nach).
Die Leistung von Eric Betzig, Stefan Hell und William Moerner war fundamental und wurde zu Recht mit einem Nobelpreis ausgezeichnet. Sie haben entgegen aller Widerstände einen Weg gefunden, Dinge sichtbar zu machen von denen man eigentlich dachte, dass sie unsichtbar bleiben müssen. Genau das also, worum es in der Wissenschaft eigentlich geht. Leider werden ihre Name außerhalb der überschaubaren Szene der Naturwissenschaftler vermutlich weiterhin eher unbekannt bleiben. Genau so wie der Name von Ernst Abbe. Aber zumindest in Jena bleibt er bekannt. Nicht nur als Wissenschaftler und Begründer eines großen Teils der Industrie, die noch heute die Stadt prägt. Sondern auch als Sozialreformer, der sich immer darum bemühte, die Lage der Arbeiter und der weniger wohlhabenden Menschen in Jena zu verbessern. Abbe förderte die Gründung des Volkshauses, einer freien Bildungseinrichtung die auch heute noch die Ernst-Abbe-Bücherei beheimatet und als Veranstaltungsort dient; er gründete die Carl-Zeiss-Stiftung und man findet seine Spuren an vielen anderen Orten der Stadt.
Als Abbe 1905 starb, waren erst vier Nobelpreise vergeben worden und er selbst gehörte nicht zu den Preisträgern. Man kann darüber diskutieren, ob er diese höchste Auszeichnung der Wissenschaft verdient hätte. Aber seine Leistungen haben die Wissenschaft genau so maßgeblich geprägt wie das Leben der Menschen in Jena.
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