Die kleinste Parallaxe und damit die größte Entfernung hat hier der Stern mit dem Namen chi Aur. Das steht für Chi Aurigae, ein Stern im Sternbild “Fuhrmann” (Auriga). Er ist tatsächlich mit freiem Auge sichtbar und ungefähr 3000 Lichtjahre weit weg. Und das “ungefähr” ist das Problem: Sieht man sich den Katalogeintrag des Sterns im Detail an, dann findet man dort auch die Fehlergrenzen für die Parallaxenmessung. Bei chi Aur beträgt der Fehler 0,23 Millibogensekunden und das bei einem Messwert von 0,01 Millibogensekunden. Im wesentlichen heißt das nichts anderes als dass die Messung der Parallaxe hier unbrauchbar ist und eine exakte Entfernung unbekannt. Das gleiche Problem trifft man auch bei den meisten anderen Sternen am Anfang dieser Liste. Da wäre zum Beispiel V* R CrB: Das ist R Coronae Borealis, ein gelber veränderlicher Riesenstern der mit freiem Auge sichtbar und etwa 6200 Lichtjahre weit weg ist. Oder auch nicht, denn auch hier beträgt der Fehler der Parallaxenmessung ein Vielfaches des eigentlichen Messwerts. In der Liste kann man auch noch Sterne mit größeren Entfernungen finden. Rho Cassiopeiae (rho Cas) zum Beispiel, mit einer Entfernung von ungefähr 10.000 Lichtjahren und einem Fehler in der Parallaxenmessung von 0,28 Millibogensekunden bei einem Messwert von 0,21 Millibogensekunden…
Der erste Stern in dieser Liste, der eine halbwegs genau gemessene Parallaxe hat, ist P Cygni. Mit einer Helligkeit von 4,8 Größenklasse ist dieser blaue, veränderliche Stern mit freiem Auge sichtbar und er liegt zwischen 6000 und 7000 Lichtjahren entfernt. Ein weiterer Kandidat für unsere Antwort ist Nu Cephei, ein Mehrfachsternsystem in ungefähr 7000 Lichtjahren Entfernung. Aber wie schon gesagt: Eine eindeutige Antwort werden wir sowieso nicht finden. Wenn wir zum Beispiel doch über das Limit der 6. Größenklasse hinaus gehen, dann wäre da noch der Pistolenstern, ein Hyperriese mit 7. Größenklasse in 25.000 Lichtjahre Entfernung. Und was ist eigentlich mit Supernova-Explosionen? Auch das sind Sterne, die zumindest sehr kurz freiäugig sichtbar sind und das sogar in fernen Galaxien. Den Gammablitz GRB 080319B konnte man kurzfristig mit freiem Auge sehen und das obwohl der explodierende Stern 7,5 Milliarden Lichtjahre weit weg war…
Um am Ende aber doch noch eine Antwort zu geben, entscheide ich mich hier für den Stern P Cygni. Der befindet sich im Sternbild Schwan, das man am Himmel leicht finden kann; hat eine interessante Geschichte; gehört zu den seltenen Leuchtkräftigen Blauen Veränderlichen Sternen und hat sogar einem astrophysikalischen Phänomen einen Namen gegeben (den P-Cygni-Profilen von Spektrallinien). Ein interessanter Stern also über den man viel erzählen kann, während man in der Nacht den Himmel beobachtet. Und da gibt es so viele schöne Sachen zu sehen, dass es eigentlich gar keine Rolle mehr spielt, wie weit sie entfernt sind…
Mehr Antworten findet ihr auf der Übersichtsseite zu den Fragen, wo ihr selbst auch Fragen stellen könnt.
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