Passend zur bevorstehenden Kometenlandung der Rosetta-Mission gibt es heute in meiner Serie mit Fragen zur Astronomie eine typische Kometenfrage. Wenn ich in meinen Vorträgen über Asteroide, Kometen und andere Kleinkörper im Weltall spreche, dann werde ich sehr oft gefragt, ob es auf diesen winzigen Himmelsobjekten überhaupt Gravitation gibt. Ob man dort landen kann – oder gar herum laufen, wie man es in manchen Science-Fiction-Filmen sieht. Wie sieht es also aus: Hat ein Komet Schwerkraft? Könnte man dort herum laufen?
Natürlich hat ein Komet seine eigene Gravitation. Alles mit Masse übt eine Schwerkraft auf alles andere mit Masse aus. Das gilt nicht nur für Himmelskörper, sondern für jedes Objekt. Jeder Mensch beispielsweise übt auf jeden anderen Menschen eine gravitative Anziehungskraft aus. Die ist allerdings so gering, dass man davon nichts merkt. Die Gravitation ist eine sehr schwache Kraft und es braucht schon sehr viel Masse, damit man etwas davon spürt.
Der Komet 67P/Tschurjumow-Gerasimenko, auf dem die Raumsonde Philae am 12. November 2014 landen will, hat eine Masse von etwa 3 Billionen Kilogramm. Das ist ziemlich viel, aber verschwindend gering im Vergleich zu den 6 Quadrillionen Kilogramm der Masse unserer Erde. Die Landeeinheit Philae wiegt auf der Erde ungefähr 100 Kilogramm. Auf der Oberfläche des Kometen bringt die Sonde allerdings wegen der dort viel geringeren Anziehungskraft nur ein Gewicht von einem Gramm auf die Waage. Es gibt eine Schwerkraft auf dem Kometen, aber sie ist hunderttausend Mal schwächer als hier bei uns und das macht die Landung entsprechend kompliziert.
Philae hat deswegen auch Harpunen mit an Bord, die dabei helfen sollen, sich am Kometen festzuhalten und zusätzlich noch ein paar dicke Schrauben, mit denen sie sich nach der Landung im Boden verankern will. Einmal gelandet wird Philae sich dann nicht mehr bewegen und immer an der gleichen Stelle die geplanten Messungen durchführen. Aber wären auch Menschen mit an Bord, müssten sie vorsichtig sein. Man könnte vermutlich sogar auf der Oberfläche des Kometen gehen. Aber es wäre sehr, sehr schwierig. Natürlich hätte man einen dicken Raumanzug an und könnte schon deswegen nicht einfach so gemütlich über den kleinen Himmelskörper spazieren. Man müsste sich vermutlich hüpfend fortbewegen, so wie es auch die Astronauten auf dem Mond getan haben. Aber was auf dem Mond noch recht einfach war, kann auf Rosettas Komet kritisch werden. Wegen der geringen Schwerkraft ist es sehr einfach, seinen Einflussbereich zu verlassen und ins All zu entkommen. Die Geschwindigkeit, die nötig ist, um sich von seiner Anziehungskraft an der Oberfläche zu lösen, beträgt nur 1,6 Kilometer pro Stunde!
Ein Astronaut könnte also einfach vom Kometen ins All springen und wenn er sich hüpfend fortbewegen will, müsste das sehr vorsichtig geschehen (wie der Physiker Rhett Allain hier vorrechnet). Kleine Sprünge mit einer Geschwindigkeit von etwa einem Zentimeter pro Sekunde bringen einen auf der Oberfläche des Kometen 1,23 Meter weit und es dauert fast 4 Minuten, bis man nach dem Absprung wieder gelandet ist. Die Fortbewegung auf dem Kometen wäre also eine ziemlich mühsame Sache.
Man darf auch einen zweiten Aspekt nicht vernachlässigen. Die Richtung, in man von der Schwerkraft gezogen wird muss auf der Oberfläche eines Kometen (oder Asteroiden) nicht unbedingt “unten” sein. Das ist auf der Erde so, denn die Erde ist annähernd kugelförmig und in erster Näherung ist unter und um uns deswegen immer gleich viel Masse. Aber kleinere Himmelskörper sind nicht rund. Und sie sind es gerade wegen ihrer geringen Masse und Schwerkraft nicht! Ab einer gewissen Größe ist die Eigengravitation eines Objekts so stark, dass es unter seinem eigenen Gewicht in sich zusammenfällt und dabei eine runde Form annimmt. Ist die Schwerkraft zu schwach, passiert das nicht und man bekommt Himmelskörper die so unregelmäßig geformt sind wie 67P/Tschurjumow-Gerasimenko.
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