Den Himmel kann man nicht nur mit Licht beobachten. Seit vielen Jahren schon benutzen Astronomen die geisterhaften, flüchtigen Neutrinos, um mehr über andere Sterne und Galaxien herauszufinden. Diese Teilchen gibt es überall – aber sie sind enorm schwer zu registrieren. Aber der Versuch lohnt sich, denn langsam entsteht so eine völlig neue Art der Astronomie.
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Transkription
Sternengeschichten Folge 103
In der letzten Folge der Sternengeschichten habe ich über die Gravitationswellenastronomie gesprochen. Sie stellt eine Möglichkeit dar, wie Astronomen den Himmel beobachten können, ohne dabei – wie sonst – Licht oder andere Formen der elektromagnetische zu benutzen. So eine “Lichtlose” Astronomie würde viele neue Möglichkeiten bieten, Dinge zu untersuchen, die man sonst nie untersuchen würde können. Bis heute ist allerdings ein direkter Nachweis von Gravitationswellen nicht gelungen, auch wenn es jede Menge indirekte Belege für ihre Exisenz gibt. Aber solange man sie mit ensprechenden Geräten nicht direkt nachweisen kann, bleibt auch die Gravitationswellenastronomie nur hypothetisch.
Eine andere Form der “alternativen” Astronomie ohne Licht existiert allerdings schon ansatzweise. Sie basiert auf der Beobachtung von Neutrinos.
EIn Neutrino ist ein Elementarteilchen. Als man in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts langsam begann, den Inneren Aufbau des Atoms besser zu verstehen und verschiedene Arten der Radioaktivität erforschte, stellte man etwas seltsames fest. Beim sogenannten “Beta-Minus-Zerfall” schienen die beteiligten Teilchen vor dem Zerfall mehr Energie zu haben als die Zerfallsprodukte danach. Und das ist tatsächlich seltsam – denn eigentlich müsste ja der Energieerhaltungssatz gelten. Die Energie vorher muss genau so groß sein wie danach. Um dieses Problem zu lösen schlug 1930 der Physiker Wolfang Pauli die Existenz eines noch unentdeckten neuen Teilchens vor.
Dieses Teilchen sollte ebenfalls beim radioaktiven Zerfall produziert werden, eine gewisse Energie haben und da man von seiner Existenz nichts wusste und man es nicht registrieren konnte, schien beim Zerfall eben genau diese Energie am Ende zu fehlen. Das flüchtige Teilche bekam den Namen “Neutrino”. Es sollte elektrisch nicht geladen sein und musste eine sehr geringe Masse haben.
Und Pauli war sich auch sicher, dass seine Existenz sehr schwer nachweisbar wäre – und hatte damit vollkommen recht. So ein Neutrino unterliegt so gut wie gar nicht der elektromagnetischen Kraft. Diese Kraft aber ist es, die für so gut wie alle Phänomene in unserem Alltag verantwortlich ist. Wenn wir zum Beispiel durch die Gegend laufen und den festen Boden unter unseren Füßen spüren, dann spüren wir eigentlich die elektromagentische Abstoßungskraft zwischen den äußersten Atomen der Materie unserer Füße und den äußersten Atomen der Materie des Bodens. Licht selbst ist eine elektromagnetische Welle und wenn wir Dinge sehen können, dann liegt das daran, dass ihre Materie mit diesen Wellen wechselwirken kann. Das Licht wird von den Atomen abgelenkt, reflektiert oder absorbiert. Materie aber, die nicht der elektromagnetischen Kraft unterliegt, ist für uns unsichtbar. Und auch unspürbar.
Ein Neutrino könnte mitten durch unseren Körper fliegen, ohne das wir davon etwas spüren oder sehen. Diese Teilchen unterliegen nur der schwachen Wechselwirkung (eine andere der 4 Grundkräfte der Natur, die ich in Folge 46 der Sternengeschichten schon erklärt habe) und das macht ihren Nachweis enorm schwierig. Er ist erst im Jahr 1956 gelungen. Trifft ein Neutrino auf ein normales Proton, dann entstehen bei dieser Kollision durch die schwache Wechselwirkung ein Neutron und ein Positron. Protonen und Neutronen sind die beiden Bauststeine, aus denen normale Atomkerne bestehen. Die kann man also leicht untersuchen. Positronen sind die Antiteilchen der Elektronen, also Antimaterie. Und auch Elektronen sind Teil der ganz normalen Materie und überall zu finden. Hat ein Neutrino also ein Proton in ein Neutron und ein Positron umgewandelt, dann trifft das neu geschaffene Positron schnell auf ein Elektron, beide vernichten sich gegenseitig und es entsteht Energie. Das Neutron kann von einem anderen Atomkern eingefangen werden und auch dabei wird Energie frei. Die Art und Menge der Energie die bei diesen beiden Prozessen entsteht ist ganz charakteristisch und kann man beide Ereignisse gleichzeitig beobachten, dann ist das ein eindeutiger Hinweis, dass zuvor ein Neutrino auf ein Proton getroffen sein muss.
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