Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie die Sonne aus Wasserstoff Helium und Energie machen kann. Welche davon tatsächlich stattfinden wissen wir erst, seit wir in den 1960er Jahren die ersten Neutrinos von der Sonne detektieren und untersuchen konnten.

Die zweite spektakuläre Neutrinobeobachtung fand 1987 statt. Am 23. Februar 1987 tauchte plötzlich ein neuer Stern am Himmel auf. Er befand sich in unserer Nachbargalaxie, der großen Magellanschen Wolke. Dort musste ein alter, großer Stern sein Leben beendet haben und es gab eine riesige Supernova-Explosion. AN sich ist eine Supernova nichts besonders. Sowas passiert dauernd im Universum und man hat auch schon viele beobachtet. Aber noch nie hatte die moderne Astronmie die Gelegenheit, eine zu beobachten, die so nahe war wie die von 1987. Es war also ein großes Ereignis. Noch interessanter aber war: zwei bis drei Stunden VOR der Beobachtung der Supernova hatten drei Neutrinodetektoren tief unter der Erde einen Anstieg der Neutrinodetektionen gemeldet.

Auch bei einer Supernova-Explosion werden viele Neutrinos erzeugt. Und so wie in der Sonne sind auch hier die Neutrinos wieder schneller als die Strahlung, die andauernd von Materieteilchen abgelenkt wird und daher einen Umweg nimmt, bevor sie das Innere des sterbenden Sterns und die ihn umgebenden Gaswolken verlassen kann. Die Neutrinos, die bei der Supernova erzeugt wurden waren also schon auf der Erde angekommen, als das Licht der Explosion noch unterwegs war.

1987 war im Prinzip der Beginn der ersten echten Neutrinoastronomie. Wir haben Neutrinos registriert, die von einem fernen Himmelskörper stammen und daraus viel darüber gelernt, was dort vor sich geht. Da Neutrinos eben nicht von normaler Materie aufgehalten werden, bieten sie einen einmaligen Blick in das Innere von Sternen und Galaxien. Aus der Beobachtung der Neutrinos lernen wir, welche Kernreaktionen im Inneren anderer Sterne stattfinden oder was zum Beispiel genau in den Zentren aktiver Galaxien (der Quasare aus Folge 52 der Sternengeschichten) passiert. Zumindest könnten wir es lernen, wenn die DInger nicht so enorm schwer nachzuweisen wären!

Wir bauen einen Astronomie-Eiswürfel! Bohrarbeiten zu IceCube in der Antarktis (Bild: Amble, CC-BY-SA 3.0)

Wir bauen einen Astronomie-Eiswürfel! Bohrarbeiten zu IceCube in der Antarktis (Bild: Amble, CC-BY-SA 3.0)

Aber unsere Detektoren werden immer besser. Seit 2010 befindet sich eines der größten Neutrinoobservatorien in der Antarktis. Wissenschaftler haben dort einen Eiswürfel mit einer Kantenlänge von einem Kilometer eineinhalb Kilometer tief unter der Oberfläche mit mehr als 5000 Sensoren ausgestattet. Wenn Neutrinos auf das Eis treffen, kann Cherenkovstrahlung entstehen die von den Sensoren durch das klare Eiss beobachtet wird. Die Anlange hat schon einige Neutrinos detektiert und funktioniert, so wie sie soll. Unter den bisher nachgewiesen Teilchen sind nicht nur welche von der Sonne, sondern auch Neutrinos, die von außerhalb des Sonnensystems stammen. Einige von ihnen haben so hohe Energien, dass sie nur bei enorm energiereichen Prozessen erzeugt worden sein konnten, die zum Beispiel in der Umgebung der supermassereichen schwarzen Löcher in den Zentren ferner Galaxien stattfinden.

Die Neutrinoastronomie hat noch einen weiten Weg vor sich. Aber sie ist heute schon Realität. Es mag zwar auf den ersten Blick wenig mit Astronomie zu tun haben, wenn Forscher Lichtblitze in einem unterirdischen Eiswürfel in der Antarktis betrachten. Aber es IST Astronomie – eine völlig neue Art der Astronomie mit der wir aber auch völlig neue Dinge über das Universum lernen können.

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Kommentare (11)

  1. #1 Berenisis
    14. November 2014

    Mich würde interessieren, ob Du der Meinung bist, dass die Kritik an Matt Taylors buntes Hemd berechtigt ist oder nicht: https://www.theverge.com/2014/11/13/7213819/your-bowling-shirt-is-holding-back-progress (von seinen Tatoos ganz zu schweigen). Müssen bzw. dürfen Astronomen so weltfremd und weltentrückt sein, ist es eine Provokation, Gedankenlosigkeit, wollte er eine gesellschaftliche Debatte lostreten oder ist die Reaktion von The Verge überzogen?

  2. #2 Florian Freistetter
    14. November 2014

    @Berenisis: “Mich würde interessieren, ob Du der Meinung bist, dass die Kritik an Matt Taylors buntes Hemd berechtigt ist oder nicht”

    Das hat mit dem Thema des Podcasts aber nun wirklich nichts zu tun. Aber ja, die Kritik ist berechtigt. Siehe dazu zb hier:

    https://smallpondscience.com/2014/11/12/new-requirement-for-scientists-you-cannot-be-a-sexist-pigdog/
    https://inversesquare.wordpress.com/2014/11/12/what-not-to-wear-to-a-comet-landing/
    https://amandabauer.blogspot.de/2014/11/but-i-didnt-mean-like-that.html
    https://www.theguardian.com/science/2014/nov/13/why-women-in-science-are-annoyed-at-rosetta-mission-scientists-clothing

  3. #3 McPomm
    14. November 2014

    Der Begriff “Kosmische Strahlung” kann ja sowohl für elektromagnetische Strahlung (Photonen) als auch für Strahlung von hochenergetischen Teilchen im eigentlichen Sinne (Atome, Moleküle, Protonen, freie Elektronen etc.) verstanden werden. Gibt es da auch schon Observatorien für? Also gibt es neben Licht-, Gravitations- und Neutrino-Astronomie auch Teilchenstrahlungsastronomie?

  4. #4 McPomm
    14. November 2014

    Ah. Wie ich sehe, gibt es bereits ein Projekt, das sich mit Teilchenastronomie beschäftigt: https://en.wikipedia.org/wiki/Telescope_Array_Project

    Der Vorgänger-Detektor https://en.wikipedia.org/wiki/High_Resolution_Fly%27s_Eye_Cosmic_Ray_Detector hat ein extrem hochenergetischen Teilchen (wahrscheinlich ein Proton) entdeckt. Kam aus der Region
    Das Herkunftsgebiet liegt bei α = 5h 40m 48s ± 0h 2m, δ =48° ± 6° (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Oh-My-God-Teilchen). Da kamen wohl noch ein paar mehr solche Teilchen her.

  5. #5 Florian Freistetter
    14. November 2014

    @McPomm: “Gibt es da auch schon Observatorien für?”

    Klar, kosmische (Teilchen)Strahlung wird auch beobachtet. Zb hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Pierre-Auger-Observatorium

  6. #6 McPomm
    14. November 2014

    Klar, kosmische (Teilchen)Strahlung wird auch beobachtet. Zb hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Pierre-Auger-Observatorium

    Ja, hatte ich auch bereits geschrieben. Aber das Posting ist irgendwie verschwunden. Oder noch im Filter…

    Interessant ist auch https://en.wikipedia.org/wiki/Telescope_Array_Project.

  7. #7 Bernhard
    München
    14. November 2014

    Dass bei Neutrino-Observatorien unerwünschte Neutrinos abgeschirmt werden stimmt nicht. Störend ist das Licht aus anderen Quellen und vor allen die kosmische Strahlung. Außerdem lassen sich Neutrinos gar nicht abschirmen.

    Interessant ist auch dass man Neutrinos aus den irdischen Kernreaktoren beobachten kann.

  8. #8 Karl Heinz
    Puchheim
    14. November 2014

    Ein Neutrino macht sich durch einen Lichtblitz im Wassertank bemerkbar. Hat dieses Photon denn eine Vorzugsrichtung (wie im Laserlicht) ? Ich kann mir nicht vorstellen, wie man sonst aus dem “Lichtblitz” auf die Richtung zurückschließen kann, aus dem das Neutrino angekommen ist. Der Rückschluss auf die Energie erfolgt ja wohl über die Wellenlänge des erzeugten Lichtes – oder?

  9. #9 Christoph Seufert
    15. November 2014

    @Bernhard: Die Neutrinos von Kernreaktoren nutzt man ja auch aktiv in Experimenten, z.B. https://dayabay.ihep.ac.cn/twiki/bin/view/Public/

    Ich finde es generell faszinierend wie in den letzten Jahren die beschleunigerlose Elementarteilchenphysik mit unzähligen Experimenten an Bedeutung gewonnen hat.

  10. […] Zufall) habe ich erst kürzlich über ein Projekt zur Neutrinobeobachtung berichtet und auch eine Podcastfolge zur “Neutrinoastronomie” veröffentlicht. Darin habe ich das erwähnt, was vermutlich auch jeder zur journalistischen […]

  11. […] nutzbare Energiequelle.” Dass daraus nichts wird, liegt allerdings nicht alleine an den interaktionsunwilligen Neutrinos, sondern auch an fehlendem Personal. In Deutschland wird das Projekt durch einen Anwalt für […]