Mein Job ist das Schreiben. Ich stehe morgens auf und schreibe erst Mal einen Haufen Emails. Dann schreibe ich einen oder zwei Artikel für mein Blog. Am Nachmittag schreibe ich dann vielleicht etwas für eine Zeitung oder schreibe an einem Buch. Ich schreibe Texte für meine Podcasts; Konzepte für neue Projekte; Beiträge für Facebook und Twitter und so weiter. Natürlich muss ich, um zu schreiben, dazwischen auch immer wieder recherchieren; Bücher lesen; mit Menschen sprechen oder interessante Orte besuchen. Aber im Wesentlichen besteht mein Beruf aus Schreiben. Eine “Schreibblockade” ist da natürlich äußerst hinderlich – aber zum Glück habe ich damit nur äußerst selten zu tun.
Die berüchtigte “Angst vor dem leeren Blatt” habe ich eigentlich noch nie gehabt. Es ist mir immer leicht gefallen, Texte zu schreiben. Aber das liegt vielleicht auch daran, dass ich keine “große Literatur” verfasse, nicht an jedem einzelnen Satz feile bis er perfekt (? – das geht sowieso nicht) ist und kein Interesse an einem Literaturnobelpreis habe. Ich betrachte Schreiben als Mittel zum Zweck (in meinem Fall eben als Mittel zur Vermittlung von Wissenschaft). Ich möchte einfach nur interessante Geschichten über die Welt erzählen und von denen gibt es glücklicherweise genug. Und wenn mir so eine Geschichte erst einmal eingefallen ist, dann brauche ich meistens nur wenig mehr Zeit dafür, sie aufzuschreiben, als es dauert, den Text in die Tatstatur zu tippen. Ich habe auch festgestellt, dass ich beim Schreiben selbst am Besten denken kann. Mir schon vorab genau zu überlegen, was ich im Detail schreiben will, bringt mir meistens wenig. Wie ich die Geschichten erzähle fällt mir erst während des Schreibens ein und insofern ist da für einen stetigen Schreibfluss gesorgt.
Wenn, dann habe ich höchstens ab und zu eine “Geschichtenblockade”. Nicht, weil mir keine interessanten Geschichten mehr in den Sinn kommen, sondern weil es nicht die richtigen Geschichten sind. Es ist ein wenig so wie mit der Kleidung: Man kann vor einem vollen Kleiderschrank stehen und trotzdem nichts finden, was man anziehen will. Die Geschichte muss zu meiner momentanen Stimmung passen und ich muss Lust haben, sie erzählen zu wollen. Das Schreiben läuft dann ganz von alleine. Geschichten gibt es da draußen genug: Jeden Tag sind die wissenschaftlichen Fachzeitschriften voll mit neuen Forschungsartikeln; Leserinnen und Leser haben mir Fragen gestellt die ich beantworten könnte; mir selbst fallen immer wieder Geschichten ein und die Themenliste auf meinem Notizblock wird immer länger – und so weiter. Und trotzdem gibt es Tage, an denen ich vor all diesen potentiellen Geschichten sitze und beim besten Willen keine Lust aufbringen kann, eine davon zu erzählen.
Dann helfen mir zwei Dinge: Man kann entweder die Geschichten ignorieren oder die Blockade. Die zweite Möglichkeit ist ziemlich einfach. Man schreibt eben, auch wenn man keine Lust dazu hat! Schreiben – zumindest die Art des Schreibens um die es mir geht – ist keine hohe Kunst die nur wenige Auserwählte beherrschen. Schreiben ist zum überwiegenden Teil Handwerk und es fällt um so leichter, je mehr man übt. Man kann auch dann schreiben, wenn man gerade keine Lust darauf hat und mit genügend Übung kommt am Ende dann auch ein halbwegs brauchbarer Text dabei raus (es sei denn, man ist Perfektionist – aber das sollte man bei diesem Beruf nach Möglichkeit vermeiden, denn sonst kommt man nie zu irgendwas).
Anstatt der Blockade kann man aber auch einfach die Geschichten ignorieren. Wenn nix passendes im Kleiderschrank ist, kauft man sich etwas Neues. Und wenn man trotz des großen Angebots an Geschichten keine davon erzählen will, dann sucht man sich eben eine andere. Dann gehe ich meistens ein bisschen spazieren – sehr gerne durch die Buchhandlungen der Stadt; da finden sich immer jede Menge Anregungen. Oder ich laufe ein bisschen durch die Wälder von Jena und höre ein paar Podcasts. Oder lege mich mit einem Buch in die Badewanne. Oder putze die Wohnung. Am Ende taucht dann meistens immer eine neue Geschichte auf, die ich erzählen will. Oder aber ich habe während der Suche nach neuen Geschichten so lange über eine der alten nachgedacht, dass mir auf einmal eingefallen ist, wie man sie doch interessant erzählen kann.
Ich persönlich habe ja auch das Glück, mir so etwas leisten zu können. Ich habe keinen Chef, der mir vorschreibt, was ich wann zu schreiben habe und ich muss auch nicht jeden Tag zu Redaktionsschluss einen Text abliefern, wie das bei den Zeitungsjournalisten der Fall ist. Natürlich habe auch ich – wenn ich für Zeitungen Artikel oder für Verlage Bücher schreibe – Deadlines, an die ich mich halten muss. Aber in diesem Fall geht es ja sowieso um Geschichten, die ich mir vorab schon selbst ausgesucht habe und von denen ich dann auch weiß, dass ich sie erzählen will und kann (Und – um auch mal ein wenig anzugeben – ich habe bis jetzt noch nie eine Deadline verpasst. Oder auch nur bis zum letzten Tag ausgereizt!).
Aber andere haben diese Freiheiten nicht; leiden aber trotzdem unter Schreibblockade. So etwas kann einen ja auch treffen, wenn man nicht als hauptberuflicher Schreiberling arbeitet. In der Schule, an der Universität oder in vielen anderen Berufen muss man ja ebenfalls alle möglichen Texte schreiben und pünktlich irgendwo abliefern. Schreibblockade kann jeden treffen und mich würde interessieren, wie andere damit umgeben. In einem Artikel bei “Journalist Online” erzählen 14 Autoren, was sie dagegen tun (Dieser Artikel ist übrigens schon fast zwei Wochen alt und steht ebenso lange auf meiner “Da könnte man mal drüber schreiben”-Liste. Aber irgendwie hatte ich eben erst heute die nötige Lust darauf). Im Wesentlichen sind das die gleichen Strategien, die ich auch schon erwähnt habe: Trotzdem schreiben oder erstmal was anderes machen.
Aber vielleicht hat ja jemand aus der Leserschaft andere Möglichkeiten und Techniken entwickelt und die würde mich sehr interessieren. Denn wer weiß – vielleicht kommt ja die Schreibblockade doch noch mal so richtig und dann kann man als hauptberuflicher Autor nie genug Lösungsmöglichkeiten haben…
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