Vor ein paar Tagen habe ich über den tollen Kurzfilm “Wanderers” berichtet und all die Welten, die wir entdecken könnten, wenn wir wollten. Dazu bräuchte es aber eine andere Einstellung zur Raumfahrt, als derzeit vorherrscht. Wir müssten mehr investieren, mehr ausprobieren und auch mehr riskieren. Es bräuchte viel mehr Engagement und das wird von den aktuellen politischen Entscheidungsträgern nicht gewollt. Eine Alternative sehen viele in privaten Bemühungen um die Raumfahrt und auch in sogenannten “Crowdfunding”-Projekten, bei denen viele ganz normale Menschen kleine Beträge spenden, damit am Ende ein großes Vorhaben verwirklicht werden kann. Wenn es um die Unterstützung von künstlerischen Projekten geht oder um die Finanzierung technologischer Gadgets, dann hat sich dieses System in den letzten Jahren durchaus bewährt. Aber kann man damit auch die Raumfahrt vorantreiben? Ich bin skeptisch…
Raumfahrtprojekte, die mit Beteiligung bzw. durch Finanzierung einer breiten Öffentlichkeit stattfinden sollen, gibt es viele. Am bekanntesten ist derzeit wahrscheinlich Mars One Bemannte Raumfahrt hat schon immer das Potential gehabt, die Menschen zu faszinieren (Bild: NASA)[/caption]
Ein anderes Projekt ist Lunar Mission One bei dem im Jahr 2024 eine Raumsonde zum Mond fliegen, dort landen und dann Bohrungen anstellen soll. Finanziert werden soll es durch Crowdfunding bei Kickstarter.
Noch ambitionierter ist die Northern Light Mission, die derzeit bei Indiegogo finanziert werden kann. Hier will man einen Mikro-Rover im Jahr 2018 auf die Oberfläche des Mars schicken.
Schon erfolgreich finanziert wurde letztes Jahr das Weltraumteleskop Arkyd der privaten Firma “Planetary Ressources”, die eigentlich vor hat, Asteroidenbergbau zu betreiben.
Und ich bin sicher, man findet noch jede Menge andere private bzw. massenfinanzierte Raumfahrtprojekte. Aber was soll daran schlecht sein? Ist es nicht gut, wenn man sich bemüht, die Öffentlichkeit für Raumfahrt zu begeistern und es ihr ermöglicht, sich selbst und direkt an den Projekten zu beteiligen? Nun, ich wäre der letzte, der behauptet, dass es schlecht wäre, die Menschen mehr für Astronomie, Raumfahrt und Wissenschaft zu begeistern. Das zu tun ist immerhin der Job, mit dem ich meinen Lebensunterhalt verdiene. Aber jedesmal wenn ich von solchen Projekten höre, habe ich irgendwie ein ungutes Gefühl bei der Sache. Bis jetzt konnte ich das nicht so richtig zuordnen, aber in der letzten Ausgabe des “Recycled Electrons”-Podcast hat der britische Astronom Chris Lintott die passenden Worte für mein Unbehagen gefunden.
Lintott, der für das riesige Citizien-Science-Projekt Zooniverse verantwortlich ist, ist natürlich auch ein Verfechter der öffentlichen Beteiligung an der Wissenschaft und weiß um die Faszination, die man mit solchen Vorhaben vermitteln kann. Aber die Frage ist nicht nur, ob man die Menschen für Raumfahrt begeistern kann. Man muss sich auch Gedanken darüber machen, ob diese Begeisterung in jedem Fall gerechtfertigt ist und ob man die Menschen nicht am Ende schrecklich enttäuscht.
Denn das ist der Schwachpunkt, den ich bei vielen der angesprochenen Projekten sehe: Sie sind schlicht und einfach nicht in der Lage, das zu liefern, was sie versprechen! Mars One ist das beste Beispiel dafür: So gut wie jeder, der auch nur ein klein wenig Ahnung von Raumfahrt hat, wird erklären, dass diese Mission so nicht funktionieren kann und schon gar nicht mit dem vorgeschlagenen Zeitplan. Man fliegt nicht so einfach mal eben zum Mars; selbst dann nicht, wenn ein Rückflug nicht eingeplant ist. Schon die unbemannten Missionen zu unserem Nachbarplaneten sind höchst komplex und scheitern immer wieder mal. Und wenn man Menschen sicher auf den Mars bringen will, wird die Sache unverhältnismäßig viel schwieriger. Wir lernen erst langsam, wie gefährlich ein langer Aufenthalt im tiefen Weltraum für Menschen ist. Wir lernen, wie gefährlich die Bedingungen auf der Marsoberfläche sind (die im Gegensatz zur Erde nicht durch Magnetfeld und Atmosphäre von der kosmischen Strahlung abgeschirmt sind). Und so weiter. Es ist nicht unmöglich, zum Mars zu fliegen und es ist nicht einmal unmöglich, dort eine Kolonie zu errichten. Aber es ist nicht so einfach, wie das bei Mars One vermittelt wird und schon gar nicht wird das bis zum Jahr 2025 funktionieren.
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