Ich werde oft um Rat gefragt, wenn es darum geht, ein passendes Teleskop zu kaufen. Leider kann ich da wenig weiterhelfen. Ich bin zwar Astronom, aber war selbst nie ein Hobby-Astronom und habe auch nie selbst ein Teleskop besessen. Meine berufliche Erfahrung mit der beobachtenden Astronomie beschränkt sich auf die Arbeit mit professionellen Großteleskopen an Sternwarten und da laufen die Dinge ganz anders, als bei der privaten Hobby-Astronomie. Außerdem ist es enorm schwierig, allgemeine Hinweise zum Teleskop-Kauf zu geben. Es kommt dabei sehr stark darauf an, wie viel Geld man ausgeben will; was man beobachten möchte; wo man beobachten möchte; ob man mobil bleiben oder sich eine eigene kleine Sternwarte einrichten will – und so weiter. Ich verweise daher meistens immer auf eine ausführliche und persönliche Beratung im Fachhandel. Damit man sich aber trotzdem voran schon ein wenig informieren kann, hat Blog-Leser Alderamin netterweise eine sehr ausführlichen Gastbeitrag in fünf Teilen verfasst, der in den nächsten Tagen hier im Blog veröffentlicht wird. Heute gibt es den ersten Teil.
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Mein erstes Teleskop – Teil 1
In Florians Blog taucht immer mal wieder die Frage auf, welches Amateurteleskop empfehlenswert wäre. Welches Teleskop für den einzelnen in Frage kommt, ist letztlich vom Einzelfall abhängig. Als langjähriger Amateur möchte ich in diesem Artikel ein paar grundsätzliche Kenntnisse vermitteln, die bei der Auswahl des Teleskops hilfreich sind.
Was kann ich überhaupt sehen? Eine Warnung
Fangen wir mit einem Dämpfer an: Wer die astronomischen Fotos aus Presseartikeln gewohnt ist, geht oft mit übersteigerten Erwartungen an den Teleskopkauf. Diese Aufnahmen sind jedoch zum einen fotografisch gewonnen und das bloße Auge kann da bei weitem nicht mithalten. Bekanntlich sind nachts alle Katzen grau, was daran liegt, dass das menschliche Auge über zwei Sorten von lichtempfindlichen Zellen verfügt. Die sogenannten Zapfen sind für das Farbsehen zuständig und nicht sehr lichtempfindlich. Damit wir auch nachts noch ein wenig sehen können hat das Auge noch eine zweite Zellenart, die lichtempfindlicheren Stäbchen. Diese können allerdings nur in Grautönen sehen. Da die meisten astronomischen Objekte lichtschwach sind, sehen wir sie im Teleskop farblos. Lediglich die Planeten und helle Sterne zeigen wenigstens Pastellfarben. Eine Kamera sieht die astronomische Welt viel bunter, und astronomische Aufnahmen sind heute fast ausnahmslos digital nachbearbeitet und häufig Falschfarbenaufnahmen.
Zum anderen sind die Profi-Aufnahmen mit einer Ausrüstung gewonnen, an die Amateure normalerweise nicht herankommen. Insbesondere sind die Aufnahmen der Planeten heute üblicherweise Nahaufnahmen von Raumsonden. Eine beliebte Frage lautet, mit welchem Teleskop man die Landestellen der Apolloastronauten sehen könnte. Nun, die Mondsonde LRO schafft das mit einem Teleskop von 50 cm Durchmesser aus einer Entfernung von 25 km über der Mondoberfläche. Um die gleiche Bildschärfe von der 16.000-mal weiter entfernten Erde aus zu erhalten, müsste das Teleskop dementsprechend 16.000-mal größer sein – 8km! Auch die größten Profi-Teleskope sind bisher nur ca. 10 Meter groß.
Nachdem an dieser Stelle die Hälfte der Leser frustriert weitergeklickt hat, nun die positiven Aussichten für die Tapferen. Was zeigt das Amateurteleskop? Eine ganze Menge. Zunächst bietet der Mond atemberaubende Kraterlandschaften, vor allem an der Tag-/Nacht-Grenze (Terminator), wo Erhebungen lange Schatten werfen. Man kann hunderte Kilometer lange Gräben, schroffe Gebirge und manchmal einsam aus dem Schwarz herausragende Bergspitzen sehen. Die dunkleren Maria haben weniger Krater und werden von Bergketten begrenzt. Bei Vollmond sieht man helle Strahlen, die von jüngeren Kratern aus über die halbe Mondscheibe reichen.
Die inneren Planeten Venus und Merkur zeigen zwar keine Oberflächendetails, aber man kann ihre wechselnden Phasen von der schmalen Sichel bis zum vollen Planeten sehen, aus denen Galileo schloss, dass sie die Sonne umkreisten und nicht die Erde. Der Mars zeigt als äußerer Planet nur geringe Phasen, aber wenn er in Erdnähe ist, kann man ohne weiteres seine Polkappen und dunkle Gebiete auf der Oberfläche sehen, aus denen die Astronomen einst seine Rotationsperiode ableiteten. Manchmal verschwinden sie unter Staubstürmen.
Der riesige Jupiter wird von vier hellen Monden begleitet, die ihre Position jeden Tag ändern, manchmal kann man sehen, wie sie sich innerhalb von Stunden gegenüber Jupiter oder den anderen Monden bewegen. Oft werfen sie Schatten auf den Planeten, die wie ausgestanzt wirken, oder verschwinden in Jupiters Schatten. Jupiter selbst zeigt stets ein oder zwei dunkle Wolkenbänder (manchmal verschwindet eines davon für ein paar Jahre unter helleren Wolken) und bei ruhiger Luft sieht man im südlichen Band (im umkehrenden Teleskop oben) den Großen Roten Fleck, einen riesigen Wirbelsturm, der größer ist als die Erde, und der die schnelle Rotation des Planeten von ca. 10h sichtbar macht.
Der doppelt so weit entfernte Saturn ist mit seinem unirdisch wirkenden Ringsystem vermutlich der größte Hingucker am gestirnten Himmel und fasziniert eigentlich jeden Betrachter (wenn man ihn unbedarften Laien im Teleskop zeigt, fällt manchmal die Frage, ob man ein Dia in das Teleskop eingebaut habe…). Bei ruhiger Luft sieht man die Cassinische Teilung, die den äußeren Ring von den beiden inneren abtrennt (auch im Link oben zu erkennen). Die Neigung der Ringe ändert sich über die Jahre, während auf Saturn die Jahreszeiten wie bei uns auf der Erde vergehen, nur dauert jede davon 7 ½ Erdenjahre. Manchmal sieht man genau auf die Kante der Ringe und sie verschwinden völlig, denn sie sind nur wenige 10 m dick. Alle paar Jahrzehnte gibt es Stürme auf dem Planeten, die man als weiße Flecken erkennen kann. Immer gut zu sehen ist der größte Mond im Sonnensystem, der Titan, der Saturn in gut zwei Wochen umkreist. Die anderen Saturnmonde sind viel kleiner, bei guten Bedingungen kann man drei oder vier sehen. Die äußeren Planeten Uranus und Neptun sind sehr weit entfernt und klein, bei ihnen sieht man lediglich, dass sie winzige blaugrün gefärbte Scheibchen sind. Ihre Monde erfordern größere Amateurteleskope. Ebenso kann man einige Asteroiden als sternartige (genau das heißt „Asteroid”) Punkte am Himmel finden, die täglich (oder bei nahen Vorbeiflügen an der Erde sogar minütlich) ihre Position vor den Hintergrundsternen verändern.
Die Sonne erfordert einen Filter vor dem Objektiv und sie zeigt dann dunkle Flecken und helle Zonen, die Fackeln. Man kann an ihnen die Rotation der Sonne verfolgen. Nur bei ruhiger Luft und hoher Vergrößerung erkennt man die gekörnte Struktur der Sonnenoberfläche, die Granulation. Um Protuberanzen oder dunkle Filamente auf der Sonne zu sehen, bedarf es eines Spezialteleskops, die hier besprochenen Geräte zeigen dies nicht.
Am Sternenhimmel zeigen sich neben den im Teleskop auffälligeren Farben der Sterne viele Sterne als doppelt oder mehrfach, oft mit hübschem Farbkontrast. Manche Doppelsterne stehen so eng, dass sie miteinander zu verschmelzen scheinen (in Wahrheit verschmelzen allerdings nur ihre von der begrenzten Öffnung des Teleskops generierten unscharfen Beugungsbilder, siehe im nächsten Teil Auflösungsvermögen). Sie sind gute Testobjekte für die Abbildungsschärfe eines Teleskops und Amateure messen sich gerne daran, wie enge Doppelsterne sie noch trennen können. Ansonsten sind Fixsterne eher ein wenig langweilig, sie bleiben auch im größten Teleskop strukturlose Punkte. Hübsch anzusehen sind sie hingegen, wenn sie zu Sternhaufen gruppiert sind. Man findet eine Reihe loser Gruppen einiger 10 oder 100 Sterne, sogenannte „offener Sternhaufen“, welche als „Sternkindergärten” alle recht jung sind, im Gegensatz zu dichter gepackten „Kugelsternhaufen“, die mit der Milchstraße entstanden und sehr alt sind. Sie bestehen aus hunderttausenden Sternen, die visuell zu einem nebligen Wölkchen verwaschen erscheinen und auch in größeren Amateurteleskopen können nur die hellsten Einzelsterne aufgelöst werden.
Ebenfalls als neblige Wölkchen erscheinen die noch weiter entfernten Galaxien. Die nächste am Nordhimmel, die riesige Andromedagalaxie (hier mal mit einmontiertem Mond zum Gößenvergleich), ist schon mit bloßem Auge zu sehen, allerdings nur ihr heller Kern, der aber nur sehr klein erscheint. Im Teleskop zeigt sie sich als verwaschenes Oval. Es gibt eine ganze Reihe von Galaxien, die im Amateurteleskop zu sehen sind. Sie alle zeigen in kleineren Amateurteleskopen keine Struktur, nur eine runde oder ovale Form. Es kommt bei ihnen mehr darauf an, sie überhaupt zu sehen und sich klar zu machen, dass sie Millionen Lichtjahre entfernt sind und hunderte Milliarden Sterne enthalten. Gelegentlich kann man sogar in einer von ihnen eine Supernova aufleuchten sehen, die ein paar Wochen sichtbar ist.
Echte Gasnebel findet man in der Milchstraße. Es gibt einige leuchtende Gaswolken, in denen Sterne entstehen, die sie zum Leuchten bringen, wie etwa den Orion-, Trifid- oder Lagunennebel. Diese erscheinen relativ groß im Teleskop, sind jedoch lichtschwach und erfordern (wie auch Galaxien) einen dunklen Nachthimmel. Kleiner und heller sind die Planetarischen Nebel, das sind die Überreste sonnenähnlicher Sterne, die in ihrer letzten Phase als Roter Riese einen Teil ihrer Atmosphäre als Gaswolke abgestoßen haben. Man kann eine ganze Reihe von ihnen sehen, manchmal auch noch den Zentralstern, und sie zeigen sich als Scheiben (daher ihr Name, sie erinnern ein wenig an die Planeten Uranus und Neptun), Ringe oder sanduhrförmig, manchmal mit dunklen Flecken. Beispiele sind der Ringnebel in der Leier oder der Eulennebel im Großen Bären. Im Stier gibt es sogar einen echten Supernovaüberrest, den Krebsnebel, im Prinzip auch eine Art Planetarischer Nebel, allerdings der krasseren Art, es ist ein Supernova-Überrest: hier hat es vor knapp tausend Jahren einen Stern zerfetzt.
Man kann also eine ganze Menge im Amateurfernrohr sehen.
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