Gestern flog der Asteroid 2004 BL86 an der Erde vorbei (siehe dazu auch hier). Das Ereignis hat viel Resonanz in den Medien hervorgerufen, in denen oft behauptet wurde, es sei noch nie ein Asteroid so knapp an der Erde vorbei geflogen. Das ist allerdings falsch; der Abstand war mit 1,3 Millionen Kilometer durchaus großzügig bemessen und in der Vergangenheit kamen schon mehrere Felsbrocken deutlich näher an die Erde heran. Es stimmt aber, dass selten zuvor ein so großer Asteroid wie 2004 BL86 so nahe an der Erde vorbei geflogen ist. Wie groß genau der Himmelskörper ist, wusste man vorab aber nicht. Man schätzte den Brocken auf etwa 500 Meter Durchmesser; die Fehlergrenzen haben aber auch Werte von bis zu 1000 Metern zugelassen. Jetzt, wo der Asteroid seinen erdnächsten Punkt durchflogen hat und die ersten wissenschaftlichen Daten eingelangt sind, weiß man mehr: Das Objekt hat einen Durchmesser von 325 Metern. Und außerdem einen kleinen Mond!
Mit bloßem Auge konnte man den Asteroid nicht sehen, dafür war er dann doch zu klein. Man hätte schon ein größeres Fernglas oder ein gutes Teleskop gebraucht, um ihn zu erkennen und selbst dann wäre nicht mehr zu sehen gewesen, als ein Lichtpunkt, der sich schnell über den Himmel bewegt. Bei der NASA hat man den Asteroid deswegen auch nicht mit normalen Teleskopen betrachtet, sondern mit Radiostrahlen anvisiert. Diese Technik habe ich früher schon genauer beschrieben: Schickt man Radiostrahlen ins All, werden sie am Asteroiden reflektiert und wenn man dieses Echo mit den Teleskopen auf der Erde wieder registriert, kann man daraus die Größe und die Form des Himmelskörpers bestimmen. Das geht aber nur, wenn die Objekte der Erde sehr nahe kommen und die Astronomen sind für diese Art der Beobachtung auf nahe Vorbeiflüge wie den von 2004 BL86 angewiesen.
Aber es lohnt sich! Man weiß nun nicht nur sehr gut, wie groß der Asteroid ist, sondern hat auch entdeckt, dass er einen Mond hat. Hier sind die beiden:
Der Mond ist knapp 70 Meter groß und seine Existenz ist nicht ganz so überraschend, wie man denken mag. Es waren auch vorher schon viele Asteroiden mit Mond bzw. “Doppelasteroiden” bekannt. In der Gruppe der großen erdnahen Asteroiden (die einen Durchmesser von mehr als 200 Metern haben) besitzen etwa 16 Prozent einen Partner.
Solche Beobachtungen sind wichtig für die Wissenschaft. Die Asteroiden sind alle so klein, dass wir kaum vernünftige Bilder und exakte Daten besitzen. Wir müssen dafür schon direkt zu ihnen hin fliegen und das ist teuer und dauert lange. Mehr als eine Handvoll der kleinen Felsbrocken haben wir bis jetzt noch nicht besucht. Wenn sie daher von selbst in unsere Nähe kommen, sollten wir die Chance nutzen. Denn wenn wir die Asteroiden verstehen wollen; wenn wir sie in Zukunft vielleicht sogar als Rohstoffquellen nutzen wollen (oder ihre Bahnen im Falle von bevorstehenden Kollisionen verändern wollen), dann müssen wir ihre Größe, Masse, Form und Zusammensetzung so gut wie nur irgendwie möglich kennen. Eine Radarbeobachtung wie bei 2004 BL86 liefert schon wichtige Daten. Die Analyse seines Mondes kann uns aber noch mehr bringen! Aus seiner Umlaufzeit um den Asteroiden können wir einen guten Wert für dessen Masse bekommen und die Masse und Größe liefern uns eine mittlere Dichte und damit Hinweise auf die Zusammensetzung.
Ich würde mich freuen, wenn die Medien bei zukünftigen Vorbeiflügen erdnaher Asteroiden sich auch einmal mit diesen Themen beschäftigen würden, anstatt immer nur davon zu erzählen, wie groß und schlimm die Katastrophe im Falle einer Kollision gewesen wäre. Die Asteroiden sind mehr als Anlass für Panikmache. Die Asteroiden sind unsere Zukunft und vor allem unsere Chance auf eine langfristige Zukunft. Wenn wir als Menschheit länger als nur die nächsten Jahrhunderte überleben wollen, dann müssen wir uns mit den Asteroiden beschäftigen (und wenn ihr mehr über diesen Aspekt erfahren wollt, dann findet ihr in den nächsten Tagen hier im Blog eine Vorstellung meines neuen Buchs, das genau davon handelt!)
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