In meiner Serie “Best of Chaos” kommt jetzt endlich das, was alle mit Chaos in Verbindung bringen: Die ganzen bunten und komplexen Bilder! Eigentlich besteht die Chaostheorie ja aus jeder Menge heftiger Mathematik – siehe dazu meine früheren Blogartikel (Einleitung, Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4) und meine Podcasts (Folge 93). Aber diese Mathematik produziert eben auch ästhetisch sehr ansprechende Bilder und es ist zweifelhaft, ob die mathematische Chaostheorie je ihre große Popularität in der breiten Öffentlichkeit erreicht hätte, wenn es diese Bilder nicht gäbe. Es wird also Zeit, sich das alles mal genauer anzusehen…
Ich habe bisher schon vom “seltsamen Attraktor” gesprochen. Außerdem von der Verdoppelung der Perioden in chaotischen Systemen und der Universalität des Chaos. All diese Phänomene haben ein paar fundamentale Gemeinsamkeiten:
- Simple Regeln erzeugen extrem komplexe und unüberschaubare Systeme.
- Normale Geometrie reicht nicht aus, um die chaotische Phänomene zu beschreiben.
- Die chaotischen Strukturen sind auf allen Skalen zu finden und es macht keinen Unterschied, ob man das große Gesamtbild oder kleinste Details betrachtet.
- Die chaotischen Phänomene entstehen durch die Wiederholung der immer gleichen, einfachen Anweisungen.
Und das sind im wesentlichen auch genau die Eigenschaften, die eines der wichtigsten chaotischen Phänomene definieren: Selbstähnlichkeit. Das hat man beim Bifurkationsdiagramm der logistischen Gleichung (aus der vorletzten Folge) ja deutlich gesehen. Dort gab es chaotische und nicht-chaotische Bereiche, die gezeigt haben, wo das System – in diesem Fall das Wachstum von Populationen – “ordentlich” abläuft oder völlig unvorhersagbar, je nachdem welchen Wert die äußeren Parameter haben. Aber bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass innerhalb der chaotischen Bereiche wieder reguläre Regionen zu finden sind. Und nicht nur das: Diese Bereiche zeigen die gleiche Struktur wie das ursprüngliche Diagramm! Das heißt, dass auch in ihnen selbst wieder chaotische Regionen zu finden sind, in denen reguläre Bereiche vorhanden sind, in denen wieder chaotische Regionen sind, und so weiter…
Das bekannteste Beispiel für dieses Verhalten findet man in der Mandelbrot-Menge. Benannt nach dem sehr exzentrischen Mathematiker Benoît Mandelbrot ist diese Menge ebenfalls das Resultat einer sehr simplen Rechenvorschrift. Sie lautet: Wähle eine komplexe Zahl. Multipliziere sie mit sich selbst. Nimm das Ergebnis, multipliziere es mit sich selbst und zähle die ursprünglich gewählte Zahl hinzu. Nimm das Ergebnis, multipliziere es mit sich selbst und zähle die ursprünglich gewählte Zahl hinzu. Und so weiter – Mach das immer und immer wieder und schaue nach, ob die so entstehende Zahlenreihe zu immer größeren Zahlen führt oder auf einen gewissen Bereich beschränkt bleibt. Bleibt die Reihe beschränkt, dann ist die Zahl mit die du gewählt hast, Teil der Mandelbrot-Menge und wenn nicht, dann nicht.
Zu berechnen, ob eine Zahl zur Mandelbrotmenge gehört oder nicht, ist simpel. Man muss dazu nur wissen, wie man komplexe Zahlen multipliziert und das ist nicht wesentlich schwerer als die Multiplikation normaler Zahlen. Man kann das mit einem simplen Taschenrechner erledigen. Und doch ist das Ergebnis höchst komplex. Wenn man das für eine große Menge an Zahlen macht und in einem Diagramm einzeichnet, welche von ihnen zur Menge gehören und welche nicht, dann sieht das zum Beispiel so aus:
Hier wurde nicht nur eingezeichnet, welche Zahlen zur Mandelbrot-Menge gehören; damit es schöner und interessanter aussieht, hat man die Zahlen auch noch verschiedenfarbig eingefärbt um zu markieren, wie stark beschränkt bzw. nicht beschränkt die aus ihnen entstehende Zahlenfolge ist. Die schwarze Struktur in der Mitte ist die “eigentliche” Mandelbrot-Menge; hier sind die Zahlenreihen immer beschränkt. In den äußeren Bereichen, wo es bunt wird, wachsen die Zahlen der Folge dann schon ein bisschen stärker an, bis sie im blauen Bereich dann völlig unbeschränkt sind.
Kommentare (48)